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Goodbye to Jordan Time!

"Sometimes the best road
is the one you make."

Du weißt, dass du dein Reisekontingent überschritten hast, wenn du einen Reisekompagnon auf Facebook hinzufügst und dabei feststellst, dass ihr bereits einen gemeinsamen Freund habt, den du in einem völlig anderen Erdteil kennengelernt hast.

Am letzten Tag in Amman hieß es wieder einmal Abschied nehmen, löste sich die Reisetruppe so langsam auf. Für die meisten geht der Trip weiter. Israel, Ägypten, Thailand und Kanada lauten die weiteren Ziele. Der Rest hat mal wieder den entscheidenden Fehler gemacht ein Ticket zurück in die Kälte zu buchen. So nutzten Sue, Christophe und ich noch einmal die letzten Sonnenstrahlen Ammans um uns für den bevorstehenden Winter zu rüsten. Unser Weg führte zur King Abdullah Moschee, sollte man sich in einem muslimischen Land doch wenigstens einmal deren Anbetungsstätten angesehen haben. Da wir ungünstigerweise mal wieder an einem Freitag in Amman zugegen waren, hatten wir selbstverständlich nicht das ganztägige Freitagsgebet bedacht, was von den 93% bekennenden Muslimen mit Hingabe praktiziert und stündlich per Lautsprecher in der ganzen Stadt übertragen wird. Aus diesem Grund war es uns leider nicht möglich in die Moschee zu gehen, dafür wurden wir aber zugleich in den angeschlossenen Souvenirshop auf eine Tasse Tee eingeladen. Die anregende Kräutermischung führte dazu sämtliche Einkäufe zu tätigen, die wir bis dato nicht abhandeln konnten. Mit viel "special price" und "get 2 for 1" füllte sich unser Korb in Sekundenschnelle, bis uns nichts weiter übrig blieb als die gute alte Kreditkarte zu zücken. Darf man eigentlich an einem geheiligtem Gebetstag Geschäfte in solchem Ausmaß zulassen?

Was uns sehr beeindruckte war der Fakt, dass direkt neben der Abdullah Moschee eine Kirche stand. Somit wurde auch die christliche Minderheit von 5% in diesem Land bedient und respektiert. Unser Tourguide Abraham (eigentlich Ibrahim) berichtete uns bereits, dass in Jordanien Moslems und Christen friedlich miteinander leben uns dass die entsprechenden Feiertage häufig gemeinsam gefeiert werden.

Nachdem wir unser Sightseeing rund um die Moschee abgeschlossen hatten, verabschiedete sich Sue zur Mittagszeit von uns und so machten sich nur noch Christophe und ich auf den Weg zu den Zitadellen, die wir beide nur von Weitem erblickt hatten. Die Zitadellen sind ein Überbleibsel der Römer, welche sich auf einem der vielen Hügel Ammans befinden. Selbstverständlich war der Hügel auf der völlig anderen Seite der Stadt, was wiederum eine größere Wanderung durch halb Amman bedeutete. Wir stiegen keuchend Treppenstufen hinauf und suchten vergeblich den Zugang zu der Sehenswürdigkeit, hatten aber scheinbar mal wieder eine Alternativroute eingeschlagen. Ein Anwohner bemerkte unser Dilemma und erklärte uns präzise den Weg hinauf zu den Zitadellen. Ich wunderte mich schon als wir Müllberge und anliegende Wohndächer passierten, doch erreichten wir tatsächlich unser Ziel. Der Ausblick von diesem Hügel war fantastisch und man konnte fast die gesamte Stadt überblicken. Erst als ich in dem angeschlossenen Museum nach den Toiletten fragte und zum Eingang verwiesen wurde, wurde mir langsam bewusst, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Ich schritt in die entsprechende Richtung, während mir andere Touristen entgegen kamen. Und dann wurde mir klar, dass wir überhaupt nicht über den offiziellen Weg zu den Zitadellen gelangt waren, - dieser erfordert nämlich ein Eintrittsgeld -, sondern hatte uns der Einheimische über einen Geheimweg zu dem Berg gelotst. Ich mag die Jordanier! ;)

