La cuenta, por favor!

Nicht nur, dass ich seit Antigua zum Frühaufsteher mutiert bin und meine durchschnittliche Aufstehzeit bei 5:30 Uhr liegt, seit Eintreffen in Mittelamerika beherrsche ich auch die deutsche Königsdisziplin namens Pünktlichkeit. Mit Bestnoten erscheine ich an jedem vereinbarten Treff- und Abfahrpunkt und kann sogar mit dem Bonus Überpünktlichkeit glänzen. Wie schade nur, dass der Rest der Nation in den zentralamerikanischen Modus "komm ich heut nicht komm ich morgen" gewechselt hat und ich auf die ewig zu späten warten muss. Zügig werde ich mir diese neuen Disziplinen wieder abgewöhnen, denn zu spät kommt man ja eh immer rechtzeitig!

In Granada, welches am Fuße des aktiven Vulkanes Mombacho liegt, gab es so einiges zu sehen. Neben riesigen Plazas und bunten, kolonialen Straßen, ist auch das gastronomische Gewerbe nicht zu verachten. In dem groß ausgelegten "Garden Café" begannen wir den ersten Morgen mit einem klassischen Rührei und kross gebratenem Speck und rollten anschließend Richtung Masaya Vulkan National Park weiter. Mit Hinweisen wie "Im Falle von Steinexplosionen, verschanzen sie sich bitte unter ihrem Auto" und "Akzeptieren Sie Risiken" erforschten wir ganz unerschrocken Flora und Fauna der Vulkanstein geprägten Umgebung und ließen uns auch nicht von Bildern einer Eruption des vorhergegangen Jahres beirren. Auf meine Frage nach einem Frühwarnsystem, erläuterte uns Alex, der Tourguide "Ja, das gibt es. Funktioniert hat es allerdings beim letzten Ausbruch nicht." Anhand dieser neuen Erkenntnisse ging es ganz unerschrocken weiter zum "brennenden Berg", wie ihn die indigenen Völker auch nannten und warfen einen Blick in den 635m tiefen Santiago-Krater, der sich uns umhüllt von viel Rauch präsentierte. Während der Wanderung am Höllenschlund, demolierte sich Jenny ihre Flip Flops, was uns unter anderem dazu bewog weiter zum nächsten gelegen Wochenmarkt zu kutschieren. Man bemerke an dieser Stelle, dass Nicaraguaner grundsätzlich ein kleineres Fußbett besitzen, weshalb die Auswahl des Schuhwerks begrenzt ist. So stellten wir die Händlerin vor eine ganz besondere Tagesaufgabe, als diese nach 10min immer noch keine Schuhgröße 39 in ihrem Sammelsurium ausfindig machen konnte und auch noch mit Neusortierung ihres Schuhwirrwarrs beschäftigt war, als wir den Markt verließen und zum nächsten Stopp unserer Reise aufbrachen. Töpfern in Nicaragua ist ein besonderes Handwerk, welches vorwiegend von männlichen Vertretern gerne ausgeführt wird. In einer Töpferwerkstatt wurde uns workshopmäßig die Kunst des Töpfern aufgezeigt und im Anschluss zum Kauf von selbst hergestellten Haushaltsgeräten geraten und beraten. Hier hätte man wirklich so manchen Schnick-Schnack für die moderne Küche erwerben können, doch mit der Klassiker-Ausrede "Sorry, we just have a Backpack", bei dem das handgemeisterte Gut doch nur zerbrechen würde, konnten wir uns noch einmal aus der Affäre ziehen und töpscherisches Allerlei im Regal belassen.

Nach diesen Anstrengungen ging es hoch zum Ausblick auf den Vulkansee und weiter in das danebenliegende Restaurant, welches uns wärmstens von unserem Tourguide empfohlen wurde. Erfreut über Meeresspeisen orderte ich die mich anlächelnde Fischsuppe, während uns Alex noch mal bestätigte, dass die Mehrwertsteuer auch ganz bestimmt schon im Preis enthalten ist. Genüsslich griff ich zum Löffel und nahm mir eine ordentliche Kelle aus dem "Teller", mit dem eine 6-köpfige Familie ernährt werden hätte können. Der leicht fade Geschmack wunderte mich zunächst schon ein wenig, während ich den Löffel an die Schwedin zum Probieren weiter reichte. "Uh...what kind of fish is this?" als sie das keulenartige Etwas mit dem Löffel an die Oberfläche der Suppe beförderte um dann festzustellen: "It's a Chicken!" Der Lacher des Tages war somit Programm und die Fischhühnchensuppe begleitete uns noch durch den ganzen Nachmittag. Leider auch die spätere Abrechnung im Restaurant, bei der wir alle mal wieder über den Tisch gezogen worden sind. Zum Preis auf der Speisekarte wurden uns zusätzliche Unkosten von Mehrwertsteuer und Service aufgerechnet, so dass wir am Ende einen fast doppelten Betrag zu Zahlen hatten. Diese gierigen Luchse!

Auf dem Weg zu unserem letzten Stop alias Bootstour, passierten wir eine Transvestiten-Parade, die uns im Stile von Kirmeszug und Gay-Pride zujubelte. Am Ablegeufer angekommen durchfuhren wir mit dem Boot noch einmal wunderschöne Wasserstraßen, besichtigten Monkey-Island und sichteten den magnikifanten Sonnenuntergang am Fuße des Mombachos.

Am späteren Abend ging es mit der ganzen Gruppe in nettes orientalisch geprägtes Etablissement, wo ich endlich meinen Gourmert-Fisch gerecht wurde und einen grandios leckeren Meerestieresalat gewürzt mit Chili und Ingwer verspeiste. Straßenbreakdance und ein einbeiniger Kriegsveteran begleiteten uns noch durch den restlichen Abend, wobei letzterer mit bösen Beschimpfungen und Verfluchungen in unsere Richtung für Unbehagen sorgte. Merkwürdige Stadt. Wirklich willkommen. Eher nicht.

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