Mittendrin statt nur dabei!

Es ist 8:00 Uhr morgens. 36 Grad und es wird noch heißer. Die Luft steht. Wir brechen zu unserem 3. Gang am Frühstücksbüffet auf, trotz der strickten Ermahnung heute "just a small breakfast" einzunehmen. Das ist uns jedoch reichlich egal, darf so ein ausgiebiges Mahl keines Falls liegen bleiben oder auf einen Gang reduziert werden.

Grund für diese Essenuntersagung ist, dass es um 10:00 Uhr mit einem kulinarischen Programmpunkt im Center von Hoi An weiter geht. Und schon jetzt wissen wir, dass wir an diesem Tag voll auf unsere Kosten kommen werden. Wir finden uns in der Kochschule "Streets" vor einem Heißgarkochtopf, einer hölzernen Kelle und einem Bambusstab wieder. Der Tisch ist bereits ansprechend gedeckt und wir brennen auf die Kochinstruktionen unseres 2-köpfigen vietnamesischen Meisterkochteams. Bevor es jedoch ans Eingemachte geht, möchte der 19-jährige mit uns einige vietnamesische Vokabeln rund um die Grundnahrungsmittelversorgung Asiens lernen. Es werden diverse Nudelsorten, Reiskornarten und Bambuspflanzen rund gereicht und schon jetzt läuft löön und mir das Wasser im Mund zusammen. Nach einem kurzen Vokabeltest übernimmt die 18-jährige Vietnamesin das Wort und zeigt uns auf eindrucksvolle Weise wie eine Reiswaffel hergestellt wird. Adriana (die Kolumbianerin) wird zugleich zur Assistenzköchin ernannt und steigt in den Fertigungsprozess voll mit ein. Anschließend werden wir 4 weiteren Kochschüler an die Arbeitsplatte gebeten um das Erlernte direkt um zu setzen. Das Endergebnis ist optisch grandios und schmeckt auch noch fantastisch. Leute, es muss viel mehr asiatisch gekocht werden!

Wir erhalten nach erfolgreicher Fertigung noch einen tropischen Gartensalat, der jedes Gourmetherz höher schlagen lässt. Ein Traum aus Blattsalat, Schrimps, Chicken, Ei, Bambus, Gemüseeinheiten und einem Chili-Zitronengras-Limetten- Dressing. Bon Appetit!

Mit voll geschlagenem Magen führt der Weg weiter zu der Maßschneiderei Yaly Couture. Hier hatten wir uns am Tage zuvor Stoffe und Kleidformen angesehen, die von den lokalen Schneiderkünstlerinnen in ein vorzeitiges Endprodukt nach unseren Wünschen umgesetzt wurden. Nun galt es ein erneutes Fitting durchzuführen um den modischen Eycatcher maßgenau auf uns abzustimmen. löön und ich waren bereits jetzt mit dem optischen Highlight hellauf begeistert und konnten das finale Fitting am Abend kaum erwarten.

Zuvor stand uns jedoch noch eine 18 Kilometer lange Fahrradtour bevor, die nur wir zwei in einem leichten Anfall von Wahnsinn gebucht hatten. Merke: es sind mittlerweile 40 Grad und prallende Mittagssonne zu vermelden.

Doch wir waren vorbereitet: Unsere 50er Sonnencreme hatte bisher gute Dienste geleistet. Des Weiteren konnte nun die Active-Outdoor-Ausrüstung zum Einsatz kommen, die wir seit Anbeginn der Reise mit uns rum schleppen. Der Camel-Active-Rucksack mit Wasserschlauchfunktion und 1-Liter Fassvermögen sollte mein wichtigstes Tool während des Fahrradtrips werden. An dieser Stelle ein kurzer Gruß an meinen Bruder: Dieses Wunder-Device darf dann gerne direkt in meinen Besitz übergehen ;-)

Voll ausgestattet sattelten löön, First und ich die Mountainbikes und starteten mit dem 20-jährigen Tourguide "Zoom-Zoom" durch. Die erste Strecke führte entlang bewässerter Wiesen und hatte etwas von erweitertem Aartalseeausflug an sich. Wir erreichten eine riesige Gartenkräuterzucht wo uns bereits ein 90-jähriges Ehepaar in Empfang nahm. Die beiden sind seit über 60 Jahren verheiratet und haben während dieser Zeit im Indochinakrieg, sowie im Vietnamkrieg gedient. "Ask him how many Americans he killed." sagte First zu mir, doch das traute ich mich nicht.

