SG Ecuador - TSV Fleisbach

"Just one drink." schallte es noch in meinen Ohren, als wir die ersten 300 Meter in den Anden zurücklegt hatten und ich vor Müdigkeit und Dehydration am liebsten im Gras umgefallen wäre. 14 Kilometer auf 3.500 Meter Höhe standen uns bevor, doch die Nachwirkungen des Abends zuvor waren noch tief im Körper verankert. Warum musste es auch immer gleich eskalieren, wenn man nur für ein Endgetränk irgendwo einkehren wollte? Zum Glück blieb es bei einem 3 Kilometer Anstieg, doch der Rest der Route war nicht weniger anspruchsvoll. Steil bergab führte der vernebelte Pfad durch hohes nasses Gras und tiefen Schlamm. Einer nach dem anderen legte sich auf die Nase und wurde dem Motto "Hauptsache gut aussehen" wenig gerecht. Nach 5 Stunden Dauer-Kniebelastung erreichten wir endlich das Camp, dass uns ein Zeltlager, ein Klohäuschen und ein Außen-Waschbecken offerierte. Doch mit der Wanderung war es nicht getan. Das Abendessen mussten wir uns auf der Forellenfarm selbst angeln. Und weil wir dann immer noch so viel Zeit bis Sonnenuntergang hatten und aufgrund von nicht vorhandenem Wifi, Spielkarten oder sonstigem Entertainment gerade etwas Puffer aufweisen konnten, nahmen wir sogleich die Einladungen des lokalen Fußballteams an, für ein kurzes Match anzutreten. Mit einem Truck wurden wir von dem Camp in das nächst gelegene Bergdorf manövriert, welches unter einfachsten Bedingungen lebte, jedoch einen Kunstrasen mit Flutlicht aufweisen konnte. Schnell versammelte sich die gesamte Dorfjugend, sowie neugierige Rentner und interessierte Mütter am Spielfeldrand. Wir waren uns wahrhaftig nicht bewusst wem oder was wir uns da gegenüberstellten, wollten wir doch eigentlich nur ein bisschen kicken. Dem lokalen Fußballclub war die Sache jedoch so ernst, dass noch ein Schiedsrechter, sowie gelbe Hemdchen organisiert wurden und das Team von 18-20 jährigen Jungs mit kompletter Fußballmontur innerhalb weniger Minuten vor uns stand. Wir dagegen ein zusammengewürfelter Haufen, in Wanderbekleidung und Bergschuhwerk, noch völlig atemlos von der Wanderung. Den TSV Fleisbach komplettierte Victoria (Kanadiern, Torwart) Patrick (Brite, Defensive) und Harry (Inder, Offensive). Und dann ging es auch schon los. Im schönsten Bergpanorama und in 2.800 Meter Höhe wurden wir vor auswärtiger Kulisse in Grund und Boden gespielt. "Die sind so schnell, da komme ich gar nicht erst in den Zweikampf!" stöhnte Sissy nach wenigen Minuten. "Meine Blutgrätsche brauche ich hier gar nicht erst auszupacken, da sind die schon längst über alle Berge!" stimmte ich atemlos ein. Jeder Pass, jedes Zuspiel saß perfekt. Hinten rum, über die Außen, brasilianisch durch die Mitte, - wir waren chancenlos. Mit 12:0 gingen wir in die Halbzeitpause und konnten nur anerkennend eingestehen, dass wir gegen dieses eingespielte Team keinen Krieg gewinnen würden. Doch es gibt immer noch eine Taktik und so stellten wir zur zweiten Hälfte komplett auf Defensive um und spielten auf volle Manndeckung. Durch geschickte Konter raunte es immer wieder durch die Zuschauermengen und als wir den ein oder anderen Abschluss am gegnerischen Tor fanden, jubelte uns die Menge zu. Ein Tor fingen wir noch, aber wir hatten uns den Respekt des Bergvolkes erarbeitet. Mit Fair Play und einem gemeinsamen Foto verabschiedeten wir uns aus dem Dorf und kehrten wieder in unser Zeltlager zurück, um später todmüde und ungeduscht auf die Matratzen zu fallen.


Die Nacht war unruhig und laut. Der anliegende Wasserfall, bzw. die Strömung erbrachte die Lautstärke eines Gewittersturmes und wir kamen nur sehr spärlich zu Schlaf. Am nächstens Morgen marschierten wir nach einem Bio-Frühstück (frische Eier, frisches Obst und selbst gebackene Brötchen) gleich weiter. Zunächst passierten wir kleine Bergdörfer und Hunde-Gangs, die uns bellend und fröhlich begrüßten. Inzwischen war der Himmel aufgeklart, wodurch wir die nähere Umgebung in Gänze in Augenschein nehmen konnten. Der weitere Weg wurde zur nächst größeren Herausforderung. Lianen bewachsene Pfade, viel Wurzelwerk und Stolperfallen. Wasserfälle mussten überquert und durchwandert werden, tiefe Sumpfgebiete erstreckten sich meterweit vor uns. Wir sahen aus wie die letzten Schweinchen! Allesamt beklagten wir Muskelkater im Ganzkörperbereich. Die Jammerei war kaum zum Aushalten. "Es wird Zeit für die heißen Quellen!" warf Löön mehrfach ein. "Aber erst wollen wir noch Zip-Linen!" korrigierte Kristin. "Oh ne, das ist doch schon wieder was mit Höhe!" heulte ich. "Also ich will auf jeden Fall noch mal in die bunten Läden." ergänzte Sissy. Der Tag hat jetzt noch wenige Stunde und ist schon wieder komplett durchgeplant. An eine Ruhephase ist einfach nicht zu denken. Vamos Amigos! 





