Bembel without care

Um 6:31 Uhr in der Früh zischte die erste Dose Apfelwein-Cola nach Betätigung der Öffnung. Prosit und hoch die Tassen! Auf nach München mit dem FC Bayern Fan-Bus!

Knapp 3 Wochen und verschiedene Plastikaufklärungsevents zuvor, sah ich mich noch im CC einer Beschwerdemail, die von Löön an die Kelterei Krämer gerichtet war, bei der wir die pfandfreien Bembel-with-Care Aluminiumdosen reklamierten, die wir zu hunderten in der schönen Natur des lovely Lahn-Dill-Berglandes aufgefunden hatten. Im Rahmen dieser Landschaftssäuberungsaktion hatten wir uns vehement über Hersteller und Verbraucher dieses Dosenproduktes aufgeregt und letzendlich von der Kelterei Krämer erfahren, dass Dosenpfand auf weinhaltige Produkte mit einem Weingehalt von über 50% von dem Gesetzgeber nicht vorgesehen ist. Wieso, weshalb und warum weiß kein Mensch, aber politische Regelungen sind nun mal für das einfache Volk nicht nachvollziehbar.

Und somit gab es für uns Plastikrebellen nur eine einzige Möglichkeit des Protestes: Boykottierung von pfandlosen Dosen!


All dies schien vergessen zu sein, als ich samstags morgens den Bus in Herborn bestieg und mich neben den Kreisligalegenden aus Guntersdorf, Gusternhain und angrenzenden Gemeinden platzierte. Zur Begrüßung reichte mir Marc das Willkommensgedeck "Dreierlei", bestehend aus einem "Hellen", einer Flasche Radler und dem oben bereits erwähnten Dosenprodukt. "Na bravo!", dachte ich mir. "Davon darf niemals Löön erfahren!" Als sich um 6:05 Uhr auch endlich "Schobbe-Ingo" im Bus eingefunden hatte, konnte die Reise nach München zum Spiel gegen Werder Bremen starten. Nur eine halbe Stunde später waren bereits die ersten "Hellen" geleert und man stimmte schon zu "FC Bayern forever Number one" mit zischenden Bembeldosen ein. "Wie soll ich das nur die nächsten 6 Stunden aushalten?!" dachte ich mir, doch sah ich es letztlich sportlich, als Vorbereitung auf den anstehenden Malle-Trip. Mit den Endgegnern Marie, Steffi, Saskia und Janina, musste es während des Mannschaftstrip im Juni schließlich aufgenommen werden.

Wir hatten noch keine 15 Kilometer bewältigt, da hielt der Bus mitten auf der Autobahn an, um "Leitplanken-Dieter" irgendwo zwischen Ehringshausen und Wetzlar aufzugabeln. "Das geht schon 15 Jahre so", erklärte mir Marc, "Funktioniert immer." Kopfschüttelnd hatte ich mich mittlerweile mit Mareike ausgetauscht, eine von drei Frauen on board des Busses. "Das wird nachher noch anstrengend mit den Jungs." informierte sie mich. "Ach wirklich?" erwiderte ich und im selben Moment stimmten die Männer in Gesänge wie "Wer wird deutscher Meister? Borussia BVB" und "Scheiss Werder Bremen" ein.

Nach der ersten Raststelle fragte mich Marc dann, ob ich auch meine Print-at-Home-Tickets dabei hätte, worauf ich nur erwiderte "in welchem Jahrhundert wir den leben würden" und dass ich die selbstverständlich nicht in analoger Form vorliegen hätte. "Think before you print" "Save the the trees" - um nur ein paar Schlagworte zu nennen. Entgeistert schaute mich Marc an und versicherte sich nochmals "Hast du die Print-at-home-Tickets jetzt echt nicht dabei?? Ich hab dir die doch per Mail geschickt." Und ich lachte erst, dachte er wolle mich nur schocken, bis wir dann beide feststellten, dass wir es beide ernst meinten. In meinem SPAM-Ordner entdeckte ich dann endlich die Mail vom "Euro-Dietrich", welche keine digitale Form des Stadiontickets vorsah, wie es bei Tickets für Flüge, Busse, Bahn und Konzerten seit Jahren der Fall war. "Das ist jetzt echt nicht wahr! Wie rückständig ist dieses Bayern denn nur?!"

Glücklicherweise sollte mein Cousin Michi in München noch zu uns stoßen, dem ich on-demand die Aufforderung zusandte, die Tickets "at home" auszudrucken. Auch er musste hierfür mehrere Stockwerke seines Hauses durchforsten, bis er einen Mitbewohner antraf, der noch einen Drucker besaß.

An der zweiten Raststellenmöglichkeit schlug mir die bis dahin unbekannte Realität eines Bundesligawochenendes ins Auge. Fußball-Massentourismus auf Deutschlands Autobahnen und Raststellen pur! Wir standen zwar während der ganzen Hin- und Rückfahrt nicht einmal im Stau, trafen jedoch ausnahmslos auf entsprechende Fanbusse. So als wäre die gesamte Autobahn nur für den Bundesligaverkehr reserviert gewesen. Unfassbar!

Nach gefühlten zwanzig Kisten Bier und Bembeldosen erreichten wir bei strahlendem Sonnenwetter gegen 12:30 Uhr das Stadion und kehrten beim Insider-Treff "Südkurve - unsere Kurve unser Leben" auf weitere Endgetränke ein. "Schobbe-Ingo" hatte es zu diesem Zeitpunkt bereits geschafft weder Vor- noch Rückwärtsgang einlegen zu können und sah sich auch nicht mehr in der Lage seine Flasche Augustiner in waagerechter Position halten zu können, weshalb er noch vor Spielanpfiff auf den nahegelegenen Wiesn' gebettet werden musste. Unterdessen hatte auch mein Cousin uns am Wagon der links-geprägten Ultras, der Münchner Schickeria, aufgefunden und überreichte in letzter Sekunde die Print-at-home Tickets. 

Wenig später fanden wir uns in der Südkurve, des 75.000 Menschen fassenden Stadions, ein. Mit Megafon, Fahnen und Trommelschlägen wurden die Ultrafans, unter denen wir uns nun auch befanden, voll eingeheizt und zu Fangesängen animiert. Eine Wahnsinns-Stimmung! Mit "Von der Elbe bis zur Isar", "Wir wollen die Bayern siegen sehn" und "FC Bayern, lala lalala lala" lernten wir neue, stimmungsvolle Lieder, während die erste Halbzeit vor uns ablief, wir jedoch aufgrund der überwältigenden Fahnenkultur nichts zu Gesicht bekamen. Dies war zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht tragisch, kam auf dem Platz so rein gar nichts sehenswertes zustande, so dass die Anzeigetafel nur immer dann interessant wurde, wenn der Ergebnisdienst mal wieder ein Tor in Augsburg meldete, was so etwa alle 5 Minuten passierte.