Am Abend kehrten wir zu einem letzten Dinner in eine amerikanisch angehauchte Lokalität ein und beendeten den letzten Tag mit einem Shot namens "Bin Laden" in der einzigen Gaybar Ammans. Danach hieß es endgültig Abschied nehmen, musste Christophe seine Low-Budget Maschine nach Kiew erreichen, die ihn zurück nach Brüssel bringen sollte. Ich blieb als letzte Hinterbliebene in Amman und beende aktuell, um 04:00 Uhr morgens, meine letzten Zeilen auf dem Blog. Gefühlt befinde ich mich seit 4 Wochen in Jordanien, waren die Eindrücke und Erlebnisse wieder so zahlreich, dass die tatsächliche Zeit anders wahrgenommen wird, als wenn man zu Hause seiner täglichen Standardroutine nachgeht. Man befindet sich irgendwie außerhalb der Zeit. Ich freue mich auf zu Hause, ohne Frage, doch werde ich noch ein paar Tage im Jordanien-Modus verbleiben, bevor der Alltag wieder einkehren wird. Besonders die Einstellung zur Pünktlichkeit und Zeitangabe in diesem Lande sagte mir sehr zu. So lautete ein häufiger Hinweis unseres Tourguides Ibrahim "Please be back in 5 minutes. German time, not Jordan time." Schon sehr schnell konnte ich ihm seine Illusion nehmen, den Standarddeutschen zu repräsentieren. Ein Hoch auf Jordanien Time!



"Zögere nie, weit fortzugehen,
hinter alle Meere, alle Grenzen,
alle Länder, allen Glaubens."

- Amin Maalouf







50 Shades of Jordan

Übern' Tisch gezogen hat mich der Hassan Fathi Abu! Läppische 340 JOD (Jordanische Dinir) ist der 500€ Schein noch wert, wie könnte es nur soweit kommen? Als ich mit der britischen Maschine sicher den Flughafen Ammans ansteuerte, war meine erste Handlungstat in Besitz jordanischer Währung zu gelangen, prangerte mir am Zoll schon in Fettschrift "Visum - 40 JOD" entgegen. Hassan lachte sich im Exchange-Büro bereits ins Fäustchen, als ich mit entsetztem Blick den Währungskurs in Augenschein nahm. Weitere 20 Dinirs zog er großzügig als seinen Lohn ab und als Visum- und Taxikosten noch auf die Portokasse schlugen, sah ich mich bereits an Tag 1 im finanziellen Ruin! Das Hotel konnte mich jedoch wieder positiv stimmen, als ich mein großzügig ausgebautes Luxuszimmer erkundete, welches über einen begehbaren Kleiderschrank verfügte und eine Badewanne mit Blick auf Amman offerierte. Nun gut!