Viel interessanter und beeindruckender fanden wir in diesem Moment, mit welcher unglaublichen Meisterleistung der 90-jährige seine Kräuterfelder bewässerte. Mit einem Holzbalken über den Schultern und an jeder Seite zwei Blechgießkannen gespannt marschierte er durch die Felder und goss diese 1A-synchron. Ich verschaffte mir selbst Eindruck und manövrierte das Gießkannenkonstrukt auf meine Schultern, die nahezu zusammen brachen. Unglaublich, was die Leute hier körperlich zu leisten haben!

Die Fahrt ging weiter und wir erreichten nun weitere größere landwirtschaftliche Felder, Wiesen und Fischzuchten. Ein Landwirt begegnete uns mit seinem Wasserbüffel. Dies warf zugleich die Frage auf "Do you wanna ride on it?" "Sure, why not?" entgegnete ich, während löön mich nur kopfschüttelnd und lachend ansah. Wir stiegen kurz vom Fahrrad ab und liefen zu dem Wassertümpel in denen sich 2 Wasserbüffel mit ihrem Kalb abkühlten. Der vielleicht geschätzt 16-jährige Buffelo-Soldier nahm sich das Seil, führte den Büffel zum Wiesenrand und gab mir ein Zeichen zum Aufsteigen. Mir musste wohl die einschlagende Sonne zu stark auf den Kopf gebrannt haben, denn ich stieg ohne nachzudenken auf dieses riesige Tier und durchquerte mit ihm das Gewässer als wäre es das normalste der Welt. Zu unser aller Erstaunen gab der mächtige Büffel nicht mal einen Eigengeruch ab was ich an dieser Stelle sehr lobenswert finde. Wir verabschiedeten uns nach diesem Ausritt wieder und setzten unsere Reise durch die Vororte Hoi Ans fort.

Gegen Nachmittag kehrten wir in dem Bambushaus eines Ehepaars ein, die in Eigenproduktion Reisschnaps herstellen. Selbstverständlich wurde uns hier nicht nur Wasser angeboten ;-) Zoom Zoom erklärte uns den Gesamtprozesses zur Herstellung dieses hochprozentigen Getränks und der Besitzer schenkte uns freundlich je ein Gläschen ein. "Ach du lieber Himmel, das brennt ja wie Feuer!" "Komm wir nehmen eine kleine Flasche für die nächste Zugfahrt mit!" Gesagt getan schlossen wir noch schnell den Handel ab und sind nun voller Zuversicht das Erlebnis Nachtzug 3.0 gut zu überstehen.

Zum Abschluss des Trips hielten wir noch einmal Rast bei einer Familie, die nahe des Ufers lebt. Der Herr des Hauses überreichte uns zugleich zwei selbst hergestellte Schilfkronen sowie weiteren aus Schilf hergestellten Schmuck. Des Weiteren durften wir eine kurze Fahrt auf dem nahe gelegenen Fluss im Bambusboot erleben. Dieses Boot gleicht einer riesigen Kokosnuss, in die man sich einfach rein setzt und ein wenig umher rudert. Sehr chillig - gefällt uns! ;-)

Die letzte Etappe führte dann schlussendlich durch die befahrene Stadt, wo wir uns neben unseren Mopedfreunden wieder einfanden. Ziemlich geschafft, jedoch überglücklich über das Erlebte erreichten wir unser Hotel und verabschiedeten Zoom-Zoom. Wahnsinn! Was ein unglaublicher Trip! Den können wir einfach nur jedem ans Herz legen, der sich in Vietnam befinden solltet.

Der Tag endete zu guter Letzt wie er angefangen hat: mit Essen. löön kann immer nur wieder eines feststellen: "So gut wie hier habe ich noch nirgends gegessen. Grandios!" In diesen Sinne verabschieden wir uns heute mit vollem Magen, tollen Erinnerungen und zwei maßgeschneiderten Kleidern. Tạm biệt!

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