In Hälfte zwei wechselten wir von der Südkurve in Block 117, in dem wir das Spiel nun hautnah zu sehen bekamen. Es blieb zwar weiterhin torlos, vergaben die Bayern jede nur erdenkliche, hundertprozentige Torchance durch fragwürdiges, immer wieder auflegendes Passspiel im Sechzehner des Gegners, so als wäre Ziel des Spiels nicht das Toreschießen, sondern des Balls im Spiel halten. Aber immerhin nahm sich dann irgendwann der Innenverteitiger der Bayern (Niklas Süle, Nummer 4 :-)) ein Herz und sorgte für das erlösende 1:0, um im Kampf um die Meisterschaft noch mitmischen zu können. Wie wir später erfuhren, hatte sich auch "Schobbe-Ingo" zwischenzeitlich wieder ins Zuschauergeschehen eingemischt und verfolgte den Siegtreffer wenigstens per TV-Screen im Paulaner-Treff. Andernfalls hätte ich mir hinterher doch noch das schöne, weinrote T-Shirt mit weißer Schrift "Diffidate con noi" - "Ausgesperrte immer mit uns" zugelegt.

Um 18 Uhr schepperten wir dann fast vollständig zurück in die Heimat. Nur "Leitplanken-Dieter" hatte sich von uns abgeseilt und den schnelleren Bring-Home-Service "Bla bla Car" aktiviert. Weitere 6 Stunden Rückfahrt im alkoholisiert, duftenden Fanbus standen dem Rest von uns bevor. Ein besseres Malle-Training hätte ich gar nicht bekommen können. Nachdem wir gegen 21.30 Uhr noch mal auf der Würzburger Raststätte eingekehrt waren, traf ich noch ein letztes Mal auf meinen Dosenfreund, den Bembel. Er hatte sich die ganze Zeit über immer dicht bei mir aufgehalten, war mir nie von der Seite gewichen, um mich immer wieder daran zu erinnern, dass Plastikfasten und Dosengegnertum auch keine Lösung sind. Ich hatte ihn fast sympathisch und auch beinahe schmackhaft empfunden, als er dann aber gegen 21:48 Uhr hinterrücks zuschlug, als ich mich auf meinen Sitzplatz wieder einfinden wollte. Es schepperte kurz und die fast volle, bereits geöffnete Dose, entleerte sich klebrig über meinen Knien und dem Boden. Danke für nichts Bembel! Für immer aus meinem Haushalt gestrichen! #bembelwithnocare

Schön war's trotzdem in München. Und so eine Busfahrt im Fanmobil muss man als echte(r) Kreisligafußballer(in) mal gemacht haben. Gehört genau wie diese Malle *Gruppenzwang* Pflichtveranstaltung, trotz aller Nachhaltigkeitsbedenken, zum Leben dazu!

@Marc: Wann fliegen wir in die Champions-League? ;-))








All you need is less.

Kristin fliegt nach Nepal und befindet sich auf abenteuerlicher Trekkingtour im Himalayagebirge. Tanja und Christof senden malerische Sehnsuchtsfotos aus Andalusien und Löön + Daniel begeben sich in alpine Bergregionen zur letzten Abfahrt vor Skisaisonladenschluss. Nur ich sitze zu Hause und bewache das kleine Dillkind-Office, damit kein Abwesenheitsassistent aktiviert werden muss und mögliche Müllanfragen beantwortet werden können. 

5 Monate. Kein Flugzeug, kein Reisepass und auch keine klitzekleine Grenzüberquerung (sofern man das Siegerland nicht einberechnet). Solange hatte ich es noch nie ausgehalten. Anstatt Plastikfasten, der Verzicht auf Fernwehreisen. Etwas, was wirklich weh tut. Doch sah ich den warnenden Zeigefinger von Greta Thunberg über mir schwingen, hatte ich mein Kontingent an Flugreisen schon lange aufgebraucht.

Zuhause war es ja auch schön und die Welt konnte man heutzutage ja auch zu genüge aus der Ferne betrachten. Während man also auf der Welt überlegt den Mond und den Mars zu besiedeln und es möglich ist einen Tesla ins All zu schießen und man außerdem offensichtlich in der Lage ist das Schwarze Loch fotografisch abzulichten, beschäftigen wir uns mit der Frage warum am Brutzelsonntag, kulinarische Waren noch auf Plastikeinweggeschirr ausgegeben werden. 
Auch bei diversen Müllsammelaktionen wunderten wir uns einmal mehr über den ein oder anderen Fund, der uns zum Grübeln brachte. Ob es den guten, frisch gezapften Apfelwein erniedrigt, weil er in Dosen nicht pfandwürdig ist und das Leergut somit unwillkürlich in der Umwelt landet? Warum die Capri-Sonne noch keine Rebellion gestartet hat, wird sie schon seit 1969, in der damals modischen Aluminiumhülle serviert und hätte doch längst ein neues Gewand des aufgeklärten 21. Jahrhunderts verdient? Oder vielleicht die Grundsatzfrage, warum da, wo Autos fahren oder stehen, besonders viel Müll zu finden ist? 

Macht Bequemlichkeit gleichgültiger? 

6 Monate ohne Flugreise werde ich durchhalten. Danach spiele ich die Jokerkarte „Gruppenzwang“ aus, um mit meinem Team für ein paar Tage in das wahrscheinlich unnachhaltigste Urlaubsgebiet überhaupt zu fliegen. Kompromisse gehören nun mal zum Leben dazu. Und solange kein Riegel vor Billigreisen, Billigflüge, Billigfleisch und Wegwerfgesellschaft geschoben wird, wird sich daran auch nichts ändern. 

Es muss ein Umdenken stattfinden, vor allem da wo man auf einem überaus hohen Niveau lebt.

„Unsere Biosphäre wird geopfert, damit reiche Menschen in Ländern wie meinem in Luxus leben können. Es sind die Leiden der Vielen, die für den Luxus der Wenigen bezahlen.“ - Greta Thunberg


Hoffentlich haben wir Schnee...

Gastbeitrag von Rebecca Dittmar (becks)

Es war endlich soweit: Kaprun.
5 Tage Ski- und Boardfahren - blauer Himmel, Pulverschnee und Sonne pur lagen vor uns. Wir konnten es kaum erwarten.

Soweit die Theorie.

Die Anreise verlief trotz dramatischen Schneechaosmeldungen aus good old Germany problemlos. Kristin steuerte den Wagen mit höchstgrößter Sicherheit in 8 Stunden ans Ziel. Außer den üblichen Vorkommnissen (Löön schrie eine Stunde nach der Abfahrt nach den ersten Nahrungsmitteln, Becks kämmte sich 105x die Haare und Resi verschlief 3/4 der Autofahrt) gab es nichts und niemand, was uns aufhalten konnte. 

In unserer Unterkunft Pension ChristophOOOrus wurden wir herzlich begrüßt. Nicht. 
Kristin versuchte mal wieder aus ihrer Schwerbehinderung Profit zu schlagen und wollte eine Skipassvergünstigung für sich raushauen, dies wurde jedoch direkt von der Herbergsoma im Keim erstickt. 
‚Des bringt bei unsch gor nix, do müssen‘s an de Skikoasse froagn.‘ Enttäuscht rauschten wir ab und bezogen unsere schönen Zimmer. Nach dem Einrichten folgte eine kurze Ortsbegehung, Brotzeit und Spielsession und dann wurde der Abend zügig beendet. Wir hatten schließlich die nächsten Tage noch viel vor.

