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Open Waters

Tag 7

Der zweite Tag in St. Lucia begann nicht sehr vielversprechend. Als wir die sanitären Anlagen des Campingresorts betraten, mussten wir feststellen, dass uns kein fließend Wasser zur Verfügung stand. Weder in der Dusche, noch an der Klospülung und erst recht nicht am Waschbecken. Auch mit der Stromversorgung in der Damentoilette sah es desolat aus. So mussten wir einen wertvollen Trinkwasserkanister opfern, um Arbeitsgänge wie Zähne putzen und Gesichtswäsche abzuhandeln. Zudem stellten löön und ich wenige Minuten später eine Unstimmigkeit in der Magenregion fest. Übelkeit und Kreislaufprobleme knockten uns kurzzeitig aus. Wir erörterten, dass wohl die Einnahme der Malariatabletten nicht zu unserem Wohlbefinden beigetragen hatte und hoffen, dass wir diese Medikation, nach Rücksprache mit der Fachärztin unseres Vertrauen, absetzen dürfen. Auch mein erkältungsbedingter Zustand befand sich an diesem Morgen auf dem absoluten Tiefpunkt. Die Nasennebenhöhlenregion rebellierte völligst! 

Trotz all dieser Widrigkeiten gingen wir einmal mehr gegen uns und machten uns auf zum nächsten Activity-Event: Kayaking. Nun muss man dazu erwähnen, dass Kayaking in St. Lucia anders ist als anderswo. So hievt man zunächst das Kayak durch einen tiefgründigen Matschpfad, verunreinigt sämtliche Bekleidung und kann sich im besten Fall noch irgendwie von dem versumpften Ufer abstoßen. Bis zu diesem Zeitpunkt gleicht und schwitzt man bereits wie ein Schwein. Dass man sich anschließend über Gewässer bewegt, die zu 90% aus Nilpferdkot bestehen, macht die Sache nicht viel attraktiver. Äußerst beunruhigend wird es aber eigentlich erst dann, wenn wenige Meter vor dir ein Krokodil auftaucht oder ein Hai entlang des Kanus cruist. Ich fühlte mich nur deshalb sicher, weil ich neben meinem Paddel noch die Go-Pro, befestigt am Selfiestab, mit mir trug, den ich notfalls als Schlagstock einsetzen konnte. 

2 Stunden hielten wir uns mit unserem Tourguide Crocodile-Dundee, der Dänin Camilla und Team Maritim auf dem braun gefärbten Gewässer auf, ohne von einem der Killertiere gefressen zu werden. Ein erster Erfolg war somit diesem Tag abzugewinnen und wir belohnten uns anschließend mit einem Shopping-Trip durch St. Lucia. Hier kamen wir auch wieder in den Genuss, uns in eines der rar verfügbaren Wifis einzuloggen. Die Kunst hierbei war es, sich möglichst nahe eines verästelten Baumes mit viel Blattwerk aufzuhalten. Die Verbindung schien offensichtlich von der Bewegung eben dieser Blätter abhängig zu sein. Ein absurdes Bild mussten wir 4 handybedienenden Personen zwischen den grünen Zweigen abgeben haben. Vermutlich ging es in den vorbeifahrenden Bussen so "Look, there is hippo. And there to the right is a monkey. Oh and look, there is Wifi!" 

Nachdem wir uns im Camp einer ausgiebigen Dusche (Wasser geht wieder!) hingeben hatten um die braune Matschmasse von uns zu entfernen und auch erstmalig die Tube "Rei" aktivierten, gönnten wir uns im Anschluss ein ausgiebiges Mittagsmahl im nahegelegenen Maritim-Restaurant. Saskia orderte altbewährtes Schnitzel afrikanischer Art, während löön die knusprig gebratenen Tintenfische kostete und Maren und ich versuchten uns an dem Pineapple-Chicken-Burger. Ein Gourmettraum! 

