Once you go, you know

It takes some silence to make sound
And it takes a loss before you found it
And it takes a road to go nowhere
It takes a toll to make you care
It takes a hole to see a mountain
 
- Jason Mrasz


Noch einmal bewegten wir uns schwitzend durch die trockene, stehende Luft Yangons. 40 Grad, hupende Autos, Abflussgerüche, Marktgeschrei, der Duft von frisch gebratenem Hühnchen, bettelnde Kinder, kleine veranzte Gassen und mitten drin ein klimatisiertes, 4-stöckiges Einkaufszentrum. Myanmar befindet sich im Umbruch, noch ein paar Jahre und es wird vielleicht dem großen Backpackerparadies Thailand eine echte Konkurrenz sein. Wenn erst einmal die Strände touristisch erschlossen sind und eine Toilettenrevolution stattgefunden hat, wird es vermutlich ein Selbstläufer werden. Bis dahin überzeugte das bisher unbekannte Land mit altertümlicher Kultur und Tempelvielfalt, die heutzutage vielleicht einzigartig ist. Allen voran sind es jedoch die Menschen, die Myanmar zu einem wundervollen und reisewerten Land machen. Schon immer habe ich die Freundlichkeit meiner bereisten Länder hervorgehoben, Myanmar ist die Pikspitze. Und so war es auch unser Tourguide, der erst 25-jährige Chit, der uns weit mehr als Tempelgeschichten und Essensempfehlungen offerierte. Vielmehr vermittelte er uns was Respekt und Warmherzigkeit bedeutet und dass es sich lohnt in allem etwas Positives zu sehen. Jahrelang wurden die Menschen Myanmars von einem harten Militärregime unterdrückt, doch nie haben sie ihre Hoffnung auf eine Besserung aufgegeben. 15 Jahre verharrte ihre jetzige Parteivorsitzende, Friedensnobelpreisträgerin und gewaltlose Kämpferin für Demokratisierung "Aung San Suu Kyi" unter Hausarrest, aus dem sie erst 2010 entlassen wurde. Mit ihrer Entlassung begann auch die Veränderung und die Öffnung des Landes. Eine Veränderung, für die manche Länder gerade eine umgekehrte Richtung einschlagen.

Ich verlasse Myanmar mit einem Lächeln und freue mich über die vielen schönen Momente und Augenblicke, die mir diese Reise wieder einmal geschenkt hat. Besonderer Dank gilt außerdem meinem resistenten Magen, der bis zum bitteren Ende durchgehalten und mich nie im Stich gelassen hat. Zudem ziehe ich Bilanz über sämtlich verbrauchte Taschentücher, Feuchtigkeitstücher und Pflaster, die während dieser Reise zwingend notwendig waren. Mosquitostiche und Spinnenbisse sind die einzigen visuellen Souvenire, die ich davon tragen musste, ansonsten blieb ich während meines Trips weitestgehend unverletzt. Ein weiterer Dank geht an meinen Travelkompagnon Jonathan. 7 Jahre hatten wir uns nicht gesehen, doch es gibt Freundschaften, die trennen weder Zeit, Entfernung noch Zwischenerlebnisse. Man knüpft da an wo man aufgehört hat, so als wäre nie etwas anderes gewesen.

In diesem Sinne, ich freue mich auf eine grobe, gebratene Bratwurst, sanitäre Anlagen nach deutscher DIN-Norm und natürlich auf die Menschen, die Heimkommen leicht machen lassen :) :*

Ein kleiner Punkt am rechten Rand,
der Galaxie die Welt genannt.
Das schönste blau, wie ein Saphir
und auf dem Punkt da leben wir.
Wenn man den Blick aufs ganze lenkt
ist jeder Tag wie ein Geschenk.
Denn aus dem Nichts das vor uns war
wurde mit uns ein Wunder war.

- Alexa Feser






How to save a Life

"Are they crazy or what?!" Um 5:30 Uhr morgens schepperten burmanesische, heulende Klänge aus krächzenden Lautsprechern und beschallten damit, in einer unerträglichen Lautstärke, die gesamte Hotelanlage für den restlichen Vormittag. Den Ursprung der ohrenbetäubenden Musik fanden wir in einem Tempel, der direkt neben unserem Hotel lokalisiert werden konnte. Das kann doch kein Zufall sein...?!

Am vorletzten Tag unserer Reise erkundeten wir mit einem 4-Mann Boot das Venedig Myanmars: Den Inle-See. Das 116 km2 große Gewässer ist nicht nur ein See, - nein, es ist auch Lebensraum und Arbeitsstätte eines ganzen Volkes. Mitten auf dem See erheben sich schwimmende Dörfer und Reisfelder aus dem Wasser und laden mit einem freundlichen "Welcome to Inle-Lake" ein. Beeindruckt von den auf Teakholzpfählern errichteten Wohngebäuden, schipperten wir entlang der Wassergassen- und gärten und ließen uns von Einbeinruderern eine besondere Form der Fortbewegung aufzeigen. Unser ersten Stopp in "Waterworld" machten wir bei einem Seidenhersteller, der uns workshopmäßig die Herstellung des Stoffes erklärte. Es wäre sehr schön geworden, wäre nicht zur gleichen Zeit eine Horde Italiener heuschreckenartig auf uns eingefallen. Mindestens 20 Boote legten nur Sekunden nach uns an und stürmten auf das Seidenhaus ein. Dass die hölzernen Pfähle bei der Überbelastung nicht unter uns zusammenkrachten, grenzte an ein Wunder. Schnell machten wir uns wieder aus dem Staub und besuchten weitere tragende Hot-Spots des Wasserdorfes. Ein Kloster, ein Zigarrenhandel, eine Silberfabrik und natürlich eine Pagode wurden Ziel unserer Bootsfahrt. Bei der Pagode sollte es sich auch zeitgleich um den letzten Tempel für diese Tour handeln, was mich und auch alle anderen etwas sentimental stimmte. Zur Mittagszeit kehrten wir auf einen delikatösen Lemon-Butterfisch in ein schwimmendes Restaurant ein und schauten zum Abschluss noch bei der bekannten Langshalsvolkspezies vorbei, die mit zentnerschweren goldenen Ringen, ihren Hals erweitern und damit ihre uralte Tradition fortsetzen.