Tag 1: Schnee. Viel Schnee. Wolken. Viele Wolken. Sozusagen trüb, bedeckt, null Sicht und Dauerschnee. Jackpot Leute. Egal, auf nach Zell am See. Ab in die Gondel, auf die Bretter und die Piste runter. Die war übrigens im Topzustand. Wenigstens den Pulverschnee hatte man uns gegönnt. Am Ende des Tages kurzes Abklatschen: Tag 1: verletzungsfrei. Check. ✅
Unten wartete der Pavillon mit Apres Ski, Radler (ist kein Alkohol, ja wir wissen es) und Feigenschnaps (Fehlkauf). Zuhause angekommen wurden wir grandios bekocht. Ivana, unsere neue Mitreisende, hatte ihren halben Haushalt mitgenommen, um uns jeden Abend etwas aufzutischen. Ihre Kochkünste: Hammer. Ivana du darfst jederzeit wieder mit😉😍 
Spieleabend. Boarding. Bett. Skiurlaub kann so einfach sein.

Tag 2: Schnee. Viel Schnee. Wolken. Viele Wolken. Sozusagen trüb, bedeckt, null Sicht und Dauerschnee. Jackpot, Leute. 
‚Heute gehts auf den Gletscher, Leute, wenigstens mal gucken’ quakte Löön zwischen 5 Brötchen und 3 Müslischalen. Becks nahm ihre tägliche Tablettenration gegen die mitgebrachte Erkältung und Kristin bestellte sich erstmal Tee, Kaffee und warmen Kakao. Was kostet die Welt? - ist ja alles inklusive. Resi gab wie jeden morgen die Wetterprognose von ihren 48 Apps zum Besten. Leider konnte keine mit auch nur einem Hauch Sonne punkten. Naja, bestimmt wird es morgen besser. 
Punkt 8.52 Uhr (und damit noch eine Dreiviertelstunde früher als gestern) betraten wir den Skibus Richtung Gletscher. Oben angekommen holte man uns auf den Boden der Tatsachen zurück. 2 offene Pisten (von 17). Wow. ‚Ach, da oben ist es bestimmt besser, wir sind doch über den Wolken’ schmetterte Resi und stürmte Richtung Seilbahn. Wir hinterher. Oben angekommen wurden wir schnell eines Besseren belehrt. Lawinengefahr 4, Sturm, Schneeverwehungen, -14 Grad und null komma null Sicht. Bravo, so macht Ski fahren Spaß. Wir trotzten dem Wetter und fuhren soweit hoch, wie es möglich war, um uns dann völlig blind wieder nach unten zu arbeiten. ‚Leute, das ist schon bissi gewagt, was wir hier machen‘ merkte Ivana an (wahrscheinlich überlegte sie gerade, welchen Verrückten sie sich angeschlossen hatte) und wir stimmten mit ein. ‚Ja, aber wenn wir hier fahren können, dann können wir überall fahren‘ merkte Löön an. Das hier ist sozusagen die Quali für alle Pisten. ‚Leute, ihr müsst einfach auf das vertrauen, was ihr könnt, dann geht das schon‘, versicherte Resi. Kristin merkte kurz an, dass die Pistenschilder nicht mehr zu erkennen seien, aber ihr Einwand verpuffte im Wind. Becks drehte ihr Board Richtung Berg, erinnerte sich noch kurz an Resis Parole und fuhr los. Völlig blind ins Nichts. Nach 50m fand sie sich auf dem Boden der Tatsachen wieder. Von oben bis unten mit Schnee bedeckt. Aber wenigstens unverletzt. Danke Resi. 
Nach 2 Stunden Qualifikation gaben wir auf. ‘Es gibt ja hier noch einen anderen kleinen Berg direkt vor der Haustür’ merkte Löön an. ‘Der reicht doch für den Rest des Tages.’ Und so machten wir uns auf den Weg dorthin. Der Maiskogel. Unser Hausberg. Was ein wunderschöner Berg mit blauen und roten Pisten und genau richtig, um sich nach dem Gletscher-Desaster mal wieder etwas Fahrvermögen anzueignen (die Sommerpause ist ja schließlich immer recht lang). Zu fünft im Sessellift Richtung Berg nach oben gab es plötzlich 5 laute ‘Aaaaaaaaahhh..’ und die halbe Piste unterhalb guckte nach oben. Was geschehen war? Ach, lediglich ein 10x10 cm großes, blaues Loch in dem grau verhangenen Himmel, das natürlich gebührend gefeiert wurde. ‘Jetzt wird es, Leute, ab morgen scheint die Sonne’ rief Resi. Und unserer Zuversicht waren keine Grenzen mehr gesetzt. Am Ende des Tages kurzes Abklatschen: Tag 2: verletzungsfrei. Check. ✅

Tag 3: Schnee. Viel Schnee. Wolken. Viele Wolken. Sozusagen trüb, bedeckt, null Sicht und Dauerschnee. Jackpot, Leute. 
Heute waren wir schlauer. Das Wetter würde nichts werden. Da konnte Resi ihre App drehen und wenden, wie sie wollte, die Sonne wurde nicht angezeigt. Stattdessen gab es Sturmwarnungen und auch die Inhaberin der Pension mahnte uns zur Vorsicht. ‘Lasst uns heute einfach nur auf dem Hausberg bissi fahren und wenn das Wetter zu schlecht wird machen wir uns vom Acker’ schlug Kristin vor und erntete Zustimmung. Löön merkte zwischen ihrem zweiten Käsebrötchen, ihrem Rührei, den Cornflakes und dem Quark mit Obst nochmal kurz an, wie wichtig ein reichhaltiges Frühstück sei und Becks war einfach nur froh, dass sie heute mal eine halbe Stunde länger mit Anziehen und Ausgehfeinmachen verbringen konnte, als die Tage zuvor. ‘Kein Stress, Leute, heute haben wir Zeit, das Wetter wird eh nix’ sprach Resi und versuchte es aber gleich nochmal mit einer Aktualisierung ihrer Berge-Allwetter-App. Bitte nicht.. 
Tag 3 verlief trotz der Warnmeldungen recht unspektakulär. Ab 14 Uhr klagten alle über Schmerzen in Waden, Oberschenkeln und Füßen, so dass der Skitag früher als sonst beendet wurde. ‘Tag 3 ist immer der schlimmste’ sprach Löön und Kristin schlug umgehend eine Wanderung als Ausgleich vor. Wir schauten uns kurz an.. ehm nein. 
Am Ende des Tages kurzes Abklatschen. Tag 3: verletzungsfrei. Check. ✅ 
Auf zum Apres Ski. ,Heute gehen wir aber mal essen, Leute, oder?‘ fragte Resi, die sich zusammen mit Becks schon 4 Pizzen und 3 Schnitzel ausgemalt hatte. ‘Aber ich koch euch doch heute wieder was Leute, das ist doch schnell gemacht’ rief Ivana und schon war Essen gehen auf morgen verschoben (hatte ich schon erwähnt, dass Ivana und ihre Kühlbox ab jetzt immer und überall hin mit darf?). Auch diesmal zauberte sie uns aus wenigen Sachen ein köstliches Abendbrot und so endete Tag 3. ‘Morgen wird es bestimmt schön’ merkte Resi an, als sie noch einen letzten Blick vom Balkon auf den völlig zugenebelten, nicht zu erkennenden Berg warf. Na, da sind wir doch mal gespannt. 

