Welcome to the Jungle!

Blutige Mosquitostiche, krebsroter Sonnenbrand und ein blaues Fleckenmeer zieren unsere Körper. Kristin beklagt außerdem einen halb gebrochenen Zeh, während ich im Knie- und Handbereich starke Prellungen zu vermelden habe und der Rest mit Gankörperschmerz zu kämpfen hat. Was war geschehen?

Mit Sack und Pack marschierten wir am Sonntag zur Bushaltestelle und warteten auf unser Transportmittel nach Teña. Der Bus erwies sich als äußerst komfortabel und stand einem Flixbus-Modell an Sauberkeit und Beinfreiheit in nichts nach. Anstatt eines medialen Angebotes wurde der Blick auf das Hochgebirge Ecuadors mit Untermalung lateinamerikanischer Klänge auf 5 Stunden Fahrtzeit geboten. Zudem sprangen im 15-Minuten Takt immer wieder Händler auf, die sich mit lokalen Erzeugnissen durch den schmalen Gang bahnten, um hausgemachte Kartoffelchips, Bananen, Eis und Orangen an den Mann zu bringen. "Hier kann man ja noch net mal Sudoku machen!" reklamierte Löön, als der Busfahrer zur Halbzeit des Trips seinen Fahrstil änderte und vom Eco auf den Speed-Modus wechselte und uns durch serpentinenförmige Abfahrten, entlang abschüssiger Straßenverhältnisse kutschierte. Die desolate Fahrweise lies keine Sperenzchen wie lesen oder schreiben zu, weshalb wir uns ganz auf die Außenumgebung konzentrieren konnten. Auffällig wenig Müll und Plastik waren an den Straßenrändern zu sehen, - nein sogar kleine, selbstgezimmerte Recyclingstationen konnten von Ort zu Ort vermeldet werden. Ein Dorf war nicht größer als 2-3 Hütten, die vor ihrem Haus über einen Baumstamm mit angebrachtem Stromzähler verfügten. Der Fortschritt macht auch in Ecuador vor nichts Halt!

Am frühen Nachmittag erreichten wir Teña, wo uns 33 Grad und eine Luftfeuchte von 70% entgegen schlugen. Die erste Wandereinheit samt Backpack und Zubehör stellte uns vor die erste große Herausforderung, die 5 Blocks bis zum Hotel zu bewältigen. "Wie soll unser Körper nur mit diesen Temperaturunterschieden klar kommen?" klagte ich atemlos, "bis heute Abend erwarte ich einen kompletten Systemabsturz."

Nur mit dem Nötigsten (Sporthose, Top, Bikini, Go-Pro) schritten wir nach einer kurzen Erfrischungspause weiter und fuhren zum ersten "kleinen" Abenteuer "Waterfall-Hiking", für das wir uns spontan angemeldet hatten. Völlig unvoreingenommen, was uns hier erwarten würde, stellte uns Hiking-Guide Ronaldo jedem ein Paar Gummistiefel bereit und leitete uns dann durch den Dschungel. In einem Affenzahn hechteten wir hinter Ronaldo her, der an diesem Tag wohl einen neuen Weltrekord im Dschungel-Sprinten aufstellen wollte. Über Bambus, riesige Baumwurzeln, entlang von Lianen und gewebter Spinnennetze bahnten wir uns den Weg bis zum Wasserfalleinstieg. Was uns hier erwartete glich bereits meiner naiven Vorstellung von Canyoning. Nur ohne Helm und Sicherung. Wir arbeiteten uns mehrere Felsvorsprünge mit entgegen fließendem Wasser nach oben, trotzten Matsch und der unheimlichen Gewalt von herabstürzendem Wasser, das uns ins Gesicht schlug. Und das alles in einer Geschwindigkeit, die mir bis dato nicht bekannt war. Vor lauter Konzentration und dem Druck Schritt zu halten, blendete ich scheinbar alles um mich herum aus, auch den stechenden Schmerz, den ein Insektenwesen auf meinem Oberarm verursachte. Mit einem festen Schlag, den ich völlig aus dem Nichts verspürte, drehte ich mich erschrocken um, um Carlos zu erblicken, der das Tier auf meiner Haut getötet hatte. Entgeistert blickte ich auf das Blut, das meinen Arm herunter strömte. Nur ein kurzer Moment des Innehalten, dann ging es auch schon weiter. Nach gefühlten 15 Felsvorsprüngen, die wir uns mit einem Seil hoch robben mussten, erreichen wir endlich den großen Wasserfall. - So starke Armmuskeln hatten wir selbst nach einem Krafttraining bei Martin noch nicht erlebt! Zurück führte der Weg durch dichten Dschungel, steil bergauf und erneut in einer Rekordgeschwindigkeit, die Verbandsliga-würdig erschien. Der Bänderiss-gefährdende Weg blieb bis zum Schluss gefährlich, waren die Pfade eng, bewurzelt, tiefgründig und matschig. Sissy und Kristin schlitterten durch den Dschungelmatsch und auch ich knickte zweimal über einer getarnten Wurzel unglücklich um. Mit Schrammen und blauen Flecken am ganzen Körper verteilt, beenden wir die erste Trainingseinheit im Regenwald. Ein absolut empfehlenswertes Abenteuer, dass man unter keinen Umständen bei einem Besuch in Teña auslassen sollte!