Nach einem langen, aber sonnigen und erfolgreichen, Tag auf dem See, führte unser Weg am Abend zu dem täglich stattfindenden Nightmarket. Bei Klängen von "What doesn't kill you makes you stronger" gaben wir es unserem Magen noch mal richtig und stellten in einer kleinen Challenge noch mal alle Häppchen zusammen, die der Street Food Market herzugeben hatte. Hühnchenleber, Frosch,  Krebs und andere nicht identifizierbaren Herrlichkeiten wurden auf dem gemeinsamen Teller präsentiert und im gewohnten Sharing-is-Caring-Modus verspeist. Während unserer Verköstigung näherte sich uns ein junger Hund, der schwanzwedelnd und erwartungsvoll zu uns blickte. Nicht ahnend, welche Konsequenzen folgen würden, versorgten wir den Hund mit Hühnchen, Würstchen und Broccoli. Dem Hund gefiel es so gut, dass er es sich unter unserem Tisch gemütlich machte und bei und verweilte. Zuvor hatten wir beobachtet wie das arme Kerlchen in den ein oder anderen Disput mit anderen Straßenköter geraten war und so waren wir uns ziemlich sicher, dass er einfach nur etwas Ruhe brauchte. Nachdem wir den letzten Schluck Myanmar Bier zu uns genommen hatten, machten wir uns wieder auf Richtung Hotel, stand uns noch ein 30-minütiger Fußweg durch die Dunkelheit bevor. Kaum hatten wir uns erhoben, machte sich auch der Hund startklar und tappte schwanzwedelnd hinter uns her. Auch auf vieles gut zureden, ließ er sich nicht davon abbringen uns zu folgen. Wir dachten "Ok, wenn er die Grenze seines Territorium erreicht hat, wird er schon wieder umkehren." Doch Pustekuchen, auch drei Blocks weiter hielt das goldbraune Hündchen noch Fuß. Dann geschah etwas Unerwartetes. Von drei Ecken strömerten Hunde auf uns zu und erklärte dem Kleinen, dass er sich auf fremden Land befindet. Unbeeindruckt,

im Schutze unserer Gruppe und weiterhin schwanzwedelnd marschierte unser neuer Weggefährte weiter. Doch an jeder Ecke vermehrte sich die Straßenköteranzahl, die knurrend und bellend ihr Territorium bewachten. An einer Kreuzung geschah es dann. Eine Gang von sechs Kötern umzingelte unseren Freund und drängten ihn in eine Ecke. Der arme kleine Kerl zog seinen Schwanz ein und verteidige sich so gut wie es ging, aber wir erahnten kein Happy End. Also blieb nur eins: wir mussten den Hund retten. Kara und ich stellten uns vor die angreifenden Hunde, stampften auf den Boden und vertrieben das Gesindel. Auch die lokalen Anwohner, die uns erst ein wenig belächelt hatten, griffen ein und stellten sich verteitigend vor die böse Hundegang um den Weg zu versperren. Selbst ein LKW und Motorräder hielten für uns mitten auf der schwach beleuchteten Straße an und so konnten wir Schlimmeres verhindern. Der Versuch den Kleinen wieder zurück zum Nightmarket zu begleiten, scheiterte leider auf ganzer Linie, wollte er unbedingt mit uns weiter reisen. Also nahmen wir ihn mit in unser Hotelresort, wo die Wachhunde ihn knurrend passieren ließen, sodass er uns bis zur Veranda folgen konnte. Kara reichte ihm 4 Gläser Wasser, die er dankbar ausschlürfte und sich dann völlig entspannt und glückselig auf den Verandaboden legte. Erst jetzt sahen wir die Narben, den Dreck und die Furchen und dass es sich um eine Hundedame handelte. Die Hündin war bestimmt noch keine zwei Jahre alt und ist sicherlich schon mehrfach in Kämpfe und Vergewaltigungen geraten. Vielleicht war diese Nacht die erste, die sie ungestört und friedlich einschlafen konnte. Und vielleicht war es auch das erste Mal, dass sich jemand um sie kümmerte. Kara googelte die Nacht noch, wie sie den Hund nach Kanada einführen könnte und ich träumte mir einen Weg sie mit nach Hause zu nehmen. Als wir am nächsten Tag vor die Tür traten, war der Verandaboden leer. Chiquita, so hatten wir sie getauft, war wieder verschwunden. Und alles was wir hoffen konnten war, dass es ihr gut erging, wo auch immer sie nun war.



A Buddha per Day keeps the Doctor away

An Tag 11 durfte endlich die bisher unbeachtete Eitzenhöfer-Tüte aktiviert werden, in der sich Wanderschuhe und Hikingequipment befanden. Ich hatte es ja kaum noch für möglich gehalten, dass wir uns für diesen Trip überhaupt mal weiter als vom Tempel bis zum nächsten Restaurantsitzplatz bewegen. Doch in Kalaw sollte sich alles ändern. Im Hochgebirge Myanmars führte unsere knapp 5-stündige Wandertour entlang kleiner Dörfer, saftiger Wiesen, riesiger Blumenkohlfelder, hochgewachsener Banenstauden und allerlei weiterer Gemüse- und Früchteplantagen. Ingwer, Zitronengras, Chili, Mandarinen, Wasserkresse, Kaffee, Tee - ein wahres Rewe-feine-Welt-Sortiment eröffnete sich vor unseren Füßen. Besonders nachhaltig beeindruckend wahren jedoch die vielen kleinen, süßen Kinder, die uns entgegen strömten und verzauberten. Kein Tempel, kein noch so großartiges Bauwerk oder Landschaft kann das fröhliche Lachen eines Kindes übertreffen. Erst recht nicht wenn sich niedliche Haustiere wie Hunde und Katzen in das Bild einfügen. So hielten wir uns knapp eine halbe Stunde damit auf einen fast verhungerteren Hund zu füttern und zu betätscheln, anstatt uns weiter mit der Berglandschaft Kelowas zu beschäftigen. Und anstatt in einen weiteren prächtigen Tempel auf einem Hügel einzukehren, ließen wir uns von drei kleinen Geschwistern und deren Katze unterhalten. Es sind die einfachen Dinge im Leben, die einem das Herz erwärmen.