Tag 4: Achtung! genauer lesen ;) Schnee. viel Schnee. Weniger Wolken, etwas heller. Kein Schnee von oben. Geht doch :)
‘Heute versuchen wir es nochmal in Zell am See, ok Leute? Da ist noch soviel, was wir nicht gesehen haben, da müssen wir nochmal hin’ bestimmte Resi am Frühstückstisch. Wer auch immer jetzt widersprechen wollte, würde eh im Keim erstickt werden und so ließen wir unser Schicksal über uns ergehen. Oben angekommen nahmen wir uns sämtliche Pisten vor, die wir noch nicht befahren hatten. Es hatte über Nacht nochmal richtig geschneit und so fanden wir uns just in 234 Fotosessions, 15 Videodrehs und 78 Formationsfahrten wieder (alles mehr oder weniger erfolgreich). ‘Der Schnee ist mega, Leute, und wir machen wirklich das Beste aus der Situation’ merkte Löön an. ‘Ich bin stolz auf uns.’ Jetzt nur nicht übermütig werden. Und schon beschlossen Kristin und Becks, sowie Löön und Resi Ski und Board zu tauschen um das einfach mal auszuprobieren. ‘Wie schön, ich wollte schon immer mal Ski fahren’ freute sich Becks und Kristin versicherte ihr, dass ein 41er Skischuh auch an einen 39er Fuß passte. Na dann kann ja nichts schief gehen.. ‘Ist das normal, wenn man in dem Schuh rutscht?’ fragte Becks und Kristin winkte mit einem ‘Ach das passt schon, wir machen die Schnallen jetzt richtig zu und dann geht das’ ab. Währenddessen stand Resi bereits zum ersten Mal auf dem Snowboard und saß auch bereits schon wieder. ‘Wie soll das denn gehen und wie soll ich denn hier wieder hoch kommen?’ rief sie und Löön gab ihr auf vertrauten Ski (was man einmal kann, verlernt man nicht gelle löön) einen Crashkurs im Boardfahren. Das gleiche versuchten Kristin (die völlig sicher auf dem für sie neuen Sportgerät den Hang hinunter gleitete) und Ivana bei Becks. ‘Cool, Leute, das will ich richtig lernen’. Becks Euphorie waren keine Grenzen gesetzt. Der auserkorene Übungshang (nicht) zeigte sich jetzt jedoch von seiner schlimmen Seite und trotz überragenden Skianfänger-Qualitäten riss es Becks dann dahin. Oder besser ihren Fuss. Im Skischuh einmal um sich selbst. ‘Huch, das ist wohl ein Hauch von einem Bänderriss’ klagte Becks und wir beschlossen, das Experiment zu beenden, bevor noch mehr passiert. Resi hatte es zwischenzeitlich aufgegeben und beschlossen, das Boardfahren nichts für eine ambitionierte Skifahrerin ist. Als sie Lööns geliebtes Snowboard abschnallte, passierte es. Das Brett machte sich selbständig und schlitterte Richtung Abhang. Der Skifahrer, der im Weg stand und es hätte aufhalten können, ging brav zur Seite und so fiel das Board 20 Meter den Abhang hinunter in den Wald. Alles bei 3.20 m Tiefschnee. Wir starrten uns geschockt an. Kristin war natürlich die erste, die sich selbstlos den Abhang hinunter stürzen wollte, um das Brett wieder nach oben zu befördern, was wenigstens noch einen Hauch sichtbar aus dem Schnee ragte. Prompt fing sie sich eine lauthalse Abmahnung von uns allen ein, in der wir sie über die aktuell herrschende Lawinengefahr aufklärten. Glücklicherweise war in direkter Nähe ein Lift und dazugehörige Mitarbeiter. Wir schilderten ihnen unserer Problem und die beiden waren erleichtert, als wir ihnen versicherten, das es nur das Board war, was im Tiefschnee gelandet war - ohne Fahrer. Trotzdem hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Der Liftmitarbeiter stapfte mit uns die Piste hoch und schaute sich das Ganze an. Was blieb ihm auch anderes übrig.. langsam aber sicher ließ er sich den Abhang hinunter gleiten und das mehrmalige Ausrutschen und sich-selbst-im-Schnee-freigraben machte uns deutlich, wie gefährlich es abseits der Piste wirklich ist. Mit hochrotem Kopf, patschnass und definitiv mit dem höchsten Sportanteil seines Tages (oder der Woche?) beförderte er Löön’s Board wieder an die Oberfläche und auf sicheren Boden. Unser Dank war ihm und der Kaffeekasse des Liftbetriebes sicher. Puh.. Leute, das hätte echt böse enden können. ‘Jetzt gehts grad runter und heim, es reicht für heute mit den Katastrophen’. Und da waren sich alle einig. So ging ein ereignisreicher Tag in der Reihenfolge wie die vorherigen zu Ende. Naja fast. Tag 4: Verletzungsfrei. ❌
Ein Wunsch wurde aber noch erfüllt. Unser letzter Abend und endlich das lang ersehnte Essen gehen. Kristin fragte sich zum fünften Mal, warum sie eigentlich für 1 Abend 3 Blusen eingepackt hatte. Naja, da hatten wir uns wohl alle etwas mit den Outfits verschätzt.. gelle Resi und Becks? ;)
‚Leute.. morgen sind 7 Stunden Sonne angesagt!!‘ Echt jetzt? Wir konnten es kaum glauben doch die Wetter App hatte schon seit Montag für Freitag Sonne versprochen. Und das ohne Änderung. Es sollte also wirklich stimmen. Die Frage, ob wir anstelle einer frühen Heimfahrt einen halben Skitag anhängten, war schnell geklärt. ‚Morgen gehts nochmal auf den Gletscher. Juhu!‘ Jetzt aber ab ins Bett und mit einer riesen Vorfreude auf den morgigen Tag schliefen wir ein.