Oh my Business!

Ganz gut ist ja schon mal, dass wir einen amerikanischen Notfallarzt und eine kanadische Krankenschwester mit on Tour haben. Und eigentlich wollte ich den Blog auch heute etwas entdramatisieren. Nachdem der Arzt jedoch beim Abseilen mehrfach mit der Felswand kollidiert war und dabei obendrein seine schweineteure High-End Samsung Watch in den Tiefen des Wasserfalls verlor, kann ich mich auch diesmal nicht harmlos fassen. 


Wer hatte überhaupt schon wieder diese Schnapsidee gehabt wieder irgendetwas mit Höhe zu machen?! Irgendwann schickt (*reicht) es auch echt mal! In einen Neoprenanzug gequetscht marschierten wir den steil bergauf führenden Berg nach oben. Bereits nach 2 Minuten fragten wir uns ernsthaft, ob wir je im Leben schon mal Sport gemacht hatten. Der Anstieg war atemraubend und forderte all unsere Kraft, noch vor der eigentlichen Aktivität. Lediglich Kristin flitzte ohne jegliches  Gefühl von Anstrengung den Berg hinauf. Oben angekommen hätte ich am liebsten eine direkten U-Turn durchgeführt, blickten wir auf einen tief hinab stürzenden Wasserfall mit Felsvorsprüngen hinab. "Davon gibt es während des Abseilens 4 Stück." erklärte der trainierte Tourguide Gonzales. "7, 12, 24 und 30 Meter." Ich hätte mich am liebsten übergeben. Im gedämpften Rausch des Wasserfalls erläuterte Gonzales weiterhin wie der Abseilmodus durchzuführen war und sprang nur wenige Minuten später den Vorsprung hinunter. Somit waren wir bereits im ersten Abschnitt völlig auf uns allein gestellt, ohne jemals ein Seil im Trockenmodus angepackt zu haben. Wackelig und übervorsichtig hakte sich jeder nach der Reihe ein und schlitterte mehr oder weniger im Slo-Motion-Modus den ersten Felssprung hinunter. Geprüft, ob man wirklich TÜV-konform gesichert war, fiel wegen fehlendem Personal diesmal aus. Lediglich Gonzales und Gabriel überwachten die 11-köpfige Truppe, die sich unsicher die Wand hinunter bewegte. Cayoning soll angeblich ganz einfach sein. Man lässt sich angeseilt ganz easy peasy nach hinten in die Senkrechte fallen und arbeitet sich dann breitbeinig Schritt für Schritt die Wand hinunter. Also, das gilt natürlich für den Normal-Bürger, - nicht für mich. Völlig überfordert und angespannt verkrampfte ich mich in dem Seil, als würde mein Leben daran hängen. Hing es doch auch, oder? Gonzales ermahnte mich immer wieder zurückzulehnen, aber den Teil wollte ich einfach nicht verstehen. Physikalische Gesetze hin oder her, ich hing an einer scheiss Wand, die meterweit in die Tiefe stürzte. Glitschig, feucht, und immer dieses nachströmende Wasser, das einen fast zu Boden riss. Ich verkrampfte noch mehr und das Seil schnitt tief in meine Hände. Panik überflutet wurde mir zur Hälfte der Felswand bewusst, dass der Point-of-no-Return erreicht war. "Entweder du stürzt jetzt ab oder du ziehst das jetzt durch!" ermahnte ich mich immer wieder. Von unten hörte ich Rufe, von oben schrieen Leute, doch ich verstand kein Wort. Der reisende Wasserfall verschluckte jegliches wahrnehmbare Geräusch. In meiner Panik, befürchte ich auch noch den gesamten Abseil-Betrieb aufzuhalten. Doch es ging einfach nicht schneller und ich musste immer wieder innehalten, unter anderem um mir zu sagen wie bescheuert ich doch gewesen war mich für diese Aktivität angemeldet zu haben. Hätte man nicht einfach wandern können? Oder schwimmen? Schwimmen wurde doch da unten in den thermalen Quellen angeboten. Nein, es musste ja dieses bescheuerte Canyoning sein! Meine Pumpe lief auf Hochtouren und ich konnte mich vor Schmerzen kaum noch in den Seilen halten. "Gleich stürz ich ab! Es geht einfach nicht mehr!" Dann endlich der Boden. Gabriel enthakte mich und ich fiel Löön unter Tränen in die Arme. Meine Hände ich Schocktstarre, nicht mehr beweglich und blau angelaufen. Nancy musste meine Finger minutenlangen massieren, damit diese wieder arbeitsfähig wurden. Völlig aufgelöst starrte ich in die Höhe in der sich mittlerweile der Arzt und Brad bewegten. Der Arzt war genauso langsam wie ich und bekam das mit dem Zurücklehnen nicht auf die Kette. Dabei verhedderte er sich so unglücklich, dass er mehrfach mit der Wand kollidierte und auch Brad mit runter riss. Beide manövrierten sich mit aufgerissenen Neoprenanzügen mehr schlecht als recht das restliche Wandstück hinunter. "Das war übrigens Wasserfall Nummer zwei" merkte Gonzales lächelnd an. "Die zwei hohen kommen dann jetzt noch!" Innerlich starb ich in diesem Moment. Ich hätte alles getan um umkehren zu dürfen oder einfach nur in meinem Elend sitzen zu bleiben. Doch ich hatte keine andere Wahl als weiter durchzuziehen. Wir waren ein Team und meine drei Gefährten taten das was ein Team ausmacht. Kristin, Sissy und Löön pushten und feuerten mich bis zum letzten Meter an und ließen mich nie aus den Augen. Wir schafften es alle hinunter und keiner blieb auf Strecke. Was ein surreales Erlebnis und was für eine unwirkliche Erfahrung. Zeit für Verarbeitung der Geschehnisse bleibt so gut wie keine. Wir sind ständig auf dem Sprung, denn ein Ereignis jagt das nächste. Auch gerade jetzt schreibe ich im absoluten Stressfaktor die letzten Zeilen, da wir in 5 Minuten zur 2-tägigen Wanderung aufbrechen. Daher bitte ich Rechtschreib- und Grammatikfehler zu verzeihen. Vamos Amigos!