Auf dem Rückweg passierten wir eine Baustelle zur Errichtung eines neuen Tempelkonstruktes. Sie haben schon recht die Burmanesen, es gibt einfach zu wenig der Gebilde in diesem Land. Da muss dringend nachgerüstet werden! Die Küche Myanmars überzeugte auch in Kalaw. Frisch aus dem Garten wurde uns gekochtes Gemüse, Hühnersuppe, frittierter Tofu, Reis und die herausragende Wasserkresse inkl. gerösteter Nüsse serviert. Hiermit erkläre ich zugleich dieses Spinat-ähnliche Gewächs zu meinem burmesischen Lieblingsgericht. Ich könnte mich quasi darin wälzen. Unterdessen gab es neue Entwicklungen in Sachen Epidemie. Der Status Quo ist nahezu erreicht. Kara und Puja klinkten sich in die Invalidenreihe ein und Marie ist seit gestern komplett außer Gefecht gesetzt. Eine erneute Lebensmittelvergiftung zwang sie dazu das nächste Hotel direkt mit dem Taxi anzusteuern, anstatt mit uns im Bus weiterzureisen. So langsam wünsche ich mir das Tourende doch herbei...

"I see something that you don't see and that starts with an 'B'" Vor unseren Augen reihten sich 8.723 goldglänzende Buddhas auf und mir wurde leicht schwindelig. Auf dem Weg zum Inle-See hielten wir in Pindaya an, um uns die Pindaya-Cave anzuschauen. Was uns dort erwartete ist vermutlich der Höhepunkt jeder Buddha-Tournee, vielleicht sogar das Buddha-Paradies schlechthin. Tausende Buddhas in nun wirklich allen Formen, Variationen, Größen, Materialien und Positionen präsentierten sich vor uns und schauten erhaben auf uns herab. Wir hatten eine Stunde um die Höhle zu erkunden, was Zeit genug sein sollte, doch verirrte ich mich schon nach wenigen Augenblicken in dem verzwickten Buddha-Labyrinth. Ich irrte ängstlich und orientierungslos durch eine Buddhagasse nach der anderen, immer dicht gefolgt, von den gefühlt auf mir liegenden Blicken, der überlebensgroßen Buddhastatuen. Eine unwirkliche Stätte, die mich auf der einen Seite zutiefst beeindruckte, auf der andern Seite aber auch zutiefst verwunderte. Bei der vielen Energie, die in diesen Buddhafanatismus hineingebuddhat wird, da kann man nur hoffen, dass diese Religion eine friedliche bleibt. Ansonsten stehen uns sehr viele Tempelkämpfer gegenüber.

In diesem Sinne, meine Buddha-Weisheit für heute:

Alles Glück dieser Welt
entsteht aus dem Wunsch,
dass andere glücklich sein mögen.





Sharing is Caring

Heute habe ich Karotten-Ingwer-Saft getrunken und ein Kürbis-Ingwer-Curry zu mir genommen. Wenn ich morgen eine Donald-Trump-Haut habe, muss ich mich wohl selbst ohrfeigen.

Nach dem 736. Tempel endlich mal eine Abwechslung: Fahrrad fahren. Die Route sollte zwar durch ein Tempelgebiet führen, aber zum Absteigen muss ja niemand gezwungen werden. Als verwöhnte Mountainbikebesitzerin musterte ich mein neues Gestell erst einmal gründlich. Verrosteter, alter Drahtesel, keine Gangschaltung, dubiose Bremsen, loser Sitz, - aber immerhin eine Klingel! Meinen 4 Gefährten erging es nicht viel besser und so traten wir in die Pedale und in Richtung Old Town of Bagan. Unterwegs bekam jedoch der ein oder andere schon nach kurzer Zeit den Tempelentzug zu spüren. Da wir quasi sekündlich eines dieser Bauwerke passierten, brach Ellen als erste ein. "Aber ich habe doch gelesen, dass da ein ganz anderer Buddha drin sein soll. Und schaut euch doch diese neue Form an." Wir stiegen also vom Fahrrad ab, entfernten unser Schuhwerk, warfen uns "Tempelclothes" (knielange Hosen, schulterbedeckende Tücher) über und marschierten durch den Eingang. "Ellen, der Buddha sieht aus wie jeder andere!" "No, look his eyes are almost closed. Same same, but different." Die Aktion Fahrrad weiterbewegen, neuen tollen Tempel entdecken und sich entsprechend der Vorgaben einkleiden wiederholte sich noch das ein oder andere Mal (ich zähle mittlerweile den 743. Tempel!). Als kleine Belohnung für die 20 Kilometertour durch Bagan und Umgebung kehrten wir in "The Moon" ein, wo wir ein absolut elegantes neues Szenegetränk entdeckten: Lemon-Ginger-Honey-Juice. Sensationell! Dazu wurde ein Mango-Salat gereicht und ich orderte außerdem einen Pfannkuchen mit selbstgemachtem Kokosnusseis (meine Güte ich legte es aber auch darauf an, auf den Epidemiezug aufzuspringen). Mein Magen hielt stand und so kehrten wir gut gesättigt nach Hause. Unterwegs zog ich mir noch eine Zerrung zu, da der hochgeschraubte, verrostete Sattel mehrfach ruckartig nach unten rasselte und zur Seite wegkippte. Aber das sind Kleinigkeiten...