Tag 5: Achtung: Sonne. blauer Himmel. Sonne. blauer Himmel. Sonne. Mega-Jackpot :)
Es war um 7 Uhr schon klar, dass dieser zusätzliche Tagesskipass die Investition des Jahrhunderts werden sollte. Nachdem Löön in Windeseile ihr geliebtes Frühstücksfestmahl verschlungen hatte und auch alle anderen heute etwas zügiger zu Potte kamen (außer Becks, die war wie immer die Letzte), verstauten wir sämtliches Gepäck abreisebereit ins Auto und fuhren hoch Richtung Gletscher. An der Kasse versuchte Kristin nochmal ihr Glück und zückte ihren Schwerbehindertenausweis. Diesmal mit Erfolg. Immerhin 5€ Ermäßigung und ein Foto, welches in Großformat auf dem Display an der Seilbahn prangte, während wir eincheckten. Na, wenn es das wert war.. ;) Endlich oben angekommen trauten wir unseren Augen nicht. Und eigentlich ist es auch mit Worten nicht annähernd zu beschreiben. 3029 Meter. Gletscher. Berge und Bäume. Mit meterhohem Pulverschnee bedeckt. Strahlender Sonnenschein und wolkenloser blauer Himmel. Wahnsinn. Und immer wieder atemberaubend diese Kulisse. Definitiv das Highlight und krönender Abschluss der ganzen Woche. Ski- und Boardfahren bei absoluten Traumverhältnissen bestimmte unseren letzten Tag. Natürlich durften auch hier ein ‚paar‘ Bilder nicht fehlen. Gegen Nachmittag machten wir uns dann auf den Weg ins Tal und zurück in die Heimat. Stau war vorprogrammiert aber das störte uns nicht. Denn genau solche Tage sind Erinnerungen fürs Leben und zusammen mit den richtigen Leuten am richtigen Ort hat doch jeder Tag das Potenzial etwas besonderes zu sein oder? :)


Top 3: unnütze Mitnahmen:
1. Glätteisen
2. Kristins Blusen
3. Sonnenbrille

Top 3: wichtigste Mitnahmen:
1. Taschentücher 
2. Thermounterwäsche
3. Reiseapotheke

Top 3: Floskeln 
0. Morgen scheint die Sonne. 
0. Ganz oben sind keine Wolken. 
0. Aber Morgen Abend gehen wir Essen.












Ein Jahr wie kein anderes.

Ein Jahr zwischen Plastikrebell und Vielflieger, "Nur noch Europa" und "Viva la Mexico", sportlicher Höchstleistung und bequemen Roadtrip, regionaler Bioküche und fettigen Pommes, eiskaltem Winter und trockener Heißzeit, bestechender Höhenangst und metertiefem Abgrund, zwischen tausenden von Leuten und ehrfürchtiger Stille, grenzenlosem Mut und vernichtender Angst, zwischen Wahrheit und Lüge, Freude und Trauer, Liebe und Schmerz, Ende und Neuanfang. 


Das Leben ist ein ständiges Abwegen und Ausbalancieren, ein ewiger Kompromiss. Es gibt kein Schwarz und kein Weiß, kein Richtig und Falsch. Und doch gibt es Momente in denen man sich entscheiden muss. Loslassen oder festhalten? Abwarten oder weiter gehen? Zusehen oder Handeln? 


Wir wissen oft nicht welche Konsequenzen eine Entscheidung mit sich bringt. Das Wichtigste ist jedoch dazu zu stehen und daran zu wachsen. Egal wie schwer. Egal wie hart. Es geht immer weiter. 


Eleanor Roosvelt hat einmal gesagt:

„Du erhältst Kraft, Mut und Vertrauen mit jeder Erfahrung, für welche du bestimmt inne hältst, um der Angst in die Augen zu sehen. Du musst das machen, für das du dich unfähig hältst.“


Jede Reise in die Welt, die ich gemacht habe, war wertvoll und wichtig. Doch die unschätzbarsten Reisen waren die, an die eigenen Grenzen und vielleicht darüber hinaus. In Momenten der größten Selbstzweifel, lohnt sich oft ein Blick zurück. Wie an einem langen, steilen Berg. Es liegt noch viel vor uns und doch ist die Aussicht, auf das, was wir bereits gemeistert haben, oft kaum zu glauben. Das was unmöglich schien, liegt hinter uns und am Ende bleibt vor allen Dingen eins: Die guten Erinnerungen. Das was uns Kraft gibt, anspornt und weiter voran treibt. 


Ein neues Jahr liegt vor uns. Wie ein unbekanntes Land. Die nächste Reise, das nächste Abenteuer. Schreiten wir mutig voran.



Und woran glauben, wenn nicht an unsere Träume?

Wovon träumen, bei all der Dunkelheit?

...

Und wenn was kommt, das kommt schon gut

Und das was wird, das wird schon gut


- Joris





Fluch der Karibik!

Dass wir uns noch in den Ausläufen der Hurricansaison befanden, machte sich spätestens am Samstag bemerkbar, als schwarzgraue Wolken aufzogen und das fröhlich, karibische Cancun verdunkelten. Wir hatten uns gerade auf den Weg zum Bus gemacht, als ein Platzregen die Straßen überschwemmte und das Abflusssystem völlig kapitulierte. Hielt man sich eine Sekunde zu lange am Straßenrand auf, bestand größte Gefahr von einer überschwappenden „Pfützenflutwelle“ erfasst zu werden. 


Auch der Bus hatte dem Unwetter nicht standgehalten, wie wir erkennen mussten, als wir das Vehikel betraten und nur noch zwei, mit Wasser gefüllte, Sitzplätze auffanden. Wir wollten uns schon in den Stehmodus begeben, als ein Mexikaner uns sein Tuch reichte, mit dem wir die Plätze trocken wischen konnten. „Gracias.“, welch nette Geste, was für ein zuvorkommendes Völkchen. 

Wie wir mittlerweile herausgefunden hatten, befand sich unser Hotel im mexikanischen Downtown von Cancun. Fernab der Schönen und Reichen. Weit entfernt von herausgeputzten Plazas und Palmenalleen. Genau genommen lokalisierte sich unser Standort in der Realität. Wir waren meist die einzigen Ausländer on board des Busses, inmitten der mexikanischen Gesellschaft. Und doch wurden wir immer nett und zuvorkommend behandelt. 


Wir sprangen am Playa Delfin aus dem Bus, hinein ins erneut aufkommende Unwetter. Regenmassen ließen uns an den nächst möglichen Unterstand flüchten und wir schauten den vorbeifahrenden Automobilen zu, die in den Asphalt überschwemmten Wassertiefen fast versanken. Als sich das Wetter etwas beruhigt hatte, führten wir unsere Reise fort und eilten zum nahegelegenen Museum „Museo Maya“. Ein Besuch lohnt sich bei schlechtem Wetter allemal, beinhaltet das Museum neben vielen geschichtlichen und archäologischen Ausstellungen, auch einen großzügigen Außenbereich, der als Regenwald aufgebaut ist. Man hat zwischenzeitlich das Gefühl sich inmitten der vielen, tief verwurzelten Bäume (Mangroven), im Dschungel zu befinden, wird dann jedoch von dem deplatzierten Geräusch von rangierenden Bussen und Kranarbeiten wieder zurück in die Realität geholt. 


Zur Mittagszeit kehrten wir in dem kleinen Lokal „Blue Gecko“ ein, das uns bei TripAdvisor als mexikanische Lokalität empfohlen wurde. Das Essen, das Bier und die Gastfreundlichkeit überzeugten sofort, lediglich der Ausblick, auf wasserbefahrene Straßen und eine riesige Hotelkette, trübten das Gesamtambiente. 