Welcome to the Jungle!

Blutige Mosquitostiche, krebsroter Sonnenbrand und ein blaues Fleckenmeer zieren unsere Körper. Kristin beklagt außerdem einen halb gebrochenen Zeh, während ich im Knie- und Handbereich starke Prellungen zu vermelden habe und der Rest mit Gankörperschmerz zu kämpfen hat. Was war geschehen?

Mit Sack und Pack marschierten wir am Sonntag zur Bushaltestelle und warteten auf unser Transportmittel nach Teña. Der Bus erwies sich als äußerst komfortabel und stand einem Flixbus-Modell an Sauberkeit und Beinfreiheit in nichts nach. Anstatt eines medialen Angebotes wurde der Blick auf das Hochgebirge Ecuadors mit Untermalung lateinamerikanischer Klänge auf 5 Stunden Fahrtzeit geboten. Zudem sprangen im 15-Minuten Takt immer wieder Händler auf, die sich mit lokalen Erzeugnissen durch den schmalen Gang bahnten, um hausgemachte Kartoffelchips, Bananen, Eis und Orangen an den Mann zu bringen. "Hier kann man ja noch net mal Sudoku machen!" reklamierte Löön, als der Busfahrer zur Halbzeit des Trips seinen Fahrstil änderte und vom Eco auf den Speed-Modus wechselte und uns durch serpentinenförmige Abfahrten, entlang abschüssiger Straßenverhältnisse kutschierte. Die desolate Fahrweise lies keine Sperenzchen wie lesen oder schreiben zu, weshalb wir uns ganz auf die Außenumgebung konzentrieren konnten. Auffällig wenig Müll und Plastik waren an den Straßenrändern zu sehen, - nein sogar kleine, selbstgezimmerte Recyclingstationen konnten von Ort zu Ort vermeldet werden. Ein Dorf war nicht größer als 2-3 Hütten, die vor ihrem Haus über einen Baumstamm mit angebrachtem Stromzähler verfügten. Der Fortschritt macht auch in Ecuador vor nichts Halt!

Am frühen Nachmittag erreichten wir Teña, wo uns 33 Grad und eine Luftfeuchte von 70% entgegen schlugen. Die erste Wandereinheit samt Backpack und Zubehör stellte uns vor die erste große Herausforderung, die 5 Blocks bis zum Hotel zu bewältigen. "Wie soll unser Körper nur mit diesen Temperaturunterschieden klar kommen?" klagte ich atemlos, "bis heute Abend erwarte ich einen kompletten Systemabsturz."

Nur mit dem Nötigsten (Sporthose, Top, Bikini, Go-Pro) schritten wir nach einer kurzen Erfrischungspause weiter und fuhren zum ersten "kleinen" Abenteuer "Waterfall-Hiking", für das wir uns spontan angemeldet hatten. Völlig unvoreingenommen, was uns hier erwarten würde, stellte uns Hiking-Guide Ronaldo jedem ein Paar Gummistiefel bereit und leitete uns dann durch den Dschungel. In einem Affenzahn hechteten wir hinter Ronaldo her, der an diesem Tag wohl einen neuen Weltrekord im Dschungel-Sprinten aufstellen wollte. Über Bambus, riesige Baumwurzeln, entlang von Lianen und gewebter Spinnennetze bahnten wir uns den Weg bis zum Wasserfalleinstieg. Was uns hier erwartete glich bereits meiner naiven Vorstellung von Canyoning. Nur ohne Helm und Sicherung. Wir arbeiteten uns mehrere Felsvorsprünge mit entgegen fließendem Wasser nach oben, trotzten Matsch und der unheimlichen Gewalt von herabstürzendem Wasser, das uns ins Gesicht schlug. Und das alles in einer Geschwindigkeit, die mir bis dato nicht bekannt war. Vor lauter Konzentration und dem Druck Schritt zu halten, blendete ich scheinbar alles um mich herum aus, auch den stechenden Schmerz, den ein Insektenwesen auf meinem Oberarm verursachte. Mit einem festen Schlag, den ich völlig aus dem Nichts verspürte, drehte ich mich erschrocken um, um Carlos zu erblicken, der das Tier auf meiner Haut getötet hatte. Entgeistert blickte ich auf das Blut, das meinen Arm herunter strömte. Nur ein kurzer Moment des Innehalten, dann ging es auch schon weiter. Nach gefühlten 15 Felsvorsprüngen, die wir uns mit einem Seil hoch robben mussten, erreichen wir endlich den großen Wasserfall. - So starke Armmuskeln hatten wir selbst nach einem Krafttraining bei Martin noch nicht erlebt! Zurück führte der Weg durch dichten Dschungel, steil bergauf und erneut in einer Rekordgeschwindigkeit, die Verbandsliga-würdig erschien. Der Bänderiss-gefährdende Weg blieb bis zum Schluss gefährlich, waren die Pfade eng, bewurzelt, tiefgründig und matschig. Sissy und Kristin schlitterten durch den Dschungelmatsch und auch ich knickte zweimal über einer getarnten Wurzel unglücklich um. Mit Schrammen und blauen Flecken am ganzen Körper verteilt, beenden wir die erste Trainingseinheit im Regenwald. Ein absolut empfehlenswertes Abenteuer, dass man unter keinen Umständen bei einem Besuch in Teña auslassen sollte!