Am nächsten Tag verließen wir Bagan und reisten Richtung Kalow weiter. 8 Stunden Busfahrt, inklusive zwei netter Zwischenstopps. Zu Beginn wurde uns die Produktion von Kokosnussmilch praktisch aufgezeigt. Eine arme Kuh musste ständig im Kreis laufen und damit das Presswerk antreiben. Mir tat die Kuh sehr leid, aber ich versuchte mich trotzdem selbst an dieser Rotiermaschine und möchte mich hiermit noch mal in absoluter Aufrichtigkeit bei der Kuh entschuldigen! Natürlich musste unsere Kaufkraft an diesem Ort angetrieben werden und so reichte man uns am frühen Morgen Kokosnussbier und Schnaps. Es schmeckte zwar fürchterlich, trotz alledem hatte am Ende jeder von uns einen Beutel voll getrockneter Kokosnuss- und Ingwerspeisen in der Hand. Der zweite Stopp lautete Mount Popa, ein Tempel auf einem sehr hohen Berg. Diesen Berg galt es zu erklimmen, was eine willkommene Abwechslung und ein Workout von 2.100 Treppenstufen bedeutete. Auf dem Weg nach oben begleitete uns eine Affenherde, die die Stadt und den Berg wohl seit längerem eingenommen hatten und uns dies auch deutlich zu verstehen gaben. Bei dem Versuch eine Portraitaufnahme des vor mir sitzenden Affens zu erzeugen, machte dieser eine blitzartige Bewegung nach Vorne und schlug mir das iPhone aus der Hand. Was für ein Ungeheuer! Bei den vielen netten, freundlichen und dem Buddhismus ergebenen Myanmanesen, sind die Affen vermutlich die boshaftesten Lebewesen auf dem Boden Myanmars. Am Abend erreichten wir endlich Kalow, wo wir in ein neapalesisches Restaurant einkehrten und im gern genommenen Sharing-is-Caring-Modus die angepriesenen Speisen teilten. Generell wird viel geteilt. Im Bus werden Snacks verteilt, Massagen gegeben, Musik und Medikamente ausgetauscht und erworbene Kleidungsstücke weiter vermittelt. Irgendwie ist es manchmal schon ein bisschen wie Familie, dieses Reisen auf begrenzte Zeit, auf beengten Raum, mit Leuten, die du nur seit ein paar Tagen kennst, die aber plötzlich Dauergäste in deinem Leben sind. In diesem Sinne, ein Hoch auf die Einfachheit und Kombatibilität, die man "mal eben" geschenkt bekommt.



Temple-up your life

Die Epidemie für Übelkeit und Magenverstimmung schlägt größere Kreise. Mittlerweile mussten sich auch Michael und Jonathan ihrem Schicksal ergeben und heute das Bett hüten. Mein Magen leistete bisher guten Widerstand, doch ich schätze, dass auch meine Tage gezählt sind. Abwarten und präventiv Ingwertee trinken lautet weiterhin meine Devise, mit der ich hoffentlich bis Tourende durchhalten werde.

Von Mandalay führte der Weg weiter durchs Landesinnere nach Bagan. Die 5-stündige Busfahrt wurde zu einer holprigen Angelegenheit, lässt die Asphaltierung der Wege zu wünschen übrig. Bananenstauden, Reisfelder, Palmen, Kokosnussbäume, schilfbedeckte Wohnhäuser und Plastikmüllberge zierten die Weiterfahrt. Am liebsten wäre ich ausgestiegen und hätte mal ordentlich aufgeräumt. Besonders verdreckt sahen die angrenzenden Flussbetten aus. Die Armut der Bevölkerung machte sich, je weiter man nach Westen vordrang, deutlich bemerkbar. Kinder rannten an unseren Bus und klopften, um Wasser bettelnd, an die Scheibe. Der Toilettenstopp wurde zudem zu einer Herausforderung, bei der man zunächst einen kleinen Plastikmüllbach überqueren musste, bis man in das notdürftig zusammengeschreinerte Bambushäuschen mit Kloloch vordrang. In Bagan angekommen, mussten wir unseren Status als Westexoten sogleich ablegen. Das Tempel- und Pagodenmekka Südostasiens, hatte es wohl in die letzten Lonely Planet Ausgaben und in das Aldi-Fernwehreisen-Blättchen geschafft. Bei dem hohen Andrang an europäischen Touristen, hatte sich außerdem hörbar das Vokabular der lokalen Händler gewandelt. Mit "Discount, Discount" und "Special price for you", wusste man sogleich wieder mit wem man es hier aufnehmen würde. Hatte ich mich bis zu diesem Zeitpunkt noch tapfer mit Souvenireinkäufen zurückhalten können, wurden mir auf einen Schlag gleich zwei Sangon-Hosen und eine Postkartenreihe "Best-of-Bagan" untergejubelt. Die Bewohner hier haben eine unglaublich penetrante Ader ihren Firlefanz an den Mann zu bringen. Spurt man nicht und schlägt das unschlagbare Angebot aus, wird man zugleich mit bösen Blicken und harten Worten gestraft. Auf dem lokalen Markt verfolgte und stalkte mich eine Händlerin so penetrant, dass ich kurz davor war die Contenance zu verlieren und ihr deutlich die Wacht anzusagen. Anstatt dessen hörte ich jedoch auf meinen inneren Buddha, schaute sie ruhig an, lehnte das Angebot dankend ab und schlug ihr anstatt dessen vor, etwas zu Essen auf dem Markt zu kaufen. Zugleich hatte ich ihren Wocheneinkauf von einem halben Dutzend Eiern und 2 Kilo Reis am Hals. Nun denn, immer noch billiger als ihre Hautpflegeprodukte zu kaufen, für diese sie 20.000 Kyat verlangte.

Der Sonnenuntergang in Bagan entsprach nicht so ganz unseren Erwartungen und ich überlege mir schon wie ich den, sich über das halbe Bild störend liegenden Parkplatz heraus retuschieren kann. Tourismus ist Fluch und Segen zu gleich. In dem Moment wo Selfiesticks und überdimensionale iPads sich vor deinem Gesicht breit machen und extrem schlechte Bilder direkt ins World Wide Netz übertragen, weißt du, dass es nicht mehr weit mit der Menschheit gehen kann.