Um die gesamte Facette Cancuns zu erfassen, hielten wir auf dem Rückweg noch einmal bei den Schönen und Reichen an. Auf der superlativen Plaza präsentierte sich jegliche Marke mit Rang und Namen. Von Louis Viton, Zara, Starbucks, Billabong, Swaroswki, McDonalds und Michael Kors war alles für das konsumempfindliche Herz zu finden. Man kam hier schon auf seine Kosten. Jedoch sagte unser Geldbeutel „Nein.“. 


Zum Abschluss des Abends hatten wir schon Tage zuvor das Special Event „Captain Hook“ gebucht. In feiner Abendgarderobe betraten wir das Piratenschiff, auf dem uns Captain Jack Sparrow, seine Gefährten und halb Mittelamerika begrüßte. Wir hatten dem Piraten im Foyer zunächst nicht glauben wollen, als er uns freudig mitteilte, dass er noch nie Deutsche an Board hatte. Nun fanden wir uns mittendrin, in der Latinogesellschaft. 3 Stunden schipperten wir im Fluch-der-Karibik-Stil über den Golf von Mexiko und ließen das zunächst sehr argwöhnische Entertainmentprogramm, das vorwiegend auf spanisch abgehalten wurden, über uns ergehen. Nach 2-3 Bier und einem nicht ganz so astreinen Pina Colada, wurde die Gesamtstimmung jedoch besser und plötzlich fanden wir uns inmitten einer riesigen mittelamerikanischen Party wieder. Malle hätte einpacken können. Karaoke und mexikanische Stimmungsschlager bis zum

Zenit. Panamanesen, Peruaner, Ecuadorianer, Honduren, Costa Ricaner und Brasilianer feierten als gäbe es keinen Morgen mehr. Und zum krönenden Abschluss eine Schlacht auf offener See, gegen das zweite Partyboot. Piraten stürmten unser Schiff, Kanonenschläge hallten, ein Feuerwerk entfachte. Grandios! Vielleicht auch ein bisschen kitschig. 


Der nächste Morgen schien sich wettertechnisch nicht bessern zu wollen. Böse, dunkle Wolken bedeckten den karibischen Himmel. Jedoch hatten wir noch einen Trip auf die Insel „Isla Mujeres“ geplant, die in nicht weiter Ferne lag. Wir packten unsere Regenjacken ein und ließen uns mit dem allseits geliebten Bus bis Puerto Juarez chauffieren. Von dort aus legten wir mit einer Superspeed-Fähre ab und erreichten die 7 Kilometer lange und 650 Meter breite Insel gegen 11 Uhr. Die Ausmaße des Unwetters waren noch in den überschwemmten Gassen zu sehen, doch erstrahlte mit einmal die ganze Insel vor Sonnenschein. 

Wir durchwateten, die offenbar nur aus Souvenirläden bestehende, Stadt und unterzogen uns in sämtlichen Shops einem Tequila-Tasting nach dem anderen. Bereits zu Beginn hatte man uns übelst über den Tisch ziehen wollen und drehte uns Flaschen zu einem stolzen Preis von 70 Dollar an. Unfassbar! Ich erklärte dem Händler, dass wir in Deutschland zwar nur diesen industriellen Sierra-Funzel in den Regalen stehen haben, dafür aber bestenfalls 12,99€ auf den Tresen legen müssten. Dies traf den Händler hart und plötzlich konnte er mit der Ware um mehr als 50% herunter gehen. Wir lehnten trotzdem dankend ab, hier wollte man uns doch nur wieder die Katze im Sack verkaufen! 


Im dritten Saftladen schlugen wir endlich zu, denn „Oho!“, plötzlich kostete das Produkt nur noch so viel wie es auch wert war. Was für eine Touristenabzocke! Vor lauter Ärgernis kaufte ich noch zwei Postkarten. 


Nachdem wir uns mit einem Burrito gestärkt und den Tequilasuff aus besagten Tastings verarbeitet hatten, konnten wir endlich das Wesentliche der Insel erkunden. Den Strand. Türkisblaues Meer, weißer Sand, saftige Palmen und Touristen so weit das Auge reicht. Wären doch nur halb so viel Menschen anzutreffen, es wäre es das Paradies auf Erden gewesen. Wir nutzten dennoch den Wellnessfaktor und sogen die letzten Sonnenstrahlen an unserem final Day auf. 


Um zum Hafen zurück zu gelangen, kämpften wir uns am späten Nachmittag erneut durch Firlefanz, buntes Allerlei, Touristenabzocke, Trommelwirbel und ohrenbetäubender Musik. Nein, das war mir echt zu viel. So viel Leute an so einem kleinen Ort. Wie verkraftete das nur diese Mini-Insel?!


Zurück am Hafen angekommen, wählten wir diesmal Buslinie „R6“, in dem naiven Glauben, die könne uns ja auch zurück bringen. Allein die heruntergekommen Sitze und der halbierte Ticketpreis hätten uns stutzig werden lassen sollen. Erst als wir, die uns bekannte Straße, verließen und an zerfallenen und zermoderten Häusern vorbeiführen, wurde uns klar, dass wir uns durch die Ghettos Cancuns bewegten. Eine suspekte Person bestieg den Bus und offerierte uns „Stoff“. Der Streifen hätte auch „Hinter den Kulissen von Cancun“ heißen können. Bei erster Gelegenheit sprangen wir aus dem Bus und irrten durch die Suburbs und Hinterhöfe bis wir völlig die Orientierung verloren hatten. Völlig erschöpft zogen wir irgendwann die Jokerkarte und hielten ein Taxi an. Auch dieses fuhr zunächst in die komplett verkehrte Richtung, konnte der Fahrer offensichtlich nicht glauben, dass wir nicht bei „Schön und Reich“ untergebracht waren. Nach einer endlosen Kutschiererrei lieferte er uns an unserem Hotel ab. Endlich geschafft! Home Sweet Home!


Zum runden Abschluss des Urlaubs gönnte ich mir einen Margarita am Pool und erörterte mit Jenny noch einmal die Wochenzusammenfassung. Cancun ist zwar schön und Aktivitäten gibt es en mass, jedoch reicht eine Woche aus, um all diese Eindrücke zu verarbeiten und sich vor allen Dingen von dem Massentourismus zu erholen. Fakt ist: Das war nun wirklich vorerst meine letzte, längere Reise. Europa hat genug feine Ecken zu bieten, die schneller zu erreichen  und vielleicht nicht ganz so überlaufen sind. 


In diesem Sinne:

Arriba, Abajo, Al Centro, Pa Dentro! 













Welcome to the Maya Jungle!

„AllTournative“, das klang doch gleich viel mehr nach unserem Geschmack. Wie gut, das wir uns diesmal gegen den Mainstreamanbieter und für den kleinen Betreiber entschieden hatten. In einem Minivan holte uns Pepe um 6:30 Uhr vom Hotel ab und gabelte noch vier weitere Personen auf. Da fühlte man sich doch gleich viel besser aufgehoben. 


