SLOWenia

„Auferstanden aus Ruinen

Und der Zukunft zugewandt…

…Alle Welt sehnt sich nach Frieden

Reicht den Völkern eure Hand…

…Laßt das Licht des Friedens scheinen

Daß nie eine Mutter mehr

Ihren Sohn beweint

Ihren Sohn beweint.“


Triumphalisch betraten Karin und Petra ihr Zimmer, welches sie in eine Zeit des sowjetischen Kommunismus aus kitschigem Prunk und Nostalgie zurückversetzte. Verschnörkelte Betten und Nachttischränke, stehengeblieben Uhren, prunkvolle Kronleuchter und Keramiköfen der Marke Slavenova (volkseigener Betrieb natürlich). Sentimental betrachteten die beiden Damen, deren Wurzeln in Ostdeutschland und dem Sudetenland zu finden sind, die Relikte der Vila Teslova, unserer B&B Unterkunft in Ljubljana, welche auch Anbieter für Zeitreisen in das Land „Frieden und Sozialismus allzeit bereit“ ist. Eine ausdrucksstärkere Unterkunft hätten wir nicht wählen können.


Ljubljana, das ist eine besondere Hauptstadt. Würde man den gesamten Dillkreis zusammenlegen, 2 Zara’s, 3 katholische Kathedralen, 4 Kunstmuseen und 5 Hipster-Cafés hinzupflanzen und diesen neu erschaffenen Ort zur Hauptstadt Deutschlands erklären, so könnte man sich die slowenische Metropole am besten vorstellen. Eine fast unheimliche Ruhe, eine dörfliche Vorstadt mit Komposthaufen und grünen Gärten, wenig Autos und Motorroller, dafür eine durchgängige, zweispurige Fuß- und Radfahrerzone im gesamten Stadtgebiet. „Nicht umsonst wird Ljubljana die Fahrrad-freundlichste Stadt Europas genannt.“ bemerkte Kristin, als wir uns drei schicke Fahrräder mit Front-Korb ausliehen. Karin wollte an diesem Tag die Erinnerungen einer ehemaligen Sowjetstadt ganz für sich aufsaugen, während Petra, Kristin und ich, im Slow-Motion-Modus, den Ort auf dem Drahtesel erkundeten. 


„Ich glaube ich bin noch nie so langsam Fahrrad gefahren.“ wiederholte sich Kristin, während Petra und ich die Geschwindigkeit der Fortbewegung geradezu feierten. Seit Ankunft in Ljubljana hatten wir allesamt mit starker Müdigkeit zu kämpfen und wechselten uns im permanenten Gähnmodus rotierend ab. „Reisen ist auch anstehend. Auch das darf man nicht unterschätzen.“ warf ich ein, als plötzlich ein blauer Kleinwagen mit silberner Dose an uns vorbeizog. „Da ist er ja wieder, der Red-Bull-Wagen!“ „Der kommt ja wie gerufen!“ Die zwei Red-Bull-Girls reichten uns freudestrahlend drei Dosen rüber. „Eigentlich trinke ich dieses eklige Zeug gar nicht.“ stellte Petra fest. „Aber heute ist es meine Rettung.“ 


Eigentlich wollten wir uns, die von Trip-Advisor empfohlene, kommunistische Tour in Ljubljana anschauen, entschieden uns aber dann doch für den Kapitalismus und konsumierten anstattdessen leckerste orientalische Küche, in Form eines Falafel-Snacks. Auf diese Weise lernten wir auch die Italienerin Teresa kennen, die mit uns am Tisch saß und mit Couchsurfing durch Slowenien reiste. Scheinbar ist auch dieser Reisemodus nach wie vor möglich, den ich nur aus Backpackerzeiten kannte. 


„Heute Abend spielt noch mal Lang Lang.“ kam Karin mit leuchtenden und freudestrahlenden Augen auf uns zu, hatte sie bereits gestern der klassischen Musik, unter Direktion von Daniel Baenboim, gelauscht. Die drei Musikexperten tauschten sich erregt über die zu spielenden Arrangements aus, während ich, in meiner kompletten Unwissenheit, daneben statt, hatte ich keinen der genannten Künstler jemals wahrgenommen, geschweige denn davon gehört. „Vielleicht komm ich mal mit um mich weiterzubilden.“ Doch da war der Gedanke auch schon wieder niedergeschlagen, hatte das Klassik-Trio bereits entschieden, dass die heutigen, zu spielenden Stücke, zu einschläfernd waren. „Außerdem sind die Tickets jetzt auch ausverkauft.“ bestätigte Karin enttäuscht. Schade, ich hätte gerne guten Willen gezeigt und mich musikalisch weitergebildet. Anstatt dessen kehrten wir in das nahegelegene „Sax Pub“ mit Jazz-Musikeinlagen ein und gönnten uns ein abschließendes, hopfiges Endgetränk. 


„Wie bedauerlich, jetzt sind wir auch schon mit dieser Etappe fertig.“ Obwohl sich Reisen insgesamt lange anfühlt, vergehen die Tage gleichzeitig wie im Fluge. „Unsere letzte Station ist Bled. Hoffentlich ist die Unterkunft nicht allzu blöd.“











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