Doch Bagan hat auch jede Menge Gründe für seinen Status als Touristenmetropole. Die 2.100 Tempel, von denen wir lediglich 8 besichtigten, fügten sich in einer grünen, saftigen Busch- und Waldlandschaft wundervoll ein und entwickelten eine mystische und geheimnisvolle Atmosphäre. Ein Best-of-Moment erlebten wir beim Sonnenaufgang, für den wir bereits um 5 Uhr morgens das Hotel verließen. Wir stiegen einen Tempel mitten in der grünen Dschungellandschaft hinauf und blickten auf eine magische Landschaft, die sich vor uns auftat. Der Geruch von frischem Tau, Wald und Kräutern zog an uns vorbei und eine Hülle von Vogelgezwitscher unterlegte die ansonsten großartige Stille um uns herum. Die Kameralinse blieb für diesen Moment geschlossen, denn manche Dinge kann man einfach nicht auf Bildern festhalten. Man muss sie selbst gesehen und erlebt haben.



Road to Mandalay

... da waren's nur noch 12. Unsere ehemals 15-köpfige Truppe ist mittlerweile auf 12 Personen geschrumpft. Eine Deutsche musste aufgrund familiärer Angelegenheiten bereits am zweiten Tag kurzfristig abreisen. 2 weitere Deutsche wählten heute das Hotel, anstatt der Erkundung Mandalays. Marie plagte eine Magenverstimmung und Alena musste wegen einer Augenallergie pausieren. Auch mich hätte es beinahe dahingerafft, streiken mittlerweile meine Fußsohlen über Dauerverschleiß. Dazu ist anzumerken, dass wir die Hälfte des Trips barfuß bestreiten, da die Tempelanlagen nur mit bloßen Füßen betreten werden dürfen. Der aufgeheizte Bodenbelag des Tempelaußenbereichs heizte bei 40 Grad entsprechend ein und vermittelte einem das angenehme Gefühl sich auf Herdplatten zu bewegen. Goodbye Fußhaut, für was brauch ich dich schon? Der Trip (oder der Buddha, da bin ich mir noch nicht so sicher) sendet eine Herausforderung nach der nächsten. Für die heutige Bootsfahrt mussten wir mehrere proprietär befestigte Holzblanken überqueren, bei dem mir um ein Haar meine Kamera in den Fluss gestürzt wäre. Glücklicherweise rettete Ellen das Bildablichtungsgerät in letzter Sekunde. Erwähnte ich eigentlich bereits die öffentlichen sanitären Anlagen? Besser nicht. Ich werfe nur kurz "ein Loch" in den Raum. Desinfektionsmittel und Kopf ausschalten sollten die wichtigsten Reisebegleiter so far sein. Bei der heutigen  Besichtigung mehrerer Tempel, kamen wir außerdem in den Genuss von Zuckerrohrwasser und frittierten Shrimpplätzchen. Ein sensationeller Snack! Des Weiteren stand die Überquerung der längsten Teakholzbrücke der Welt auf dem Programm. Im Sonnenuntergangsmodus marschierte wir die 1,2 Kilometer über den Taunghatman-See und bestaunten das rege Treiben, das sich vor uns auftat. In rote Roben bekleidete Mönche, mit weißer Paste geschminkte Kinder und Jugendlich im Punk- und Emostil sind schon seit Reisebeginn keine Exoten mehr für uns. Auf der Teakholzbrücke kam noch einmal die Best-of-Collection in Horden für uns zusammen und man hatte Mühe und Not sich auf dem Steg zu halten ohne in den See zu stürzen. Zum Abschluss des Tages kehrten wir in das Restaurant "Amazing Food" ein, hatten wir schon seit mindestens zwei Stunden nichts mehr gegessen (kann mich bitte jemand fürs Fitnessstudio anmelden?!). Wie schon am Abend zuvor nutzten wir das Taxi zur Heimreise, welches wahlweise mit zwei vorgespannten Kühen oder als Viehzuchtlieferwagen geordert werden konnte. Mit offenem Wagenrückteil winkten wir den vorbeifahrenden Mopeds und Motorbikes zu, auf denen es sich jeweils 2-5 Personen gemütlich gemacht hatten. Die kurze Imagination über solches Szenenbild in Deutschland, strich ich ganz schnell wieder aus meiner Vorstellung. So etwas ist nur möglich auf den Straßen Mandalays und dem Rest von Südostasien.

Morgen geht es nach Bagan. Heimat von 2.100 Tempeln. Halleluja!

Meine Buddha-Weisheit für heute:

"Sieh alles mit deinen eigenen Augen. Wenn du zögerst verpasst du dein Leben."



Alles in Buddha?

Am Ende des Trips bin ich entweder zum Buddhismus konvertiert oder ich werde an einem Buddha-Burn-Out behandelt werden müssen. Hier gibt es nicht nur Buddhas überall, sondern auch in solchen Übergrößen, dass man sich fragen muss, ob man sich noch in der Realität befindet. Das ein oder andere Mal hatte ich den dezenten Eindruck, an einem Anime-Filmset oder in einem Pokemonspiel gelandet zu sein.

Mittlerweile waren wir wieder in Yangon angelangt und hatten auf dem Weg dorthin so ziemlich jede Buddha-Statue und Tempelanlage abgegrast, die das Land hervorbringen konnte. Selbst als wir mit der Propellermaschine nach Mandalay weiterreisten, fluteten auf uns weitere Tempeleindrücke und Buddhaformationen ein. Ob liegend, sitzend oder schlafend, der Buddha zeigte all seine Facetten. Die 100 Meter Gesamtlänge beeindruckte dabei sehr und ohne die gute alte Panoramafunktion wäre man völlig aufgeschmissen gewesen. Noch beeindruckender waren jedoch die asiatischen Menschenmassen, die sich kniend und betend vor den Buddha warfen. Familien, Mönche, Pilger, alle reisten sie zu den großen Buddhas. Doch bei all der Buddhaobsession, waren wir auch dieses Mal wieder der Eycatcher des Tages. Die Myanmanesen bekamen Fotos von uns, dafür posierten wir mit den unzähligen Mönchen für das ein oder andere Selfie. Eine Win-Win-Situation sozusagen.

