Soča rocks!

„Vorher war ich IT-Broker, aber der Computer hat meinen Kopf kaputt gemacht.“ sprach Peter, als er mich anzippte. „Der Job hier hat mich wieder runtergebracht.“ „Oh cool, aber das wäre nichts für mich, zu viel Höhenangst.“ erwiderte ich, mit zitternden Knien. „Ach, die hab ich auch, sogar riesengroße. Kann keine Brücke hinunter schauen.“ Erstaunt und erschrocken zugleich sah ich Peter an. „Jetzt halt dich gut fest und vergess unten nicht zu bremsen.“ 


An Tag drei trennte sich erstmals die Spreu vom Weizen. Während es Petra und Karin zum

Yoga mit 180 Grad Bergpanorama zog, stellten sich Kristin und ich der etwas höher angelegten Bergchallenge „Zip-Lining“, bei der es zunächst galt mit einem Jeep, über kurvige Schotterpisten, den Startpunkt auf 2.000 Meter Höhe zu erreichen. Zwar hatte ich Zip-Lining schon zweimal zuvor gemacht, doch schlotterten mir auch diesmal die Knie. „Für was macht man so etwas überhaupt?“ fragte ich mich abermals, als uns die Slowenen instruierten und eintrichterten weder zu früh, noch zu spät zu abzubremsen. Wir zipten uns von Wipfel zu Wipfel und zischten vorbei an Tannen und Fichten. Runter schaute ich erst gar nicht. Schlimm war’s wirklich nicht. Aber zur Wohlfühlzone werde ich den Höhenmodus auch niemals benennen.„Hätte ruhig noch schneller sein können.“ resümierte Kristin. Für mich hat’s gereicht. 


„Ich kann schon verstehen, dass die Leute Bovec nicht mehr verlassen wollen.“ sprach Karin, tiefenentspannt am Bartresen sitzend, an dem sie täglich ihre Kaffeespezalität einnahm. „Nichts an diesem Ort treibt einen fort.“ Und wir hörten von Lindsay, der amerikanischen Yoga-Lehrerin, die seit 5 Jahren hier wohnt und nur nach Montana fliegt, um ihre Familie zu besuchen. „Mal schauen, vielleicht komme ich am Donnerstag auch mal mit zum Yoga.“ Was Höhe aus einem macht. 


Am Nachmittag erkundeten wir den Berg Mangant und genossen die Aussicht über das Soča-Valley. Auf dem Serpentinen-reichen Pass entdeckten wir außerdem das Fort Kluze, das mit einem kurzen Gedicht die Geschichte der Menschheit beschreibt:

„One of them built and the other destroyed,

One of them built and the other destroyed…

… forever and ever?“ 


Wir erfuhren außerdem über den 10-Tage Krieg in Slowenien, der 1991, nach Unterzeichnung der Unabhängigkeit des Landes, geführt wurde. Er war gleichzeitig Beginn der langjährigen, kriegerischen Auseinandersetzungen im ehemaligen Jugoslawien, auf die wir auch später, weiter südlich in unserem Reiseverlauf, noch einmal stoßen sollten.


„Was für eine schlechte Beschilderung hier in Slowenien.“ reklamierte Kristin abermals, als wir am nächsten Tag den Kamin bewandern wollten. Eine knapp einstündige Gondelfahrt brachte uns auf 2.587 m Höhe, von der eine „easy“ Einsteigerrunde entlang des Felsmassivs führen sollte. Karin verfluchte uns innerlich für die ungeplanten Kletterpartien, die sich als falsche Wegführung herausstellen sollten. „Okay, Petra und ich gehen jetzt den blauen Weg und ihr könnt noch mal hoch zum Gipfel.“ beschloss sie entschieden. Und so kraxelten Kristin und ich den Fels hinauf, nur um abermals vom Weg abzukommen und unfreiwillig einen nicht vorhandenen Klettersteig aufzunehmen. „Da oben sind Leute.“ freute sich Kristin, als sie den richtigen Weg wieder gefunden hatte. Erleichtert kraxelte ich hinterher. Zu viel für meine armen Nerven. Auch der belgischen Familie und weiteren Gipfelankömmlinge spürte man eine leichte Nervosität an. „Was an diesem Weg war jetzt easy?“ 


Zu Mittag gönnten wir uns alle vier leckerstes „Juta“, eine Bohnensuppe mit Speck auf der Hütte des Kamins. „Es war eine kluge Entscheidung hier oben wandern zu gehen. Unten im Tal steht die Hitze bei 32 Grad.“ „Da schreit es doch nach einer Erfrischung im Soča!“ „Bestimmt hat auch sonst gar niemand diese tolle Idee.“ Wir gondelten den Berg hinab und fuhren zum place-to-be. „Herrlich!“ 


Am folgenden Morgen und Abreisetag, rafften wir uns tatsächlich um 8 Uhr in der Früh zur Yoga-Session auf. Anders als gedacht, hatte dieser Modus viel mehr mit Anstrengung zu tun. Lindsay forderte alles von uns ab. „Ich mache eher so sportliches Yoga, für Wanderer und Kletterer.“ Ein Krampf im Oberschenkel sagte mir zugleich, dass noch viel Luft nach oben war. „Eine tolle Erfahrung, vielleicht kommen wir noch mal wieder. Aber vielleicht finden wir unsere innere Mitte ja auch in Kroatien.“ Und mit diesen Worten starteten wir in Richtung Adria. 














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