Nur ca. 16 Stunden später standen wir bereits wieder in den Startlöchern, um die nächste Einheit "White Water Rafting" in Angriff zu nehmen. Schlauchboot, Paddel und Go-Pro wurden in den nächsten 5 Stunden unsere besten Freunde, als wir den Gletscherfluss über Stromschnellen herunterjagten. Mit den Kommandos "Forward", "Backwards", "Stop" und "Inside" paddelten wir um unser Leben und wichen Felsvorsprüngen, Strudeln und meterhohen Wellen aus. Mehrfach stürzten wir gewollt wie ungewollt aus dem gelben Schlauchbot und gaben uns dem eiskalten, aber auch sehr erfrischendem Gletscherwasser hin. Besonders die Rettungsaktionen verursachten Knieschäden, sowie Handprellungen bei allen Beteiligten. Doch es war die Sache mehr als wert. In einem selten gleichen Bergpanorama im schönsten tropischen Gefilde, wurde das Rafting-Erlebnis zum absoluten Highlight gekürt. Die 5-stündige Paddeleinheit inkl. Mittagessen am Strand (Fajitas ... lecker!) lies uns zeitweise übermütig werden und Experimente, wie barfuß über das Schlauchboot balancieren, durchführen oder die wechselnde Frontfrau in einem unbedachten Moment vom Boot stoßen. Kollateralschäden blieben hierbei nicht aus. So rammte ich einmal mein Paddel in Kristins Zeh und bekam dafür wenig später einen Tritt in die rechte Gesichtshälfte, als unser Rafting-Guide rückwärts ins Boot stürzte. Erst später an Land konnten wir die Ausmaße und Schmerzen im Detail wahrnehmen. Schon vor der der Fahrt hatten uns Insekten im Fußbereich blutig zerstochen und die Sonne am Äquator hatte zudem, trotz 50er Sonnencreme, ihr Nötiges auf der Haut dazu beigetragen, diese in einem Hummer-Rot zu färben. Durch die Färbung wurden jedoch die blauen Fleckenteppiche, die sich über Knie und Oberschenkel verteilten, gut übertüncht und sorgten erst am späten Abend für einen Doppelschmerz, der in einem Gemisch aus Fenistil, Voltaren und Aprés-Sun bearbeitet werden musste. "Wenn ich noch einen Monat länger mit euch unterwegs bin, bin ich tot." merkte Kristin an und wies auf ihren bandagierten Zeh. "Ich erst recht." jammerte ich humpelnd am Billardtisch herum. "Es wird nicht schlapp gemacht!" ermahnte Löön, "Das hier war erst der Anfang!" Und Sissy machte sich bereits mit den weiteren sportlichen Optionen vertraut. "Also wenn wir morgen in Baños anreisen und zeitlich alles gut kombinieren, könnten wir Canyoning, Zip-Lining und Rafting Level 5 innerhalb von 2 Tagen abfrühstücken."

In diesem Sinne, Glück auf und Vamos Amigos!






Die Mitte der Welt

"Kaffee, Tee, Wasser, Cognac oder Baileys?" fragte uns die Lufthansa-Stewardess, nicht ahnend welche Konsequenzen dies für die gut sortierte Boardbar haben sollte. Sofort griffen wir beim Kaffeelikör freudig zu und Kristin lies es sich nicht nehmen, die Boardküche noch weitere Male für Nachschub zu besuchen. "Brigitte, der Bailey ist schon wieder leer, ich brauch noch mal ne Flasche!"

Wir waren am frühen Morgen pünktlich, vollzählig und Gepäck vollständig von Herborn nach Frankfurt gestartet. Ein Ereignis, dass man sich schon mal mit Rot im Kalender markieren kann. Gut vorbereitet und auf Initiierung von Löön breiteten wir vor dem Sicherheits-Check unser Frühstück in der Lounge aus. Neidische Blicke der Nachbarn fuhren über unser reichhaltiges Menü, bestehend aus Sektflaschen, diverser Korting Spezialitäten, Brötchen, Senf und Rohkostmaterialien. Das wursthaltige Buffet wurde später in die Eitzenhöfer-Tüte verpackt und mit an Board genommen. "Der kleine Hunger kommt bestimmt." merkte Löön an.  Auf unserem 11-stündigen Flug zum Zwischenstopp nach Panama, herrschte in Reihe 39 ein Bild der Kontraste. Kristin und Sissy im Alaska-Modus, gut verpackt in Fleece, Decken und Kissen, frierend und mit Zähne klappernd, kaum in der Lage sich von ihrem wärmenden Plätzchen zu entfernen. Und auf der Sonnenseite des Flugzeugs,  Löön und ich, im T-Shirt sitzend, euphorisch und  fasziniert von dem überwältigenden, multimedialen Angebot was uns diese Maschine zu offerieren hatte und welches wir in der kurzen Flugphase nicht in Gänze durcharbeiten konnten. Von Panama führte uns noch ein kurzer Flug von 2 Stunden nach Quito. Auch hier lief alles wie am Schnürchen. Ohne lange Gepäckwartezeit ergatterten wir en-demand ein Taxi, welches uns für wenig Geld in unser Hotel in der Innenstadt brachte.

