Münchner Freiheit und 1x Polizeistation Paris, bitte!

"Bienvenue à Paris!" lachte uns die Polizeibeamtin mit rollenden Augen zu, als wir unsere Anzeige wegen Sachbeschädigung am Firmenwagen zu Protokoll und dabei den Ort des Geschehens bekannt gaben. "Avenue de Stalingrad? - Ein heißes Pflaster, haltet euch da zukünftig besser fern." "Aber da ist unsere Hotel?!" "Na, dann mag euch euer Chef wohl nicht so gern."

Ich war froh, dass meine Kollegin den französisch sprechenden Teil übernahm, um alle Einzelheiten zu unserem Fall in Paris zu erläutern. Wir saßen in einem Wartezimmer, im Hochsicherheitstrakt einer Polizeistation, die mehr einem sozialen Brennpunkt für Suchthilfe glich, als einem Ort für Sicherheit und Ordnung. Und das nur, weil irgend so ein Depp einen Stein in unser Beifahrerfenster geworfen und für einen unmöglichen Scherbenhaufen in unserem Auto gesorgt hatte. Der unerwartete Zwischenfall auf unserer Geschäftsreise nach Paris, durchkreuzte meine Pläne für das im Anschluss stattfindende Wochenende in München, so dass ich gezwungen war mein ganzes Zeitmanagement auf den Kopf zu stellen. Die Polizei in Paris nimmt Anzeigen nur auf Termin an und so blieb uns nichts anderes übrig als den Aufenthalt in Frankreich um einige Stunden zu verlängern. Am Donnerstag um 19 Uhr verließen wir endlich Paris, mit einem zusammengeflickten Beifahrerfenster und ein paar restlichen Scherben im Handschuhfach. Nach einer kurzen Nacht auf halber Strecke in Mons (Belgien), kehrten wir auf gute, deutsche Autobahnen zurück. Das Plexiglas und Panzertape, das uns bei 150km/h vor Wind und Wetter schützte, machte nur bis Eschweiler mit und versagte anschließend seine Dienste. Nur durch halbstündliches Nachjustieren des Klebebandes packten wir es überhaupt bis in heimische Gefilde. Ich hatte bis dato schon 2 Stunden für meine geplante Abreise nach München verloren und korrigierte meine Ankunftszeit auf 20 Uhr. Meine Gastgeber in München (Saskia und Maren, auch bekannt als Marinegirls und Campinggefährten aus Südafrika) stellten derweil schon mal den Wein kalt und kalkulierten mit "dem Schlimmsten". Was ich bis dahin nämlich auch nicht auf dem Schirm hatte, war der Schulferienbeginn in Baden-Württemberg und Bayern. Ein kleines Detail am Rande, was für eine Stau-Gesamtlänge von 7.000 Kilometern innerhalb Deutschlands sorgen sollte. Bis zur Grenze Hessens passierte ich ohne Probleme und traf an der Autobahnraststätte "Wertheim-Village" meinen Bruder, der aus der entgegen gesetzten Richtung anreiste. Wir tauschten aktuelle Verkehrsbehinderungen aus und nur wenige Minuten später konnte ich Teilhaberin der Stau-Orgie Süddeutschlands werden. Mit einer Verspätung von 4 Stunden erreichte ich völlig erschöpft München und mein Domizil für die kommenden zwei Nächte. Lediglich 125 Treppenstufen, bis in den allerletzten Stock des Anwesens, trennten mich von einem endgültigen Ziel. Die Münchner Mädels nahmen mich mit einem guten Glas Wein in Empfang, den ich nach den vergangenen 28 Stunden Torturen, bitter nötig hatte und wir erzählten noch bis tief in die Nacht bis ich todmüde in mein Bett fiel.

