Min-Ga-La-Ba Myanmar!

Mit Air China fliege ich nicht mehr, so viel ist sicher. Schon das Aufrufen der Webseite für den Online Check-In hätte mich stutzig machen sollen, baute sich die, in den 90ern programmierte, Homepage in Modem-Geschwindigkeit vor mir auf. Eine halbe Stunde navigierte ich mich durch den Check-In-Prozess um am Ende das Ticket in analoger Form ausdrucken zu müssen. Eine bittere Enttäuschung, hatte ich die Wallet-App zur Verwaltung meiner E-Tickets mittlerweile doch sehr lieb gewonnen. Am Flughafenschalter präsentierte ich mein selbstausgedrucktes Dokument, was mir zugleich entwendet wurde. "Das schmeißen wir gleich mal in den Müll! Ich erstelle Ihnen ein neues Ticket." Verwundert blickte ich die Schalterdame an, die mir anschließend ein auf Lufthansapapier gedrucktes Ticket überreichte. Verstehen muss das keiner, meine Hoffnung nun doch in einer Lufthansamaschine zu sitzen, bewahrheiteten sich leider nicht. Schlimmer noch, bei Einnahme meines Sitzplatzes stellte ich entsetzt fest, dass jegliches Boardprogramm nicht verfügbar war. Ein LCD-Bildschirm fehlte gänzlich, was für einen 10-Stunden Flug nicht unerheblich ist. Auch mein letzter Hoffnungsschimmer, ein Printmedium in Form einer Tageszeitung als Alternativprogramm zu wählen, blieb mir aufgrund fehlender chinesischer Sprachkenntnisse verwehrt. So beschränkte sich mein Unterhaltungsprogramm auf das gute alte Fenster und einem Gespräch mit meinem Sitznachbarn, der sich als Volkswagen-Projektleiter vorstellte. Und dabei glaubte ich doch der VW-Konzern hätte durch Abgasskandale, Massenklagen und Milliardenverluste den Laden schon längst dicht gemacht... Nun denn, für ein Business Class Ticket reichte es auf jeden Fall nicht mehr. Während ich also detailliert die Prozesskette zur Herstellung einer Karosserie lernte, trudelte zwischenzeitlich das Essen ein. Zum Lunch reichte man chinesischen Wildreis mit Hühnchen, Gemüse und einer Schwarzwälder Torte on top. Zum Frühstück, um 5 Uhr morgens, folgten Nudeln, Schwein und Broccoli in einer braunen Sojasoße gebraten (Rebecca Dittmar ich sehe gerade deine Gesichtszüge entgleisen :D). Auch mir war dieses deftige Mahl eine Nummer zu hoch und so hielt ich mich an kalten Kartoffelsalat und eine Früchteauswahl. Nach 10 Stunden erreichten wir den chinesischen Flughafen "Chengdu", der nur als Stopover dienen sollte. Verwirrt irrte ich durch den Transit um meinen Anschlussflug nach Yangon zu finden. Dafür musste ich durch den Zoll und zurück an den Hauptschalter, wo mir und meinem Backpack ein neues Ticket überreicht und ich zudem mit einem roten Sticker am T-Shirt bestückt wurde. "Wofür auch immer der nun gut ist!?" fragte ich mich, nahm aber zugleich 5 weitere Personen wahr, die dieses Objekt ebenfalls auf ihrer Kleidung trugen. Wir boardeten sogleich und die Maschine mit den 6 Stickerbeklebten Personen, sowie 80 weiteren Passagieren hob planmäßig Richtung Yangon ab, um aber dann nur eine Stunde später wieder zu landen. "Huch, sind wir etwa schon da?" Das chinesische Handynetz, welches sich auf meinem Display präsentierte, ließ nicht darauf schließen. Dennoch wurden wir aufgefordert allesamt die Maschine zu verlassen. Verwundert sprach ich mit zwei stickerbeklebten Personen, die schon seit Frankfurt mit mir reisten, aber auch sie wussten sich keinen Rat. Immer noch rätselnd fing uns eine Dame im Empfangsbereich des chinesischen Flughafens ab und überreichte uns erneut Tickets mit der Aufforderung ihr zu folgen. Also marschierten wir 6 bestickerten Personen über den kompletten Flughafen hinter ihr her, um nach mehreren Kontrollen wieder an unserem Ursprungsgate und Maschine anzukommen. Und mit dieser 100-Passagiere fassenden Maschine hoben dann lediglich wir 6 Auserwählten wieder ab. Wirklich nachhaltiges Reisen kann man das wahrhaftig nicht mehr nennen! Und was das ganze verwirrende Prozedere im Vorfeld sollte, erschloss sich uns auch nicht. Zumal kein einziger Hinweis über einen weiteren Zwischenstopp in China auf unserem Reisepapieren dokumentiert war.

Im Anblick eines Platzregens erreichten wir Myanmar und somit Yangon. Jonathan und ich fanden uns über Umwege am Flughafen wieder und mussten dafür nur ca. 15-Mal durchgescannt werden. Die hohen Sicherheitsmaßnahmen, die im Transitbereich noch an den Tag gelegt wurden, sollte sich bereits wenige Meter später in Luft aufgelöst haben. Unser Taxifahrer verlor während der Fahrt und des andauernden Regens seinen Scheibenwischer, was ihn zum Stehen, mitten auf dem burmesischen Highway, zwang. Er sprang mit dem Schirm aus dem Auto und suchte zwischen vorbeifahrenden Automobilen das verlorene Wischblatt. Fand es natürlich nicht und fuhr uns weiter Richtung Hotel. Schon unterwegs passierten uns Karosserien mit Ladefläche, auf denen feiernde Myanmarnesen ihr eigenes Neujahr zelebrierten. Es nennt sich auch Wasserfest und wird von gefüllten Wassereimern begleitet. Für einen Erstanklömming im Land fühlte sich Myanmar dadurch erst mal so an: Die schwülen Temperaturen legen sich klebrig auf die Haut, während man den Geruch von Abfluss, der teilweise unbedeckten Kanäle, in sich aufsaugt und den umliegenden Dreckflächen versucht auszuweichen. Das drängt einen wiederum nahe genug an den Straßenrand, an dem man im Stile von einer Ice-Bucket-Challenge nicht unverschont bleibt und von vorbeifahrenden Fahrzeugen mit Wassereimern befeuert wird. Ein erster Kulturschock, der am Abend mit einem myanesischem Bier überwunden werde musste. Mittlerweile konnten wir den Rest der Gruppe kennenlernen, der sich vorwiegend aus Deutschen, Schweizern, Kanadiern und Briten zusammensetzt. Eine altersmäßig bunt gemixte Truppe, die nach dem ersten gemeinsamen Essen und Kennenlernen, Spaß verspricht. Heute morgen geht es bereits um 7:30 Uhr zum Golden Rock. Ausschlafen ist wie immer nicht und das Wasserfest wird heute seinen eigentlichen Höhepunkte erreichen. Ich mache mich auf alles gefasst und verabschiede mich schon mal von der Vorstellung den Tag unbeschadet zu überstehen. Andere Länder, andere Sitten.. Willkommen in Myanmar!

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