Mit vollem Magen entschieden wir uns einen Verdauungsspaziergang an den Strand zu wagen. Dies sollte die beste Entscheidung für diesen Tag bedeuten und zugleich zu einem der besten Tourdays überhaupt werden. Schon auf dem Weg erspähten wir einige Hippos, die sich im Wasser fläzten. Doch der Beach itself war das absolute Highlight. Gelbgoldener Sand erstreckte sich vor unseren Füßen, endlose Weiten entlang der blauen Wellengewalt und naturgeformten Dünen bildeten ein Postkartenmotiv wie man es kaum kaufen kann. Der feine Sand-Salzwind, der uns durchs Gesicht blies, sorgte für neue Frische und ließ uns die Vielfältigkeit und Freiheit Südafrikas spüren. Und sollte das nicht genügen, konnte ich schon wenige Stunden später eine Art Wunderheilung spüren. Fühlte ich mich noch am Morgen des gelben Hausarztscheins würdig, konnte ich mittlerweile von einer Blitzheilung sprechen. Der von uns als Kurort gekürte Ort St. Lucia, schien durch die Phänomenkombination Meer - Wind - Salz - Sand tatsächlich heilende Kräfte zu besitzen. Ein Hoch auf die Naturmedikamentation! 

Am Abend versammelten wir uns dann alle wieder im Camp. Mittlerweile kann man wirklich von einem Gefühl wie heimkommen sprechen. Mama Wendy kocht für uns Lasagne auf Holzkohlen, Papa Mike richtet das Lager her und wir tauschen Geschichten von unsrem Erlebten des Tages aus. Dazu 1,2,3 Bierchen, Chips, Lagerfeuer und Gitarrenmusik. Was kann diese Vollkommenheit noch toppen?
Nun denn, vielleicht eine Nacht-Hippo-Wanderung. Mit Taschenlampen ausgestattet machten wir uns noch einmal auf den Weg um der Legende marschierender Nilpferde auf St. Lucias Asphaltstraßen nachzugehen. Die strickte Anweisung von Wendy, dass diese überdimensionierten Säugetiere verdammt gefährlich sind und wir einfach nur rennen sollten, sofern eines dieser Kreaturen auf uns zukommen sollte, nahmen wir gewissenhaft an. Wir bahnten uns Wege über Brücken und Trampelpfade, schauten nach links, rechts, oben, unten und in die Diagonale. Doch trotz aller Mutig- und Abenteurigkeit gelang es uns nicht die sagenhafte Geschichte der nachtwandelnden Hippos zu bestätigen. Schade, doch wir werden nicht aufgeben uns weiterhin den Abenteuern dieses Trips zu stellen! In diesem Sinne, stay safe and take care! 

PS: ab morgen sind wir wieder abseits der Zivilisation und im Offline-Modus zu finden. Entsprechende Blogeinträge werden bei Netzverfügbarkeit nachgereicht :)


Happy Hippo Time

Tag 6

Durchquert man die Verkehrsstrecken Südafrikas, sollte man sich so mancher Grundregeln des Straßennetzes bewusst werden. Linksverkehr wird auch in diesem Land, durch die Kolonisierung der Briten, aktiv gelebt, Straßen entsprechen nicht immer dem Asphaltstandard, welchen wir aus heimischen Gefilden gewohnt sind und an Tankstellen steht nicht immer der Rohstoff zur Verfügung, den man für sein Vehikel vorgesehen hat. So unterscheidet man hier zwischen einem Diesel "50" und "500", was übersetzt "dreckiges" und "sauberes" Diesel bedeutet. Vorteil an dieser ganzen Tankangelegenheit ist, dass man gar nicht selbst den Prozess durchführen muss, sondern dem Tankwart lediglich Betrag und Produkt nennen muss und dieser Arbeitsgang anschließend von einer Tankservicekraft durchgeführt wird. Die wiederum gewonnene Zeit kann man entweder zum Zuschauen der Vehikelbefüllung nutzen oder aber beim Window-Shopping (wahrscheinlich eine Ur-Form des Teleshoppings) aufbringen. Meist wird diese Vertriebstätigkeit von Kindern durchgeführt, die gewöhnlich eine Palette an Schmuckherrlickeiten und ein besonders mitleiderregendes Gesicht mit sich tragen. Einen besonders umsatzstarken Tag können eben solche Junior-Salesmänner verzeichnen, wenn sie auf einen, mit europäischen Bevölkerungsgruppen besetzten Bus treffen, deren Insassen mit ganz wenig Überzeugungskraft zum Portmonee greifen und die Kassen klingeln lassen. Ist es nun tatsächlich das aufrichtige Mitgefühl oder aber das eigene Gewissen, das man beruhigen möchte? Fakt ist, dass dieser Vertriebsweg seit Anbeginn der Tage noch immer der erfolgreichste ist und sich daran in Zukunft vermutlich auch nie etwas ändern wird. Was mach ich eigentlich mit den ganzen Ketten und Armbändern, wenn ich wieder zu Hause bin?!