Am nächsten Morgen fing ich an meine nähere Umgebung zu erkundschaften. Laut TripAdvisor sollten in der nahegelegenen 'Rainbow Street' Unmengen an Märkten und top-bewerteten Restaurants zu finden sein. Doch zu meiner Verwunderung war es fast totenstill auf den Straßen Ammans. Kein Geschreie, kein Markttreiben, verschlossene Ladenlokale, kaum Autoverkehr - ich glaubte mich schon in Ghosttown Dillenburg zu befinden. Mir war dies alles suspekt. Hallo, es war Freitag! Und meines Wissens nach auch kein Feiertag. Der ganze Ort vermittelte den Eindruck einer ausgestorbenen Stadt. Dreck und Müll, zerbrochene Fenster, herumstreunende und halbverweste Katzen, stinkende Gassen und kein Laut zu vernehmen. Mir wurde es schon ein wenig komisch zumute, bis ich plötzlich zu einer Mauer kam und Lautstärke in weiter Ferne vernahm. Als ich über die Mauer blickte, erstreckte sich vor mir die Downtown Ammans und mit ihr alles was ich von einer arabischen Stadt erwarten kann. Lauthalses Geschreie, hupende Autos, orientalische Klänge. Ich war einfach viel zu weit oben gewesen, der eigentliche Kern der Stadt befindet sich in einer Art Kuhle, die von sieben Hügeln umgeben wird. Nun wollte ich es aber wissen und begab mich auf direktem Weg ins Gewühl. Hierzu musste ich mich jedoch einige steile Treppen hinunter begeben, die mich an Häuserfassaden und schlecht riechenden Abflüssen vorbei führten. Unten angelangt fühlte ich mich nun richtig angekommen. Ein Meer aus Shisha-Läden eröffnete sich vor mir, dessen liebliche Gerüche mich den Gestank von Abfluss vergessen ließen. Ähnlich wie in Vietnam reihte sich ein offenes Ladensystem nach dem anderen auf. Tausende Markisenhändler, Teppich- und Matratzenverkäufer, Waffen und Munition und unendlich viele Personen, die Vogelkästen mit sich trugen. "Wofür auch immer!" dachte ich mir, bis ich die zum Verkauf stehenden Taubenzuchten erblickte. "Na dann, guten Appetit!" Ich lief und lief und wunderte mich immer mehr über die Blicke, die an mir hefteten. Ja, okay ich war der einzige Tourist hier. Und auch die einzige weibliche weiße Person. Und irgendwie auch die einzige Frau, die in kurzen Hosen herumspazierte. War es nun einfach Amateurhaftigkeit sich nicht vorher in den Dresscode einzulesen oder vielleicht doch mutig, auch mal dem muslimischen Volk neue Moden für Temperaturen bei 28 Grad zu präsentieren? Ich weiß es nicht, jedoch wurde es mir nicht zum Nachteil ausgelegt wie ich 1-2 Mal feststellen durfte. Als mein Wasser ausgegangen war, bewegte ich mich in den nächst besten Kiosk um eine neue Flasche zu holen. Jedoch hatte ich nur einen 10 Dinir Schein darzubieten. Der Verkäufer machte mir klar, dass er nicht genügend Wechselgeld hatte und ich wollte schon ausgetrocknet weiter ziehen, da schenkte er mir die Flasche. Einfach so.    Gute Menschen hier.

Als ich das bunte Markttreiben verlassen hatte, gelangte ich in einen aufgeräumteren Bereich Ammans. Überall waren Markenläden sichtbar und an jeder größeren Fassade prangerten überdimensionale Samsung Galaxy Note Werbeplakate. Versuchen die nun hier noch mal ihr Produkt an den Mann zu bringen? Oder stimmt der Bericht des Postillion und der IS hat seine Wunderexplosionswaffe entdeckt? Fragen über Fragen, die mich während meines Erkundungstrips weiter bewegten, bis ich plötzlich vor einem römischen Amphitheater erstaunt stehen blieb. "Wo kommt dieses riesen Ding bloß her?" Es war mir bis dato nicht bekannt, dass sich das römische Reich bis hierhin ausgedehnt hatte. Für preiswerte 2 Dinir dürfte ich das Kolosseum betreten und die steilen Stufen dieser antiken Stätte erklimmen. Oben angekommen setzte mir meine Höhenangst schwer zu, doch musste ich zugleich hochprofessionell wirken. Eine Reihe jordanische Jugendlicher hatte sich zu einer Selfie-Session mit mir eingefunden. Der Star des Amphitheaters war somit klar und ich improvisierte in meiner neuen V.I.P.-Rolle tadellos. Als hätte ich nie etwas anders getan.

Am Abend war es nun endlich soweit meine GAdventure Gruppe kennenzulernen. Mit meiner Zimmergenossin Claire aus Irland hatte ich bereits Bekanntschaft geschlossen, hinzu kamen Holländer, Dänen, Briten, Belgier und ein Vin Diesel Verschnitt aus Kanada. Mit der lokalen Spezialität Falaffeln und einer Shisha-Runde beschlossen wir den Abend. Als ich Tourguide Abraham auf seine Einstellung zum Islam ansprach, teilte er mir unter Anwendung des Bieröffners mit: "I try to be a good muslim.. but i'm a bad muslim. Cheers!" Merke: in arabischen Ländern findet man keinen Alkohol auf Speisekarten. Und Freitag ist übrigens der arabische Sonntag. Morgens Stille, abends Halligalli. Wie werde mich in diesem System nur zurecht finden?