"It's not finished yet." Löön verteidigte am nächsten Morgen ihren gefühlten fünften Teller vehement, als ein übereifriger Hotelmitarbeiter bereits abräumen wollte. Das reichhaltige Büffet, inklusive lokaler Köstlichkeiten überwältigte uns und lies Gourmetherzen höher schlagen. Fun Fact: Sissy könnte Löön auf dieser Reise den Rang als beste Esserin ablaufen. Wer hätte das gedacht?!

An unserem ersten und einzigen freien Tag in Ecuador erkundeten wir mit unserem engagierten Taxifahrer die Hot Spots Quitos. Für läppische 50$ kutschierte uns der Ecuadorianer 5 Stunden lang durch Quito und wartete geduldig an jeder Sehenswürdigkeit auf uns. Ohne ihn wären wir vermutlich, wie viele tausende andere Touristen auch, lediglich an dem Äquatormonument und der Hauptsehenswürdigkeit "Mitad del Mundo" gelandet, die die Mitte der Welt, den Äquator, markiert. Tatsächlich wird der unaufgeklärte Mainstream-Tourist jedoch für 3,50 $ Eintrittsgebühr um 240 Meter "betrogen". Die echte und mit GPS ausgemessene Mitte der Welt liegt gut versteckt und wesentlich unprominent platzierter, in einem kleinen, unscheinbaren Hof. Dank unseres (nur spanisch sprechenden) Taxifahrers durften wir das echte Mysterium "Äquator" erleben, das uns mit viel Hingabe von einer Ecuadorianerin erläutert wurde. Die Äquatorlinie, die Nord- und Südhalbkugel voneinander trennt, ist zwar nur 10-15cm breit, wirkt sich jedoch einschneidend auf unseren Alltag aus. Beispielsweise wiegt man am Äquator ein ganzes Kilo weniger. Zudem ist man in der Lage die Himmelskörper der Nord- und südlichen Hemisphäre gleichzeitig zu sehen (z.B. den großen Wagen und das Südkreuz). Es herrschen außerdem keinerlei Jahreszeiten in der näheren Umgebung des Äquators. In einem sehenswerten Wasserexperiment führte uns die Ecuadorianerin außerdem beeindruckend vor wie sich das abfließende Wasser durch ein Becken mit Abfluss bewegt. Auf der Äquatorlinie fließt das Wasser direkt herunter. Stellt man das Becken ein paar Meter weiter in den Süden, bewegt sich das Wasser im Uhrzeigersinn den Abfluss hinunter. Und wer hätte es für möglich gehalten, im Norden fließt das Wasser in entgegengesetzter Richtung abwärts. Viele weitere Phänomene wurden uns im Freilichtmuseum "Intiñan" aufgezeigt, ein Besuch der sich für 2$ mehr als bezahlt machte!

"Das ist hier aber auch net so ganz transparent gelöst." merkte Löön noch einmal an, als wir uns von dem Fake-Äquator- Monument weiter bewegten, welches wir uns dann doch noch mal anschauten. Man möchte gar nicht wissen wieviele Menschen sich am Tag breitbeinig über der vermeintlichen Äquatorlinie für ein Foto postieren und tatsächlich 240m entfernt auf der Nordhalbkugel stehen. Amateure! ;-)
Unser gütiger Taxifahrer brachte uns außerdem zu einem Vulkankrater, der sich über mehrere Kilometer als Tal vor uns erstreckte. Zu guter letzt setzte er uns in der Old City Quito ab, die als UNESCO-Weltkulturerbe ausgewiesen wurde, sich unseres Erachtens aber nicht dafür qualifiziert hatte. Vielleicht lag es auch an dem unbeständigen und nieselnden Wetter oder an den vielen Abgasschleudern, die uns mit schwarzer, dicker Feinstaubluft passierten. "Ne grüne Plakette kennen die hier auch nicht!" stellte Kristin hustend fest, während Sissy noch die vielen, sich zu Fuß durch die Autostaus bewegenden "Verkäufer" begutachtete, die inmitten von Smog und Abgase ihre Orangenernte und Meloneneis akquirierten. "Das ist ja praktisch. Stell dir das mal bei uns vor, da müsstest du gar nicht mehr in den Rewe gehen."

Am späten Abend lernten wir noch unsere insgesamt 11-köpfige Gruppe, bestehend aus Briten, Kanadier, Amerikanern, Indern, Griechen, Serbiern und unserem Tourguide Carlos kennen, die auf den ersten Eindruck sehr kompatibel erscheinen. Ansonsten ist festzuhalten, dass noch niemanden etwas größeres zugestoßen ist, mit Ausnahme Kristin, die schon zweimal mit der Aufzugstür, sowie einem Betonblumenkübel kollidiert ist. Sissy hält derzeit den Essensrekord, während Löön immer noch vom Äquatorphänomen geflasht ist und ich bereits mit der Höhenkrankheit kämpfe und nach 100 Meter normalen Gehweg völlig außer Atem bin.

Heute geht es weiter nach Tena im sogenannten "public bus". Vamos Amigos!