Am nächsten Morgen wurde ich mit einem bayerischen Frühstück, in Form von Weißwürsten und Brezen, geweckt. Auch Kaffee und Orangensaft begrüßten mich freundlich am gedeckten Tisch. Dankenswerterweise übersprangen Saskia und Maren die Touri-Tour durch München mit mir und wir setzten uns direkt in die S-Bahn um 45 Kilometer hinaus zum Ammersee zu kutschieren. Erinnerungen zu Südafrika wurden ausgetauscht, bis wir unser erstes Hacker-Pschorr Radler entgegen und an der Promenade des Ammersees einnahmen. Die Sonne brutzelte auf uns in hinab und der kilometerweite Ausblick auf den drittgrößten Sees Bayerns ließ mit einem Mal alle Strapazen vergessen. Mit einem Gösser to-go setzten wir uns in ein solarbetriebenes Boot und tuckerten eine Stunde und nicht Sonnencreme-eingeschmiert über den ansehnlichen See. Den Teil mit der Sonnencreme sollte ich zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt bekommen. Nach der Wellness-Phase auf dem Wasser folgte ein Activity Punkt. Hinauf zum Kloster Andechs! Im strammen Marsch durch idyllische Waldwege, entlang eines Wasserfalls und bergauf mehrerer Treppen, erreichten wir die katholische Einrichtung und belohnten unsere sportliche Leistung mit einem Andechs-Radler. Für den Rückweg wollten wir Fuchs sein und wählten den Bus, erhielten unsere Retourkutsche jedoch bereits nach wenigen Minuten. Eine zehnköpfige Berliner Wandertruppe, schallte stimmgewaltig und mit bestem Akzent durch das Transportmobil und beschallte nicht nur die Insassen, sondern sicherlich auch alles außerhalb der Fensterscheiben. Die ohrenbetäubende Anstrengung trieb den Busfahrer wiederrum zu einem rasanten Fahrstil und denkwürdigen Fahrmanövern, sodass wir das Gefährt drei Stationen vor eigentlichem Ziel sicherheitshalber verließen. An der Strandpromenade des Ammersees wurde uns neben einer gut geschärften Vulkan-Bratwurst ein "Seekampf" geboten, bei dem sich jeweils zwei Personen auf einem Boot mit Blanke platzieren und mit einer Stange versuchen gegenseitig hinunterzuwerfen. Klingt komisch. Ist auch so.

Gegen 18 Uhr erreichten wir wieder den Münchner Stadtkern und kehrten nach einer kurzen Erfrischungsphase in einer nahe gelegenen Bar ein, die mit Happy Hour Cocktails warb. Die fruchtigen Endgetränke schlugen im Schein der untergehenden Sonne zwar voll rein, doch ließ die Bedienung in diesem Etablissement zu wünschen übrig. Eine Frau mit Zähnen auf den Haaren beachtete uns zunächst gar nicht und warf uns dann patzig die Cocktailkarten vor die Füße. Ihre eigenwilligen Kommentare und Anmerkungen zu unser Bestellung, sowie das nie präsent sein an unserem Tischbereich, forderte ihr Trinkgeld und eine Nichtweiterempfehlung des Lokals. Was ein ungewöhnlich unfreundlicher Schuppen im eigentlich so herzlichen Bayern! Wir setzten unsere Reise in die Innenstadt fort, wo uns in der Residenz und drum herum das Münchner Weinfest mit Livemusik und einem Diamant dunkelblau, schimmerten Himmel geboten wurde. Der trockene Weißburgunder, in Verbindung mit einem klassischen Flammkuchen, setzte das Krönchen für den gelungenen Tag auf. Im Klang von Weingläsern und Fröhlichkeit machten wir uns zum Ende des Abends auf den Heimweg, verfluchten noch einmal die 125 Treppenstufen und lachten über mein Mr. Crab-Erscheinungsbild, welches ich der nicht eingesetzten Sonnencreme zu verdanken hatte.

Am nächsten Morgen noch einmal Brezen und Weißwürste zum Abschied. Die Zeit in München war kurz, doch dank der hervorragenden Wetterbedingungen und einem vielfältigen Programm, sowie der Freude des Wiedersehens, ein gelungenes und schönes Wochenende, das sich trotz der vorhergehenden Strapazen gelohnt hat. München ist immer eine Reise wert! Vielen Dank meine lieben Marine-Girls, Saskia und Maren :)







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