Samba in Bovec

„Wo ist denn nur dieser verdammte 4. Schlüssel?“ „Das kann doch nicht sein, gestern  lagen doch noch alle vier hier oben auf dem Schrank.“ Was für mich schon Routine bei jeder Reise ist, wurde nun zur großen Gemeinschaftsaufgabe und Geocachingchallenge: Findet Zimmerschlüssel Nummer 1, der seit 24 Stunden abhanden gekommen war. 


Am Morgen zuvor stiegen wir frisch gestärkt und munter in das Rafting-Schlauchboot, das uns über den eiskalten Soča-Fluss trug. Mit unserem brasilianischen Guide ‚Paolo‘ hatten wir einen wahrhaftigen Glücksgriff gemacht, konnte er nicht nur durch definierte Oberarme Eindruck schinden, sondern glänzte er auch noch als frisch gebackener Rafting-World-Championship-Teilnehmer, bei dem sein brasilianisches Nationalteam immerhin Platz 6 belegte. „Ein Guide, genau angemessen an unsere Skills.“ Zwar sprach er quasi kein Wort Englisch, doch feierten wir jede Umkurvung der Felsen mit einem „Samba“ und hoch erhobenen Paddelmoves. Während Karin und Petra hochzufrieden mit der Anzahl zu tätigender Paddelschläge, sowie Höhe und Wassergewalt der Strömung waren, bemerkte man bei Kristin eine gewisse Unruhe und beinahe Langweile, die offensichtlich immer mal wieder dazu führte, dass das Boot in Schräglage gebracht wurde. Mit gestenreicher Zeichensprache versuchte sie Paolo verstehen zu geben, dass sie mehr Samba benötigte. Ihr Wunsch wurde Befehl. Zunächst wurde das Schlauchboot an einem Felsen trappiert, was als Rutsche diente, mit der man vom Gestein aus in das eiskalte Nass schlittern konnte. Doch als auch Karin, Petra und ich uns dieser Challenge stellten, musste sich Paolo noch etwas beeindruckenderes einfallen lassen. Ein 5 Meter hoher, freistehender Fels im Fluss, dessen Herausforderung erst einmal war das glatte Gestein hinaufzukraxeln, sollte Kristin zufrieden stellen. Aus, für mich unvorstellbarer Höhe, galt es soweit abzuspringen, dass man nicht am Vorbauch des Felsens hängen blieb. Kristin meisterte diese Disziplin mit Bravour, während der Rest von uns für Videomaterial und Samba-Klatschen sorgte. 

„Tolle Sache dieses Rafting.“ „Aber ohne den Neoprenanzug quasi nicht zu bewältigen.“ „ 8 Grad? Fühlt sich an wie Minus 1.“


„Der Schlüssel zum Erfolg ist immer noch nicht aufgetaucht.“ „Leute, jetzt sucht doch noch mal bitte alles akribisch ab.“ „Der muss doch hier irgendwo in diesem Raum sein.“ Das Ding tauchte einfach nicht auf. Auch bei der Rezeption hatten wir kein Glück. „Nein, hier wurde nichts abgegeben.“ „Ok Leute, dann lasst uns erst mal was trinken gehen. Hier hilft ja nur noch Alkohol.“


Zwei bis drei Aperol Spritz später hatten wir den Zustand des Egal-Seins erreicht und erfreuten uns den restlichen Nachmittag auf der belebten Plaza Bovecs zu genießen und einfach nur Menschen und seltsame Fahrzeuge zu beobachten. „Das Red-Bull-Dosen-Auto fährt doch jetzt schon zum x-ten Mal hier durch.“ In diesen Moment verursachte selbiges um ein Haar einen Vorfahrtsfehler und sorgte für große Aufregung, sowie reichlich Diskussion in unserer Runde. Ich war heilfroh, dass ich auch in diesem Urlaub wieder Wissen2go am Start hatte und wir mit Fachwissen aus den Themenbereichen Religion, Englisch, Mathematik und geballtem Allgemein-Know-How die Reise bestritten. Für alles andere war Mr. Google zuständig, der uns mit seiner Übersetzungs-App, mit integrierter Kamerafunktion, höchst beeindruckte und slowenische Texte im Livemodus auf Deutsch präsentierte. Schade dennoch, dass seine künstliche Intelligenz nicht zum Finden des Schlüssels beitrug. 


„Ich such jetzt noch mal im Auto.“ beschloss Karin, der mittlerweile der Panikmodus dezent anzusehen war. Petra, ausgeglichen wie immer, setzte sich derweil auf den Balkon, um die Suchaktionen nicht weiter zu stören. Ich durchkämmte abermals meinen Koffer, quälte mich das schlechte Gewissen, da ich ja bekannt dafür bin alles zu verlegen. Kristin, die bis dato nur uninteressiert an der Suche teilnahm, entschied sich plötzlich auch mal ihre Sachen auf links zu drehen. „Ach, hier ist er ja.“ lachte sie unschuldig und zog Schlüssel Nummer 1 aus ihrem Wäschebeutel. 


Samba in Bovec. Und wir gingen zu Pasta und Wein über. 













0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen