Happy Hippo Time

Tag 6

Durchquert man die Verkehrsstrecken Südafrikas, sollte man sich so mancher Grundregeln des Straßennetzes bewusst werden. Linksverkehr wird auch in diesem Land, durch die Kolonisierung der Briten, aktiv gelebt, Straßen entsprechen nicht immer dem Asphaltstandard, welchen wir aus heimischen Gefilden gewohnt sind und an Tankstellen steht nicht immer der Rohstoff zur Verfügung, den man für sein Vehikel vorgesehen hat. So unterscheidet man hier zwischen einem Diesel "50" und "500", was übersetzt "dreckiges" und "sauberes" Diesel bedeutet. Vorteil an dieser ganzen Tankangelegenheit ist, dass man gar nicht selbst den Prozess durchführen muss, sondern dem Tankwart lediglich Betrag und Produkt nennen muss und dieser Arbeitsgang anschließend von einer Tankservicekraft durchgeführt wird. Die wiederum gewonnene Zeit kann man entweder zum Zuschauen der Vehikelbefüllung nutzen oder aber beim Window-Shopping (wahrscheinlich eine Ur-Form des Teleshoppings) aufbringen. Meist wird diese Vertriebstätigkeit von Kindern durchgeführt, die gewöhnlich eine Palette an Schmuckherrlickeiten und ein besonders mitleiderregendes Gesicht mit sich tragen. Einen besonders umsatzstarken Tag können eben solche Junior-Salesmänner verzeichnen, wenn sie auf einen, mit europäischen Bevölkerungsgruppen besetzten Bus treffen, deren Insassen mit ganz wenig Überzeugungskraft zum Portmonee greifen und die Kassen klingeln lassen. Ist es nun tatsächlich das aufrichtige Mitgefühl oder aber das eigene Gewissen, das man beruhigen möchte? Fakt ist, dass dieser Vertriebsweg seit Anbeginn der Tage noch immer der erfolgreichste ist und sich daran in Zukunft vermutlich auch nie etwas ändern wird. Was mach ich eigentlich mit den ganzen Ketten und Armbändern, wenn ich wieder zu Hause bin?!

An Tag 5 verließen wir das lieb gewonnene Swaziland und rollten weiter nach St. Lucia, welches sich an der Ostküste Südafrikas befindet. Unterwegs verloren wir trotz Navi kurzzeitig die Orientierung und mussten ein paar mal drehen und wenden um wieder das richtige Ziel vor Augen zu haben. löön und ich hatten an diesem Tag die Ehre in der Frontreihe Platz nehmen zu dürfen und uns der DJ-Tätigkeit anzunehmen. Toto's 'Africa' wurde hierfür aus der Archiv-Playlist aktiviert und auch so manch anderer On-The-Road-Klassiker durfte wieder hervorgeholt werden. 

Am Spätnachmittag erreichten wir die Hippo-Stadt St. Lucia und meldeten uns zunächst für einige Activities für die kommenden Tage an. Bevor wir uns auf den Nilpferdcruise begaben, galt es jedoch erst einmal die Zelte wieder aufzubauen. Ein Upgrade stand dieses Mal leider nicht zur Verfügung, was im Allgemeinen als äußerst bedauerlich befunden wurde. Die anschließende Bootfahrt erwies sich als absolutes Touristenmassenevent und man musste kurzzeitig das Event gänzlich in Frage stellen. "There is a yellow bird to your right side!" Kaum ausgesprochen rannte eine Herde Ü60 Kamerafetischisten zur Reling, so dass das Boot schon zu kippen drohte. Die vorwiegend deutschen und holländischen Rentner wiesen ein unvorstellbares Technikequipment vor, was mich kurz fragen ließ, ob wir vielleicht in eine Filmproduktion geraten waren. Startet das ZDF womöglich eine neue TerraX-Reihe in Afrika? Uns wurde das ganze Spektakel etwas zu absurd und so genossen wir einfach die Bootsfahrt bei untergehender Sonne, wobei wir zu jeder Zeit mit einer kaffeefahrtähnlichen Verkaufsveranstaltung rechneten. Die blieb uns jedoch erspart. Ein paar Hippos konnten wir tatsächlich auch erspähen, hoffen allerdings auf unserer morgigen Kayaktour auf ein wenig mehr Glück.

Zum Abschluss des Tages trat dann das schon fast unwirkliche Ereignis ein. Ein Moment voller Ergebenheit und Ehrfurcht. Es muss gewesen sein so wie damals, als Kolumbus das erste Mal Land sah oder James Cook australischen Boden betrat. Wir konnten unseren Augen nicht glauben, als wir die Buchstabenkette 'braza180' im Zeitlupenmodus eintippten und uns zwei weiße Balken visuell zu verstehen gaben, dass wir verbunden waren. Connected mit der Außenwelt! Wir mussten einen Moment innehalten um zu verstehen was da passierte. Doch viel Zeit blieb uns nicht. In 5 Minuten handelten wir alle Kommunikationstätigkeiten in Windes Eile ab um dann wieder in den Flugmodus zu gehen.

Wie muss es wohl Menschen gehen, die tagelang kein Essen gesehen haben, kein warmes Wasser kennen oder denen ein richtiges Dach über den Kopf fehlt? Und wie weit muss es gekommen sein, dass uns dieser Gefühlszustand schon beim Hinweis "Kein Netz" erreicht?

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