Neben der fast unheimlichen Kulturflut, die auf uns einströmte, gab es auch unwahrscheinlich viel zu essen. Ich habe den Eindruck permanent vor einer Restaurantkarte zu sitzen und das nächste Menü auszuwählen, während ich mich sportlich quasi Null betätige. Die kulinarischen Verköstigungen sind jedoch so herausragend, dass man einfach nicht Nein sagen kann und alle Empfehlungen unseres Tourguides "Chiet" probieren muss. Currys in sämtlichen Schärfevariationen, Koreanisches Barbecue, Suppen, Reis und vieles mehr gelangten auf den Teller und erfreuten unsere Gaumen. Im Übrigen hat das Thermometer mittlerweile seine versprochenen 38 Grad erreicht und offeriert eine mosquitoreiche Flora und Fauna in Mandalay. Rote kleine Flecken präsentieren sich bereits Fußgelenkbereich. Ob es dabei bleibt, oder sich auf weitere Körperflächen ausweitet, werden wir wissen, wenn wir morgen von einer Bootsfahrt in wässrigen und subtropischen Gefilden heimkehren. Volle Fahrt voraus ;)



Happy Water-Festival!

Sie sagten es würden 40 Grad werden. Sie sagten es wäre wunderschön. Sie sagten du wirst von diesem Land verzaubert. Doch alles was wir wurden war nass, nass, nass.

Wir starteten den Tag mit der Besichtigung der Pagode in Yangon, einem goldenen Palastgebilde umringt von jeder Menge Buddhas in allen Größen und Variationen. Noch während der 2-stündigen Besichtigung zogen sich über uns die Wolken dramatisch zusammen und überraschten uns mit einem platzüberschwemmenden Monsunregen. Selbstverständlich hatten wir weder eine Regenjacke noch einen Regenschirm griffbereit. Und sollte ich erwähnen, dass wir die Besichtigung barfuß bestritten, da Schuhe, FlipFlops und Socken auf diesem heiligen Boden verboten sind? So wurde der Rest des Weges zu einer sliprigen Angelegenheit, bei dem sich der ein oder andere böse auf den Boden legte (ich ausnahmsweise mal nicht :D). Als wir uns endlich in den Bus gerettet hatten, führte die Reise entlang des Wasserfestivals in Richtung Kyaiktiyo (Goldener Fels). Unterwegs konnten wir die ganzen Ausmaße des Festival hinter Scheiben erleben. Eine trashige Pop-Techno unterlegte Veranstaltung, bei dem von Trucks und Lastern literweise Wasser mit Eimern und Schläuchen in die Massen manövriert wird. Hintergrund ist das burmanesische Neujahr, bei dem alle Sünden von einem gewaschen werden sollen. Die Realität gleicht einer Loveparade oder aber auch dem belgischen "Tomorrowland" . Auch wenn wir bis dato im geschützten Bus untergebracht waren, sollten wir uns nicht der Hoffnung hingeben unbeschadet aus der Angelegenheit hinauszukommen. Am Fuße des Golden Rock angekommen (immer noch Dauerregen), wechselten wir in ein Army-Truckgefährt mit offenen Wagenseiten, in dem wir wie Legehennen zusammengepfercht wurden und auf den Berg transportiert werden sollten. Vorausschauend hatte sich jeder von uns einen Plastikponcho, auch Müllsack genannt, zugelegt, der zumindest für unsere Elektronikgerätschaften lebensrettend werden sollte. Wir rasten mit einem Affenzahn über die Piste und in Richtung Berg. Doch das myanesische Neujahr nimmt auch keine Rücksicht auf die Sünden der Touristen. Von allen Seiten fluteten eimerweise Wasser auf uns ein und ich fühlte mich wie der Teufel persönlich. Klatschnass und wassertriefend jagte der Truck weiter den Berg hinauf. Kalter Wind und Regen strömte und entgegen, während der Transport zu einer Achterbahnfahrt wurde. Zeitweise fühlten wir uns wie in einem Freizeitpark in dem man Wasserfälle hinunterstürzt. Völlig durchgenässt (erwähnte ich, dass wir nur einen Daypack inkl. einem extra T-Shirt dabei hatten) erreichten wir den Gipfel. Jedoch war der Berg dermaßen in Nebel eingehüllt, dass wir den Golden Rock nicht zu Gesicht bekamen und aus diesem Grund den direkten Weg ins Hotel wählten. Die klatschnassen Textilien hing ich triefend und notdürftig auf, während mir sehr schnell klar wurde, dass ohne entsprechendem Heizungsgerät keine wirkliche Blitztrocknung bis zum nächsten Tag eintreten sollte. Zu allem Überdruss musste ich auch feststellen, dass ich meinen kleinen Geldbeutel mit ca. 40.000 Kyats verloren hatte. Es blieb also nur eins: Den Abend lachend, mit den Geschehnissen des Tages, einem Bier und dem geteilten Schicksal mit den anderen ausklingen zu lassen.

In der Nacht gewitterte, blitzte und stürmte es unerbitterlich und dichter Nebel hüllte den Berg mystisch ein. Ein Zyklon war zugange, wie man es den Nachrichten entnehmen konnte. Ach immer diese unverhofften Naturereignisse!

Der Nebelvorgang öffnete sich auch am nächstens Morgen nicht und so streifte ich meine klamme Hose und den Regenponcho über und wir machten uns trotz Wind und Regen auf in Richtung goldener Fels. "Da muss ich mindestens 2 Filter drüber legen." bemerkte Ich trocken, als wir den "Golden Rock" in den Kamerafokus nahmen. Der ganze Glanz des Steines wurde durch einen Realitäts-Nebelfilter getrübt und entschärfte so seinen ganzen Mythos, für den mindestens 1.000 Pilger angereist waren. Doch etwas besonderes hatte die religiöse Stätte schon. Zwar bekamen wir kein Instagramwürdiges Foto, dafür aber jede Menge lächelnder und glücklicher Gesichter geschenkt. Denn was uns bis dato noch gar nicht aufgefallen war, war die Tatsache, dass wir unter diesen ganzen vielen Pilgern, die einzigen "Weißen" waren. Der Aufmerksamkeitsbonus weitete sich in Fotos und Videos mit den Myanmanesen und Thailändern aus, die es scheinbar ziemlich toll fanden, dass wir dort oben waren. Beglückt, trotzt der ganzen Strapazen und Wetterwidrigkeiten, kehrten wir vom goldenen Fels zurück und fuhren den steilen Berg per Army-Truck wieder hinunter. Unten im Tal erwartete uns eine ganz besondere Überraschung. Zur Feier des Tages, dass endlich mal wieder westliche Touristen im Land waren, hatte man das Water-Festival um einen Tag erweitert. Die entsprechende Dusche war nur für uns vorgesehen und das halbe Dorf feierte dies. Gefeierter Held zu sein, heißt Abstriche zu machen. Wer braucht schon trockene Klamotten und eine sitzende Frisur? Happy Waterfestival :)




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Min-Ga-La-Ba Myanmar!

Mit Air China fliege ich nicht mehr, so viel ist sicher. Schon das Aufrufen der Webseite für den Online Check-In hätte mich stutzig machen sollen, baute sich die, in den 90ern programmierte, Homepage in Modem-Geschwindigkeit vor mir auf. Eine halbe Stunde navigierte ich mich durch den Check-In-Prozess um am Ende das Ticket in analoger Form ausdrucken zu müssen. Eine bittere Enttäuschung, hatte ich die Wallet-App zur Verwaltung meiner E-Tickets mittlerweile doch sehr lieb gewonnen. Am Flughafenschalter präsentierte ich mein selbstausgedrucktes Dokument, was mir zugleich entwendet wurde. "Das schmeißen wir gleich mal in den Müll! Ich erstelle Ihnen ein neues Ticket." Verwundert blickte ich die Schalterdame an, die mir anschließend ein auf Lufthansapapier gedrucktes Ticket überreichte. Verstehen muss das keiner, meine Hoffnung nun doch in einer Lufthansamaschine zu sitzen, bewahrheiteten sich leider nicht. Schlimmer noch, bei Einnahme meines Sitzplatzes stellte ich entsetzt fest, dass jegliches Boardprogramm nicht verfügbar war. Ein LCD-Bildschirm fehlte gänzlich, was für einen 10-Stunden Flug nicht unerheblich ist. Auch mein letzter Hoffnungsschimmer, ein Printmedium in Form einer Tageszeitung als Alternativprogramm zu wählen, blieb mir aufgrund fehlender chinesischer Sprachkenntnisse verwehrt. So beschränkte sich mein Unterhaltungsprogramm auf das gute alte Fenster und einem Gespräch mit meinem Sitznachbarn, der sich als Volkswagen-Projektleiter vorstellte. Und dabei glaubte ich doch der VW-Konzern hätte durch Abgasskandale, Massenklagen und Milliardenverluste den Laden schon längst dicht gemacht... Nun denn, für ein Business Class Ticket reichte es auf jeden Fall nicht mehr. Während ich also detailliert die Prozesskette zur Herstellung einer Karosserie lernte, trudelte zwischenzeitlich das Essen ein. Zum Lunch reichte man chinesischen Wildreis mit Hühnchen, Gemüse und einer Schwarzwälder Torte on top. Zum Frühstück, um 5 Uhr morgens, folgten Nudeln, Schwein und Broccoli in einer braunen Sojasoße gebraten (Rebecca Dittmar ich sehe gerade deine Gesichtszüge entgleisen :D). Auch mir war dieses deftige Mahl eine Nummer zu hoch und so hielt ich mich an kalten Kartoffelsalat und eine Früchteauswahl. Nach 10 Stunden erreichten wir den chinesischen Flughafen "Chengdu", der nur als Stopover dienen sollte. Verwirrt irrte ich durch den Transit um meinen Anschlussflug nach Yangon zu finden. Dafür musste ich durch den Zoll und zurück an den Hauptschalter, wo mir und meinem Backpack ein neues Ticket überreicht und ich zudem mit einem roten Sticker am T-Shirt bestückt wurde. "Wofür auch immer der nun gut ist!?" fragte ich mich, nahm aber zugleich 5 weitere Personen wahr, die dieses Objekt ebenfalls auf ihrer Kleidung trugen. Wir boardeten sogleich und die Maschine mit den 6 Stickerbeklebten Personen, sowie 80 weiteren Passagieren hob planmäßig Richtung Yangon ab, um aber dann nur eine Stunde später wieder zu landen. "Huch, sind wir etwa schon da?" Das chinesische Handynetz, welches sich auf meinem Display präsentierte, ließ nicht darauf schließen. Dennoch wurden wir aufgefordert allesamt die Maschine zu verlassen. Verwundert sprach ich mit zwei stickerbeklebten Personen, die schon seit Frankfurt mit mir reisten, aber auch sie wussten sich keinen Rat. Immer noch rätselnd fing uns eine Dame im Empfangsbereich des chinesischen Flughafens ab und überreichte uns erneut Tickets mit der Aufforderung ihr zu folgen. Also marschierten wir 6 bestickerten Personen über den kompletten Flughafen hinter ihr her, um nach mehreren Kontrollen wieder an unserem Ursprungsgate und Maschine anzukommen. Und mit dieser 100-Passagiere fassenden Maschine hoben dann lediglich wir 6 Auserwählten wieder ab. Wirklich nachhaltiges Reisen kann man das wahrhaftig nicht mehr nennen! Und was das ganze verwirrende Prozedere im Vorfeld sollte, erschloss sich uns auch nicht. Zumal kein einziger Hinweis über einen weiteren Zwischenstopp in China auf unserem Reisepapieren dokumentiert war.