Wir reisten, unter der musikalischen Darbietung Pepes alternativer, mexikanischen Rockplaylist, knapp 2 Stunden ins Landesinnere und betraten den Maya Jungle. Von hier aus führte der Weg mit einer Art Lastwagenjeep, über einen holprigen Dschungelpfad, tiefer in den Wald. Optimale Mountainbike-Bedingungen. Schade, dass diese Option nicht zur Verfügung stand. 

Gleich zu Beginn erhielten wir Schwimmwesten und eine Kletterausrüstung, war die erste Hürde sich in eine 17 Meter Tiefe Cenote abzuseilen. Trotz meiner Höhenangst blieb ich diesmal ganz entspannt, abstürzen konnte man ja nur in ein tiefes Wasserloch. Das Abseilen funktionierte auch ganz reibungslos und ich fragte mich, warum ich beim Canyoning so viele Angststadien durchlaufen musste. Letztendlich musste man doch nur ein bisschen loslassen. Step by Step.


Die Cenote war nicht nur ein Wasserloch, sondern gleichzeitig der Zugang zu einer Unterwasserhöhle. Es war schier unglaublich. Wir schwammen durch das Unterwassersystem, entlang von Kalkstein geformten Stalaktiten, die von der Decke herunter hingen. Alle Cenoten dienten den Mayas, als natürliches Wasserreservoir und waren unter anderem der Grund dafür, dass die Mayas ein so hoch entwickelter Kulturstamm geworden sind. Auch heute noch werden die Cenoten als Wasserspeicher in Yucatan genutzt.


Nachdem wir die Höhle verlassen hatten, wurden wir wieder angezippt und in die Höhe geschickt. Wir arbeiteten uns über ein Holzleitersystem hoch in die Gipfel hinauf, von wo aus der ganze Dschungel zu sehen war. In einem Affenzahn rasten wir mit der der Zip-Line-Funktion von Baumwipfel zu Baumwipfel, bis wir am Ende erneut in einer Cenote landeten. Von dort aus führte der Weg im Schnorchelmodus in das zweitgrößte Unterwasserhöhlensystem „San Actun“ der Welt. Es ist durch 226 Cenoten mit der Wasseroberfläche verbunden und hat eine Länge von 352,9 Kilometern. Wir waren überwältigt, auch wenn wir nur die ersten 500 Meter dieses unterirdischen Flusssystems erkunden konnten. Kristallklares Wasser, versteckt in dunklen Höhlen und nur mit Taschenlampenequipment erkundbar. Pepe leuchtete uns die Stellen aus und wir schnorchelten entlang des Lichtstrahls. Unglaubliche Steinformen und Riffe taten sich vor uns auf, die in kaum einsehbare Tiefen führten. Fische mit Schnurrbarthaaren kreuzten unsere Wege und ich bin mir immer noch ziemlich sicher einen Haifisch gesehen zu haben, was mir zum Glück die Kanadierin bestätigen konnte, wenn auch sonst niemand dieses Mordsgerät gesehen haben wollte. Je weiter wir ins Innere der Höhle vordrangen, desto enger wurden die Durchgänge, die meist geprägt durch viele herunter hängende Stalaktiten waren. Da wir uns die meiste Zeit mit dem Kopf nach unten befanden, um die Unterwasserwelt zu erkunden, merkte man also nicht immer was über einem vorging. Erst als ich mich nicht mehr vorwärts und dann auch nicht mehr rückwärts bewegen konnte, stellte ich fest, dass ich fest hing. Mein Schnorchelstab hatte sich in einem der Stalaktiten verhakt. So was konnte auch nur mir passieren. Zum Glück konnte mich Jenny direkt befreien und der Schorchelvorgang konnte fortgesetzt werden. 


Was mit am beeindrucktesten unter Wasser ist, ist die Stille und die Zeitlosigkeit. Alles spielt sich viel langsamer ab, kein Geräusch ist zu vernehmen, ein absolutes Vakuum. Und die Tiefe der Gewässer ist kaum zu begreifen. Pepe erklärte uns, dass nur erfahrene Taucher weiter ins Höhleninnere vordringen können. Viele haben es oft nicht zurück geschafft. Man muss also feststellen, dass wir die Höhe und dass was sich über der Erde und im All befindet schon zehnmal besser erkundet haben, als das was sich in der Tiefe befindet. Einmal mehr muss man sich wundern, dass es möglich ist, bis zum Mars fliegen zu können, aber die Unterwasserwelten nur zu einem Bruchteil erforscht sind. 


Zum Ende der Reise durch den Dschungel, wanderten wir in eine weitere Höhle, die mit hunderten, kleinen Kerzen ausgeleuchtet war. Dort nahmen wir an einer Zeremonie mit einem echten Maya teil, der uns seinen Segen aussprach. Er bediente dabei eine Art Weihrauchduftsystem, was jedoch einen sehr intensiven und strengen Geruch hinterließ und die ganze Magie dabei etwas verblassen ließ. 


Viel angenehmer war das darauffolgenden Essen, das dem authentischen Kochstil der Mayas entsprach. Pepe erwähnte immer wieder stolz „This is real mexican food. Not  the fake american mexican food.“ Und er behielt Recht. Das Essen war famos! 


Wir fuhren danach noch weiter nach Tulum, einer alten Maya-Städte, die direkt am Meer liegt. Von hier aus hatten die Mayas die ersten Spanier um 1518 kommen sehen. Eine zeitlang konnte man dem Widerstand der europäischen Eindringlinge standhalten, doch der Einfall der Europäer war gleichzeitig das Ende der Einheimischen, das Ende der Mayakultur. 


Nach einem bereichernden Tag kehrten wir nach Hause zurück und führten während der Rückfahrt noch lange Gespräche mit Pepe. Sein größter Wunsch ist es einmal nach Dresden zu fahren, wo im dortigen Buchmuseum der „Codex Dresdensis“, eines der weltweit vier, authentischen Handschriften der Mayas liegt. Die anderen drei sind in Paris, Madrid und Mexiko zu finden. Mir war ehrlich gesagt nicht bewusst, dass sich dieses Monument in Deutschland befindet und dann auch noch in Dresden. Wie ist das denn bloß dorthin gekommen? Und warum ist es nicht in Mexiko, wo es hingehört? Pepe legte uns beim Abschied noch mal ans Herz, unbedingt dieses Buchmuseum zu besichtigen. Es schien ihm ein Herzensangelegenheit zu sein. 









No Tickets no Tacos!

Reist man durch die mexikanische Karibik, so sollte man sich in Einem klar sein: man ist hier nicht der/die Einzige. Welch Überraschung, dass an diesem Wohlfühlort doch mehr los ist, als in einem abgelegenen Ort in den Pyrenäen. Hallo Touristenmekka, willkommen in der Massenabfertigung! Wie sonst sollte man auch die vielen Menschen an einen Ort bringen, wenn nicht mit einem großen Bus oder sollte ich besser sagen, mit einer großen durchnummerierten Buskarawana. Wir waren nur noch eine Zahl und konnten uns glücklich schätzen, wenn man asiatisches Volk unter den Reisenden erspähte, denn das bedeutete, dass es eine englische Übersetzung gab. 