An Tag 5 verließen wir das lieb gewonnene Swaziland und rollten weiter nach St. Lucia, welches sich an der Ostküste Südafrikas befindet. Unterwegs verloren wir trotz Navi kurzzeitig die Orientierung und mussten ein paar mal drehen und wenden um wieder das richtige Ziel vor Augen zu haben. löön und ich hatten an diesem Tag die Ehre in der Frontreihe Platz nehmen zu dürfen und uns der DJ-Tätigkeit anzunehmen. Toto's 'Africa' wurde hierfür aus der Archiv-Playlist aktiviert und auch so manch anderer On-The-Road-Klassiker durfte wieder hervorgeholt werden. 

Am Spätnachmittag erreichten wir die Hippo-Stadt St. Lucia und meldeten uns zunächst für einige Activities für die kommenden Tage an. Bevor wir uns auf den Nilpferdcruise begaben, galt es jedoch erst einmal die Zelte wieder aufzubauen. Ein Upgrade stand dieses Mal leider nicht zur Verfügung, was im Allgemeinen als äußerst bedauerlich befunden wurde. Die anschließende Bootfahrt erwies sich als absolutes Touristenmassenevent und man musste kurzzeitig das Event gänzlich in Frage stellen. "There is a yellow bird to your right side!" Kaum ausgesprochen rannte eine Herde Ü60 Kamerafetischisten zur Reling, so dass das Boot schon zu kippen drohte. Die vorwiegend deutschen und holländischen Rentner wiesen ein unvorstellbares Technikequipment vor, was mich kurz fragen ließ, ob wir vielleicht in eine Filmproduktion geraten waren. Startet das ZDF womöglich eine neue TerraX-Reihe in Afrika? Uns wurde das ganze Spektakel etwas zu absurd und so genossen wir einfach die Bootsfahrt bei untergehender Sonne, wobei wir zu jeder Zeit mit einer kaffeefahrtähnlichen Verkaufsveranstaltung rechneten. Die blieb uns jedoch erspart. Ein paar Hippos konnten wir tatsächlich auch erspähen, hoffen allerdings auf unserer morgigen Kayaktour auf ein wenig mehr Glück.

Zum Abschluss des Tages trat dann das schon fast unwirkliche Ereignis ein. Ein Moment voller Ergebenheit und Ehrfurcht. Es muss gewesen sein so wie damals, als Kolumbus das erste Mal Land sah oder James Cook australischen Boden betrat. Wir konnten unseren Augen nicht glauben, als wir die Buchstabenkette 'braza180' im Zeitlupenmodus eintippten und uns zwei weiße Balken visuell zu verstehen gaben, dass wir verbunden waren. Connected mit der Außenwelt! Wir mussten einen Moment innehalten um zu verstehen was da passierte. Doch viel Zeit blieb uns nicht. In 5 Minuten handelten wir alle Kommunikationstätigkeiten in Windes Eile ab um dann wieder in den Flugmodus zu gehen.

Wie muss es wohl Menschen gehen, die tagelang kein Essen gesehen haben, kein warmes Wasser kennen oder denen ein richtiges Dach über den Kopf fehlt? Und wie weit muss es gekommen sein, dass uns dieser Gefühlszustand schon beim Hinweis "Kein Netz" erreicht?