Im Anblick eines Platzregens erreichten wir Myanmar und somit Yangon. Jonathan und ich fanden uns über Umwege am Flughafen wieder und mussten dafür nur ca. 15-Mal durchgescannt werden. Die hohen Sicherheitsmaßnahmen, die im Transitbereich noch an den Tag gelegt wurden, sollte sich bereits wenige Meter später in Luft aufgelöst haben. Unser Taxifahrer verlor während der Fahrt und des andauernden Regens seinen Scheibenwischer, was ihn zum Stehen, mitten auf dem burmesischen Highway, zwang. Er sprang mit dem Schirm aus dem Auto und suchte zwischen vorbeifahrenden Automobilen das verlorene Wischblatt. Fand es natürlich nicht und fuhr uns weiter Richtung Hotel. Schon unterwegs passierten uns Karosserien mit Ladefläche, auf denen feiernde Myanmarnesen ihr eigenes Neujahr zelebrierten. Es nennt sich auch Wasserfest und wird von gefüllten Wassereimern begleitet. Für einen Erstanklömming im Land fühlte sich Myanmar dadurch erst mal so an: Die schwülen Temperaturen legen sich klebrig auf die Haut, während man den Geruch von Abfluss, der teilweise unbedeckten Kanäle, in sich aufsaugt und den umliegenden Dreckflächen versucht auszuweichen. Das drängt einen wiederum nahe genug an den Straßenrand, an dem man im Stile von einer Ice-Bucket-Challenge nicht unverschont bleibt und von vorbeifahrenden Fahrzeugen mit Wassereimern befeuert wird. Ein erster Kulturschock, der am Abend mit einem myanesischem Bier überwunden werde musste. Mittlerweile konnten wir den Rest der Gruppe kennenlernen, der sich vorwiegend aus Deutschen, Schweizern, Kanadiern und Briten zusammensetzt. Eine altersmäßig bunt gemixte Truppe, die nach dem ersten gemeinsamen Essen und Kennenlernen, Spaß verspricht. Heute morgen geht es bereits um 7:30 Uhr zum Golden Rock. Ausschlafen ist wie immer nicht und das Wasserfest wird heute seinen eigentlichen Höhepunkte erreichen. Ich mache mich auf alles gefasst und verabschiede mich schon mal von der Vorstellung den Tag unbeschadet zu überstehen. Andere Länder, andere Sitten.. Willkommen in Myanmar!

Ein Ticket nach Südost...Myanmar

Kurz vor Take-Off überfliege ich noch einmal die letzten Nachrichtenschnipsel Myanmars: "Auswärtiges Amt besorgt über Lage in Myanmar", "Tödliche Bootsunglücke kommen in Myanmar häufig vor" und "Halbes Dorf in Myanmar wird nach kostenlosem Mittagessen krank". Es sind immer und überall die negativen Schlagzeilen, die es auf die Titelseiten der Medienwelt schaffen. Doch wie ist die Lage wirklich in dem ehemaligen Militärregime, das heute Mode-Hochburg ist und uns mit Tageslöhnen von 2,50 € preiswerte Markenqualität der Textilgiganten H&M, Adidas & Co. garantiert? Erst seit wenigen Jahren hat sich das Land hinter dem "Bambusvorhang" für den Tourismus geöffnet und präsentiert nun seine geheimnisvolle und buddhistisch geprägte Welt. Auf der 14-tägigen Rundreise erwarten mich antike Tempel, goldene Felsen, schwimmende Dörfer, grüne Reisfelder und bunte Märkte. Zu viel mehr habe ich mich bisher nicht einlesen können - es wird also wie immer - einer kleiner Überraschungstrip, auf dem jeden Tag etwas Neues entdeckt werden darf. Also packe ich meine H&M-Kollektion in meinen Jack Wolfskin Backpack und freue mich schon, auch meiner Bekleidung und Travelausrüstung die Möglichkeit zu geben, ihr Ursprungsland wiederzusehen. Attraktive 40 Grad eröffnen sich auf der kleinen Wetterkarte vor mir, eine Temperatur, bei der ich Fernweh bekomme und für kurze Zeit meine Gänsehaut bei aufgedrehter Heizung und 4-Textilschichten mitten im April vergesse. Ob sich die Wettervorhersagen bewahrheiten oder erst vor-Ort zu einem Monsunregen entpuppen, wird sich zeigen. Zeuge eines ähnlichen Klimaschicksals durfte ich bereits 2009 an der australischen Ostküste werden, als die Hochtemperaturen für einen kurzzeitigen Zyklon sorgten und alles unter Wasser setzten. Auf einer Insel namens "Long Island" festsitzend, erkundete ich damals mit dem Belgier "Jono" und 20 anderen Contiki-Reisenden 3 Tage lang die Insel, bis wir ins trockene Outback gerettet wurden. Jono lebt seitdem in Sydney, wagt es aber dennoch noch einmal mit mir auf Erkundungstour durch Myanmar zu gehen. Alles weitere zu unseren Erlebnissen und Entdeckungen wird es selbstverständlich wieder hier zu lesen geben. Bis dahin steht mir nun aber erst mal eine ca. 13 -Stündige Flugreise mit Air China und Zwischenstopp in Chengdu bevor, bis ich am Samstag zur Ortszeit um 11:15 Uhr in Yangon lande. Ich hoffe, dass sich vor meiner Landung keine Zwischenfälle zur Beeinflussung der Weltgeschichte ereignet haben und die oberen Herrschaften während der Osterzeit Gas,- Atom,- und andere Waffeninstrumente ruhen lassen. Mir wäre es sogar egal, wenn sie nach den Feiertagen ganz vergessen haben, solche besessen zu haben. 

In diesem Sinne, an all euch Ostereierbemaler, Grillsaisonstarter und Frühjahrsputzer, an all euch Mountainbiker, Sport-Invaliden und Gartenumgraber, an euch Hundebetreuer, Mali-Beschützer und 6x6-Berechner - frohe Ostern und friedvolle Feiertage! Und bis ganz bald :)


Wenn sich alles in Kreisen bewegt
dann gehst du links dann geh ich rechts
und irgentwann kreuzt sich der Weg
wenn wir uns wieder sehn
wenn sich alles in Kreisen bewegt
dann gehst du links dann geh ich rechts
doch wir beide bleiben nicht stehen
bis wir uns wieder sehn. 

- Johannes Oerding




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