Die Karawane zieht weiter...

„Hier fährt auch einfach jeder wie er will!“ Es herrscht geradezu Anarchie auf Marokkos Straßen, zumindest was die Städte betrifft. Aus Marrakesch wieder zu entkommen gestaltete sich weitaus schwieriger, abenteuerlicher und gefährlicher als der gesamte Gebirgspass. Zunächst verliefen wir uns noch einmal gnadenlos auf der Suche nach unserem Parkplatz und irrten mit Sack und Pack durch die Lehmboden behafteten Ghettos Medinas. Die nächste böse Überraschung erlebten wir beim Erblicken des Autos. Der vor zwei Tagen inhaftierte, dubiose Parkwächter war wieder auf freiem Fuß. Er ließ uns zwar zunächst noch einsteigen, versperrte uns dann jedoch den Weg und verlangte 200 Dirhams. Was für ein Spinner! Michi verhandelte und ich warf ihm im strengsten Ton, den ich aufbringen konnte, „Police, we call the Police!“ entgegen, ohne zu wissen wie deren Telefonnummer lautete. Die Situation wurde angespannter, der Ton rauer und der Gangster immer wütender. Gedanklich sah ich ihn schon eine Muskete oder ein Säbel zücken. „50 Dirham and not more!“ verhandelte Michi. „J‘appelle la police!“ warnte ich noch mal auf ganz schlecht ausgesprochenem Französisch. Mit zornigem Blick gab der Gauner endlich nach und räumte widerwillig den Platz frei. „Nix wie raus hier!“ stimmten wir beide ein, während Michi das Gefährt slalomartig an Eseln, Pferden, Mopeds, Menschen und Kamikaze gefährdeten Katzen vorbei manövrierte. „Spuren, Zebrastrafen, Ampeln, - für was haben die das eigentlich?!?!“

Eine völlig unattraktive Strecke, entlang purer Einöde führte uns Richtung Essaouira, einem Ort an der Küste. Nicht viel mehr als ein paar augetrocknete Flussbetten, verfallene Lehmruinen und dürre Sträucher zierten die Weiterfahrt. Erst kurz vor dem Meer wurde es grüner, eine Allee aus Arganbäumen und die Attraktion des Tages: Mehrere Ziegen auf einem dieser Mandelbäume. Welch ein kurioser Anblick! Man mochte meinen jemand hätte mit Photoshop getrickst, hätte man die Tiere nicht leibhaftig an dem Baum hochklettern sehen. In Essaouira spielten sich gerade die Windsurfer Weltmeisterschaften ab. Ein wahrhaftig windiger Strand mit fantastischem Wellengut. Leider etwas zu frisch um darin zu baden, doch tückisch genug um den unbedarften Mitteleuropäer rot zu rösten. Ich denke das wird nichts mehr mit dem Braun ;-) Die Altstadt Essaouiras ist definitiv ein Eycatcher und bietet so manche, verwinkelte und liebevoll eingerichtete Cafés und Restaurants. Wir aßen an diesem Tag je zwei Fisch. Ein Glück, es war ja auch Karfreitag!

„Also der Beruf Schafhirte ist hier doch noch sehr weit verbreitet.“ Nach einem erholsamen Tag in Essaouira starteten wir die letzte große Etappe unseres Trips. Zurück nach Agadir mit Zwischenstopp in Tagazhout. Die malerische Strecke führte zunächst durchs Landesinnere. Grüne Bäume und Sträucher, bergige Landschaft und jede Menge Dromedare, Schafe und Ziegen. An jeder Ecke war ein Ziegen- oder Schafhirte zu finden. Im absoluten Nichts, weit entfernt von jeglicher Zivilisation. Auch Arganöl wollte so mancher Ein-Mann-Betrieb am Straßenrand, mit lediglich einem Tisch und einem Stuhl als Verkaufsfläche, an die Kundschaft bringen. Die Umsatzstatistik vermute ich eher als deprimierend.

Der zweite Teil der Strecke führte entlang der Küste und meterhohen Wellen. Immer wieder mussten Fotostopps eingelegt werden, weil die Gewalt von auf Gestein treffendes Wasser, einen immer wieder in den Bann zieht. Die marokkanische Great Ocean Road endete in einem sehr gechillten Fischerort namens Taghazout. Ein Surf-Mekka wie aus dem Buche. Surferboys, Reggaemusik, legere Kleidung, keine Moschee und auch kein Allah Akbar. Dafür sehr viel internationales Publikum und jede Menge Surfbretter und meterlanger Strand. Michi und ich aßen zu Mittag (Burger, Pommes, Curry-Kokosnuss) und machten dann Nägel mit Köpfen. „1x Surfschule für morgen Vormittag 10 Uhr, bitte!“ 300 Dirham per Person - was kostet die Welt?! Kurz vor Ende unserer Reise hauen wir einfach noch mal alles raus.












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