Good to go - Multisport in Ecuador

"...und dann fährt die halbe Mannschaft auch noch nach Ecuador! Leute, wenn das so weiter geht, könnt ihr das Ziel Klassenerhalt abhaken!" Die Rüge unseres Trainers traf uns hart, hatten Löön und ich die Reise nach Südamerika bereits im Februar gebucht, wo an einen Aufstieg in die Gruppenliga noch lange nicht zu denken war. "Eine neue Liga ist wie ein neues Leben" - und Urlaube während der laufenden Saison somit gestrichen. Ok verstanden, aber leider zu spät. Eine Stornierung der Reise war absolut ausgeschlossen, hatten wir eine Reiserücktrittsversicherung diesmal aus Kostengründen gar nicht erst abgeschlossen. Außerdem fieberten wir dem Multisport-Trip schon seit Wochen entgegen. Vielleicht war es auch ein Fehler die Teamkolleginnen Kristin und Sissy für die Reise "heiß zu machen", die im Sommer noch nachbuchten und jetzt ein mittelgroßes Loch im defensiven, sowie offensiven Mittelfeld hinterlassen. Dass uns in den letzten Spielen auch noch der gesamte Sturm, sowie die halbe Abwehrkette und zu guter letzt auch noch die Torfrau aufgrund von Verletzungen wegbrach und unsere Mannschaft nur noch einem Invalidentrupp gleicht, hätte man sich in seinen schlimmsten Albträumen nicht ausmalen wollen. Gedankliche Notiz: "Es wird nur noch in den Winterferien verreist!"

Die Reise auf die südamerikanische Halbkugel ist an Abenteuer und Adrenalin kaum zu übertreffen. Auf den Spuren von Alexander Humboldt werden wir die vielfältige Flora und Fauna Ecuadors größtenteils im sportiven Modus erleben, erwarten uns Aktivitäten wie White Water Rafting, Canyoning, Mountainbiking, Zip-Lining, Wandern und vieles mehr. Der relative kurze Trip von 9 Tagen (schönen Gruß an die Umwelt, dass wir dafür ein Flugzeug besteigen!) ist gespickt mit einem Highlight nach dem anderen und wird uns zudem durch ein Land der Extreme führen. Wirt starten in der höchstgelegenen Hauptstadt der Welt "Quito", die sich in einem 2.850 m hohen Becken der Anden befindet und uns allein deshalb vermutlich schon in die Knie zwingen wird. Weiter geht es in den Dschungel und nach Tena, wo uns Temperaturen von 22° und eine Luftfeuchte von 78% erwarten. Nachdem wir den wilden Fluss Rio Jatunyaku im umliegenden, üppigen Nebelwald erkundet haben, führt der Weg weiter nach Banos. In Banos herrschen laut Google aktuell Temperaturen von 4° und eine Luftfeuchtigkeit von 100%! Eine Vorstellung, die nicht vorstellbar ist. Sissy, lass das Glätteisen doch zu Hause...! Sofern wir in Banos alle Höhen- und Tiefen-Aktivitäten überstanden haben, wird sich im Llanganates Nationalpark zeigen, ob unsere körperliche Fitness, die wir über Wochen und Schweißperlen hinweg unter Beobachtung von Muskel-Martin antrainiert haben, für eine 30 Kilometer lange Wanderung über zwei Tage ausreichen wird. Und sollte das noch nicht genug sein und wir immer noch nicht den Sportrucksack, samt Multifunktionswäsche, Trinkblase und Schweißbändern über den Amazonas geworfen haben, präsentiert sich zum Ende der Tour noch der aktiv brodelnde Vulkan Cotopaxi vor uns, dem wir uns mit einem Mountainbike stellen wollen/dürfen/müssen. "Wenn ich jetzt noch mal genau drüber nachdenke Löön, wo war eigentlich der Teil mit dem Urlaub?" "Hier, Juli." und Löön fährt mit ihrem Zeigefinger auf einen kleinen, kaum lesbaren Paragraphen, der im letzten Teil der Reisebeschreibung in Times New Roman, Schriftgröße 6 zu lesen ist: Thermale Quellen. Zeitfenster: 2 Stunden. "Ach so...gut."

Ecuador - ein Land das kaum in der Nachrichtenpresse behandelt wird oder durch irgendwelche gravierenden Ereignisse in Erscheinung tritt. Trotz alledem uns allen bekannt durch die Galapagos Inseln und der damit einhergehenden Evolutionstheorie, sowie den bekannten und unbekannten Naturforschern Charles Darwin und Alexander Humboldt. Wir werden sehen und erleben was uns dieses Fleckchen Erde am Äquator zu bieten hat und welche Überraschungen uns dort erwarten werden. Entscheidender Faktor wird sicherlich auch die unfassbare Kombination "Viererkette", bestehend aus den Reisenden Löön, Kristin, Sissy und mir sein, bei der unglaubliche Vorkommnisse und absolut abwegige Geschehnisse vorprogrammiert sind. Bereits beim Ausfüllen des Online-Formulars scheiterten wir hilflos am benutzerunfreundlichen Frontend der GAdventure Webseite, wodurch kurzerhand unsere Flugroute nach Florida und ins Hurricane-Krisengebiet verändert wurde. Nur mit Hilfe der amerikanisch sprechenden Hotline, konnte der Fauxpas rückgängig und der Zwischenstopp auf Panama City korrigiert werden. Auch am Check-In Prozess scheiterten wir kläglich, da das gesamte Lufthansa Netzwerk, sowie sämtliche Server zusammengebrochen waren und eine Verbindung mit dem Webinterface über Stunden hinweg fehlschlug. Wo wir tatsächlich landen und ob wir vollzählig, Gepäck-vollständig und unbeschadet ankommen werden, steht somit völlig in den Sternen.

In diesem Sinne, let the journey begin...