Nur ca. 16 Stunden später standen wir bereits wieder in den Startlöchern, um die nächste Einheit "White Water Rafting" in Angriff zu nehmen. Schlauchboot, Paddel und Go-Pro wurden in den nächsten 5 Stunden unsere besten Freunde, als wir den Gletscherfluss über Stromschnellen herunterjagten. Mit den Kommandos "Forward", "Backwards", "Stop" und "Inside" paddelten wir um unser Leben und wichen Felsvorsprüngen, Strudeln und meterhohen Wellen aus. Mehrfach stürzten wir gewollt wie ungewollt aus dem gelben Schlauchbot und gaben uns dem eiskalten, aber auch sehr erfrischendem Gletscherwasser hin. Besonders die Rettungsaktionen verursachten Knieschäden, sowie Handprellungen bei allen Beteiligten. Doch es war die Sache mehr als wert. In einem selten gleichen Bergpanorama im schönsten tropischen Gefilde, wurde das Rafting-Erlebnis zum absoluten Highlight gekürt. Die 5-stündige Paddeleinheit inkl. Mittagessen am Strand (Fajitas ... lecker!) lies uns zeitweise übermütig werden und Experimente, wie barfuß über das Schlauchboot balancieren, durchführen oder die wechselnde Frontfrau in einem unbedachten Moment vom Boot stoßen. Kollateralschäden blieben hierbei nicht aus. So rammte ich einmal mein Paddel in Kristins Zeh und bekam dafür wenig später einen Tritt in die rechte Gesichtshälfte, als unser Rafting-Guide rückwärts ins Boot stürzte. Erst später an Land konnten wir die Ausmaße und Schmerzen im Detail wahrnehmen. Schon vor der der Fahrt hatten uns Insekten im Fußbereich blutig zerstochen und die Sonne am Äquator hatte zudem, trotz 50er Sonnencreme, ihr Nötiges auf der Haut dazu beigetragen, diese in einem Hummer-Rot zu färben. Durch die Färbung wurden jedoch die blauen Fleckenteppiche, die sich über Knie und Oberschenkel verteilten, gut übertüncht und sorgten erst am späten Abend für einen Doppelschmerz, der in einem Gemisch aus Fenistil, Voltaren und Aprés-Sun bearbeitet werden musste. "Wenn ich noch einen Monat länger mit euch unterwegs bin, bin ich tot." merkte Kristin an und wies auf ihren bandagierten Zeh. "Ich erst recht." jammerte ich humpelnd am Billardtisch herum. "Es wird nicht schlapp gemacht!" ermahnte Löön, "Das hier war erst der Anfang!" Und Sissy machte sich bereits mit den weiteren sportlichen Optionen vertraut. "Also wenn wir morgen in Baños anreisen und zeitlich alles gut kombinieren, könnten wir Canyoning, Zip-Lining und Rafting Level 5 innerhalb von 2 Tagen abfrühstücken."

In diesem Sinne, Glück auf und Vamos Amigos!






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