Wir hatten für den ersten Tag einen Ausflug zu dem interaktiven Nationalpark „Xcaret“ im Dschungel gebucht. Der Park an sich hatte definitiv die Note 1 verdient. Bis ins kleinste Detail durchdacht, Aktionen und Attraktionen an allen Ecken und Enden. Schnorcheln in der Meeresbucht, Delfine, Schildkröten, Manatees, Jaguar, Pumas, Bootfahrten durch den Dschungel, das Leben der Mayas als Livevorführung, ein Mayadorf und vieles mehr. Jedoch umgeben von tausenden von anderen Touristen. Und ich erwähne noch mal: Wir sind hier in der Nebensaison. Wie bitteschön sieht das hier in der Hauptsaison aus? 

Als besondere Aktivität buchten wir den „SeaTrek“. Eine ganz neue Taucherfahrung, die bis in 7 Meter Tiefe führt. Man bekommt hierfür eine Art Astronautenhelm aufgeschnürt, der durch ein blaues Kabel mit Sauerstoff versorgt wird, von unten jedoch offen ist. Das bedeutet, dass theoretisch Wasser in den Helm gelangen könnte, was aufgrund des langsam, sich veränderten Wasserstandes, jedoch nicht passiert. Eine Wissenschaft für sich. Meine größten Bedenken galten immer noch der Ohrendruck, der mir schon im Sinner Waldschwimmbad, bei einem Tauchvorgang von einem Meter, bereits Probleme bereitete.

Wir stiegen also alle nach der Reihe über einen natürlichen Treppenzugang ins Meer, bis die erste Person vor mir, bereits in Panik verfiel und abbrach. Na super. Was sollte das nur geben. Im Imagefilm hatte man zuvor glasklares Wasser und eine vorbeischwimmende Riesenschildkröte gesehen, ich sah nur viel Sand und verschwommenes Blau. Als ich mich so langsam adjustiert hatte und mit der neuen Atemzufuhr zurecht kam, ging es tiefer und der Ohrenschmerz- und druck machte sich bemerkbar. Wie im Film gelernt, zeigte ich dem Guide per Zeichensprache meine Probleme an und er deutete mir, meine Hand in den Helm zu bewegen und die Nase für den Druckausgleich zu zuhalten. Zu meiner Überraschung funktionierte dies. Der Druckausgleich und die Handzufuhr in den Helm, obwohl man unter Wasser war. Verrückt. Wir stiegen bis in 7 Meter Tiefe ab und mir gefiel die neue Sportart mehr denn je. Wir sahen zwar keine Schildkröten, jedoch jede Menge bunter Fische und vor allem lief alles in Zeitlupe ab. Unter Wasser gibt es so etwas wie Höchstgeschwindigkeit nicht. Hier scheint die Zeit stehen zu bleiben. Zumindest für den Menschen. Genau mein Tempo. 

Als Krönung des Abends führte der Weg in eine Art Arena, in der musicalartig die Geschichte Mexikos aufgezeigt wurde. Zu Beginn die Mayas, die bereits Fußball kannten, jedoch mit der Hüfte, anstatt mit dem Fuß spielten. Und die das Hockeyspiel beherrschten, anstelle des Puks allerdings einen brennenden Feuerball verwendeten. Bemerkenswert. Im weiteren Verlauf der Darbietung, sah man die Eroberung und Zerstörung der Mayakultur durch die spanische Kolonisation, sowie weitere spanische Lied- und Tanzvorträge bis in die heutige Zeit. Auffällig war, mit wieviel Inbrunst die vielen mexikanischen Zuschauer mitsangen. So viel Herzblut und Enthusiasmus in den Stimmen und Gesichtern. Ein stolzes Land. 

Wir erreichten erst gegen 22:30 Uhr Cancun und vielen sofort ins Bett. Der Jetlack, die starke Sonne und die vielen Aktivitäten setzten uns doch zu. Am nächsten Morgen klingelte der Wecker um 6:15 Uhr. Auf zum nächsten Event.

In einer dreistündigen Fahrt ins Landesinnere, textete uns der Guide Fernando mehr als die Hälfte der Zeit ohne Pause und Unterbrechung in einem Gemisch aus Spanglisch zu, von dem wir bestenfalls ein Viertel verstanden und erst über erneutes Nachfragen zu den wesentlichen Daten und Fakten gelangten. Wir erreichten unser Ziel gegen die Mittagszeit und bekamen genau 1,5 Stunden für einen Schwimmvorgang und das Mittagessen zur Verfügung gestellt. In Windes Eile marschierten wir die 95 Treppenstufe der Cenote hinunter, um uns dort eine Erfrischung zu holen. Eine Cenote ist quasi ein Loch im Boden, das ca. 30 Meter in die Tiefe führt. Dort befindet sich wiederum ein 230 Meter tiefes Loch, das mit Wasser gefüllt ist. Swimmingpool extremo. 

Die Erfrischung tat gut und auch das Essen konnten wir noch in einer passablen Zeit zu uns nehmen. Dann fuhren wir weiter. Zu einem der 7 Weltwunder. Chichen-Itza, ein Maya Tempel. 

„Only one Dollar.“, „Almost free.“ und „Happy Hour just for you my friend.“ dauerbeschallte es uns auf dem Fußweg zum Tempel. An allen Seiten und Ecken hatten sich Mexikaner mit einer unglaublichen Bandbreite an Souvenirs, buntem Allerlei und vielerlei mehr postiert und machten auf sich, mit allen Mitteln und Tricks, aufmerksam. Zwei Stunden lang erkundeten wir die beeindruckenden Maya Ruinen und hielten bis fast zum Schluss dem treibenden Gewerbe stand. In einem Moment der Schwäche griff ich dann doch zu. Zu oft waren die drei Affen mir ins Auge gefallen. Ich musste sie mitnehmen. 

Während der 3-stündigen Rückfahrt durchkreuzten die neu erworbenen Kenntnisse zur Mayakultur noch mal meine Gedanken. Der Tempel war nicht nur ein meisterliches Bauwerk, sondern hatte in sich mehrere Kalenderfunktionen versteckt. Die von 4 Seiten begehbaren Treppenstufen, standen nicht nur für die 4 Jahreszeiten und die 4 Elemente des Lebens, sondern ergaben zusammengezählt die Tage eines Jahres. Die 9 Schichten bis zum Tempeleingang standen zudem für die Monate bis zur Geburt eines neuen Lebens. Viele weitere Faktoren, die in Verbindung zum Kalender und zum Leben standen, waren in diesem Bauwerk integriert. Alles war bis ins Kleinste durchdacht. Und doch glaubten die Mayas nicht an Vergangenheit und Zukunft, sondern nur an das Jetzt. Das war uns nicht so ganz schlüssig. Vielleicht hatten wir auch einfach  mal wieder etwas falsch verstanden.