// Leser, die sich für diesen Artikel interessierten, lasen auch:
- One way ticket to Vegas (Sissy & Juli on tour)
- Pass-Out in den Anden (4600m, die Luft wird dünner)





Category: 0 Kommentare

Belgium at its best!

Do you have to get worried when first your best friend and then your travel mate from Belgium drinks you under the table? Well, if you’re still alive then not.

It all started on a spontaneous night out on Thursday when we hit the local Volksfest for "a few beers". After several sparkling drinks, something similar to Altschuss and way too many Klopfers the night ended up not only legendary, but with the worst headache ever. But there was no time for complaining, since I was supposed to travel 400 kilometers by car the other day for visiting my travel mate Chris in Belgium. To be more specific: Gent. With round about 5-6 painkillers, tons of coffee and a disgusting Red Bull I finally made it to Gent after 7 hours of driving, including 2,5 hours traffic jam in good old Brussel.

After an exhausting journey and the internal note on my mind "no more alcohol" I got welcomed by Chris, his dog Nina and a big glass of Belgium beer. And just to tell you this: Belgium beer is not = beer beer, it's THE beer. 8,5 % - Duvel beer, also known as "from the devil". Well, Cheers! After this warm welcome and a look around in Chris really nice guest house, we directly hit the road by bike and cycled to the city center. And to tell you this straight away: Gent is not only another destination on my list, it became one of my favourite cities I've ever been to. It just offers everything you're looking for. Little canals like in Amsterdam, a bike-friendly town, lights everywhere at night, bars, live music and a city panorama like on a film set. Many young and nice people, flowers, good food and the list goes on. We spend the night exploring this unique city, listening to live music and having the best burger in town. - Just perfect!

The transportation in Gent is mostly by bike and so we cycled the other days of course as well, taking the scenic routes along the water, big cathedrals and sheep’s who were eating the grass of Gent. Chris also gave me the opportunity to have local food from Belgium and so I tried the "Gentse Waterzooi" which is basically a chicken soup and also the "Stoverij" that is very similar to Gulasch just without Paprika und Wine, but therefore cooked in beer. Oh beer.
For sure we went out for another pub crawl on Saturday again, since Chris had to offer me round about 300 bars and pubs. We finally decided for a jazz bar with various types of Belgium beer. I went for the "Karmeliet", which is voted for the best beer in the world for all time. I won't tell you anything else.

The last stop of our pub crawl ended up in in a very small and unique Schnaps-Bar. Clear stuff.  49 percent. I thought this would be my end. But as a German you have at least to accept the challenge before giving up to a Belgium ;-) 4 Schnaps later I acknowledged Chris as the winner.
On Sunday we cycled one more time to the city center for a stroll at the wonderful markets. Nice music everywhere, good atmosphere, sunny weather and Champagne + Oysters for brunch. What a classic Sunday when you live in a city.

At the end I left Gent with the promise to come back. It's a pity that this wonderful town is not very well known. But on the other hand, it's still a secret spot and not a touristic trap. Hope it stays like that :)

 













Münchner Freiheit und 1x Polizeistation Paris, bitte!

"Bienvenue à Paris!" lachte uns die Polizeibeamtin mit rollenden Augen zu, als wir unsere Anzeige wegen Sachbeschädigung am Firmenwagen zu Protokoll und dabei den Ort des Geschehens bekannt gaben. "Avenue de Stalingrad? - Ein heißes Pflaster, haltet euch da zukünftig besser fern." "Aber da ist unsere Hotel?!" "Na, dann mag euch euer Chef wohl nicht so gern."

Ich war froh, dass meine Kollegin den französisch sprechenden Teil übernahm, um alle Einzelheiten zu unserem Fall in Paris zu erläutern. Wir saßen in einem Wartezimmer, im Hochsicherheitstrakt einer Polizeistation, die mehr einem sozialen Brennpunkt für Suchthilfe glich, als einem Ort für Sicherheit und Ordnung. Und das nur, weil irgend so ein Depp einen Stein in unser Beifahrerfenster geworfen und für einen unmöglichen Scherbenhaufen in unserem Auto gesorgt hatte. Der unerwartete Zwischenfall auf unserer Geschäftsreise nach Paris, durchkreuzte meine Pläne für das im Anschluss stattfindende Wochenende in München, so dass ich gezwungen war mein ganzes Zeitmanagement auf den Kopf zu stellen. Die Polizei in Paris nimmt Anzeigen nur auf Termin an und so blieb uns nichts anderes übrig als den Aufenthalt in Frankreich um einige Stunden zu verlängern. Am Donnerstag um 19 Uhr verließen wir endlich Paris, mit einem zusammengeflickten Beifahrerfenster und ein paar restlichen Scherben im Handschuhfach. Nach einer kurzen Nacht auf halber Strecke in Mons (Belgien), kehrten wir auf gute, deutsche Autobahnen zurück. Das Plexiglas und Panzertape, das uns bei 150km/h vor Wind und Wetter schützte, machte nur bis Eschweiler mit und versagte anschließend seine Dienste. Nur durch halbstündliches Nachjustieren des Klebebandes packten wir es überhaupt bis in heimische Gefilde. Ich hatte bis dato schon 2 Stunden für meine geplante Abreise nach München verloren und korrigierte meine Ankunftszeit auf 20 Uhr. Meine Gastgeber in München (Saskia und Maren, auch bekannt als Marinegirls und Campinggefährten aus Südafrika) stellten derweil schon mal den Wein kalt und kalkulierten mit "dem Schlimmsten". Was ich bis dahin nämlich auch nicht auf dem Schirm hatte, war der Schulferienbeginn in Baden-Württemberg und Bayern. Ein kleines Detail am Rande, was für eine Stau-Gesamtlänge von 7.000 Kilometern innerhalb Deutschlands sorgen sollte. Bis zur Grenze Hessens passierte ich ohne Probleme und traf an der Autobahnraststätte "Wertheim-Village" meinen Bruder, der aus der entgegen gesetzten Richtung anreiste. Wir tauschten aktuelle Verkehrsbehinderungen aus und nur wenige Minuten später konnte ich Teilhaberin der Stau-Orgie Süddeutschlands werden. Mit einer Verspätung von 4 Stunden erreichte ich völlig erschöpft München und mein Domizil für die kommenden zwei Nächte. Lediglich 125 Treppenstufen, bis in den allerletzten Stock des Anwesens, trennten mich von einem endgültigen Ziel. Die Münchner Mädels nahmen mich mit einem guten Glas Wein in Empfang, den ich nach den vergangenen 28 Stunden Torturen, bitter nötig hatte und wir erzählten noch bis tief in die Nacht bis ich todmüde in mein Bett fiel.

Am nächsten Morgen wurde ich mit einem bayerischen Frühstück, in Form von Weißwürsten und Brezen, geweckt. Auch Kaffee und Orangensaft begrüßten mich freundlich am gedeckten Tisch. Dankenswerterweise übersprangen Saskia und Maren die Touri-Tour durch München mit mir und wir setzten uns direkt in die S-Bahn um 45 Kilometer hinaus zum Ammersee zu kutschieren. Erinnerungen zu Südafrika wurden ausgetauscht, bis wir unser erstes Hacker-Pschorr Radler entgegen und an der Promenade des Ammersees einnahmen. Die Sonne brutzelte auf uns in hinab und der kilometerweite Ausblick auf den drittgrößten Sees Bayerns ließ mit einem Mal alle Strapazen vergessen. Mit einem Gösser to-go setzten wir uns in ein solarbetriebenes Boot und tuckerten eine Stunde und nicht Sonnencreme-eingeschmiert über den ansehnlichen See. Den Teil mit der Sonnencreme sollte ich zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt bekommen. Nach der Wellness-Phase auf dem Wasser folgte ein Activity Punkt. Hinauf zum Kloster Andechs! Im strammen Marsch durch idyllische Waldwege, entlang eines Wasserfalls und bergauf mehrerer Treppen, erreichten wir die katholische Einrichtung und belohnten unsere sportliche Leistung mit einem Andechs-Radler. Für den Rückweg wollten wir Fuchs sein und wählten den Bus, erhielten unsere Retourkutsche jedoch bereits nach wenigen Minuten. Eine zehnköpfige Berliner Wandertruppe, schallte stimmgewaltig und mit bestem Akzent durch das Transportmobil und beschallte nicht nur die Insassen, sondern sicherlich auch alles außerhalb der Fensterscheiben. Die ohrenbetäubende Anstrengung trieb den Busfahrer wiederrum zu einem rasanten Fahrstil und denkwürdigen Fahrmanövern, sodass wir das Gefährt drei Stationen vor eigentlichem Ziel sicherheitshalber verließen. An der Strandpromenade des Ammersees wurde uns neben einer gut geschärften Vulkan-Bratwurst ein "Seekampf" geboten, bei dem sich jeweils zwei Personen auf einem Boot mit Blanke platzieren und mit einer Stange versuchen gegenseitig hinunterzuwerfen. Klingt komisch. Ist auch so.

Gegen 18 Uhr erreichten wir wieder den Münchner Stadtkern und kehrten nach einer kurzen Erfrischungsphase in einer nahe gelegenen Bar ein, die mit Happy Hour Cocktails warb. Die fruchtigen Endgetränke schlugen im Schein der untergehenden Sonne zwar voll rein, doch ließ die Bedienung in diesem Etablissement zu wünschen übrig. Eine Frau mit Zähnen auf den Haaren beachtete uns zunächst gar nicht und warf uns dann patzig die Cocktailkarten vor die Füße. Ihre eigenwilligen Kommentare und Anmerkungen zu unser Bestellung, sowie das nie präsent sein an unserem Tischbereich, forderte ihr Trinkgeld und eine Nichtweiterempfehlung des Lokals. Was ein ungewöhnlich unfreundlicher Schuppen im eigentlich so herzlichen Bayern! Wir setzten unsere Reise in die Innenstadt fort, wo uns in der Residenz und drum herum das Münchner Weinfest mit Livemusik und einem Diamant dunkelblau, schimmerten Himmel geboten wurde. Der trockene Weißburgunder, in Verbindung mit einem klassischen Flammkuchen, setzte das Krönchen für den gelungenen Tag auf. Im Klang von Weingläsern und Fröhlichkeit machten wir uns zum Ende des Abends auf den Heimweg, verfluchten noch einmal die 125 Treppenstufen und lachten über mein Mr. Crab-Erscheinungsbild, welches ich der nicht eingesetzten Sonnencreme zu verdanken hatte.

Am nächsten Morgen noch einmal Brezen und Weißwürste zum Abschied. Die Zeit in München war kurz, doch dank der hervorragenden Wetterbedingungen und einem vielfältigen Programm, sowie der Freude des Wiedersehens, ein gelungenes und schönes Wochenende, das sich trotz der vorhergehenden Strapazen gelohnt hat. München ist immer eine Reise wert! Vielen Dank meine lieben Marine-Girls, Saskia und Maren :)