Fluch der Karibik!

Dass wir uns noch in den Ausläufen der Hurricansaison befanden, machte sich spätestens am Samstag bemerkbar, als schwarzgraue Wolken aufzogen und das fröhlich, karibische Cancun verdunkelten. Wir hatten uns gerade auf den Weg zum Bus gemacht, als ein Platzregen die Straßen überschwemmte und das Abflusssystem völlig kapitulierte. Hielt man sich eine Sekunde zu lange am Straßenrand auf, bestand größte Gefahr von einer überschwappenden „Pfützenflutwelle“ erfasst zu werden. 


Auch der Bus hatte dem Unwetter nicht standgehalten, wie wir erkennen mussten, als wir das Vehikel betraten und nur noch zwei, mit Wasser gefüllte, Sitzplätze auffanden. Wir wollten uns schon in den Stehmodus begeben, als ein Mexikaner uns sein Tuch reichte, mit dem wir die Plätze trocken wischen konnten. „Gracias.“, welch nette Geste, was für ein zuvorkommendes Völkchen. 

Wie wir mittlerweile herausgefunden hatten, befand sich unser Hotel im mexikanischen Downtown von Cancun. Fernab der Schönen und Reichen. Weit entfernt von herausgeputzten Plazas und Palmenalleen. Genau genommen lokalisierte sich unser Standort in der Realität. Wir waren meist die einzigen Ausländer on board des Busses, inmitten der mexikanischen Gesellschaft. Und doch wurden wir immer nett und zuvorkommend behandelt. 


Wir sprangen am Playa Delfin aus dem Bus, hinein ins erneut aufkommende Unwetter. Regenmassen ließen uns an den nächst möglichen Unterstand flüchten und wir schauten den vorbeifahrenden Automobilen zu, die in den Asphalt überschwemmten Wassertiefen fast versanken. Als sich das Wetter etwas beruhigt hatte, führten wir unsere Reise fort und eilten zum nahegelegenen Museum „Museo Maya“. Ein Besuch lohnt sich bei schlechtem Wetter allemal, beinhaltet das Museum neben vielen geschichtlichen und archäologischen Ausstellungen, auch einen großzügigen Außenbereich, der als Regenwald aufgebaut ist. Man hat zwischenzeitlich das Gefühl sich inmitten der vielen, tief verwurzelten Bäume (Mangroven), im Dschungel zu befinden, wird dann jedoch von dem deplatzierten Geräusch von rangierenden Bussen und Kranarbeiten wieder zurück in die Realität geholt. 


Zur Mittagszeit kehrten wir in dem kleinen Lokal „Blue Gecko“ ein, das uns bei TripAdvisor als mexikanische Lokalität empfohlen wurde. Das Essen, das Bier und die Gastfreundlichkeit überzeugten sofort, lediglich der Ausblick, auf wasserbefahrene Straßen und eine riesige Hotelkette, trübten das Gesamtambiente. 


Um die gesamte Facette Cancuns zu erfassen, hielten wir auf dem Rückweg noch einmal bei den Schönen und Reichen an. Auf der superlativen Plaza präsentierte sich jegliche Marke mit Rang und Namen. Von Louis Viton, Zara, Starbucks, Billabong, Swaroswki, McDonalds und Michael Kors war alles für das konsumempfindliche Herz zu finden. Man kam hier schon auf seine Kosten. Jedoch sagte unser Geldbeutel „Nein.“. 


Zum Abschluss des Abends hatten wir schon Tage zuvor das Special Event „Captain Hook“ gebucht. In feiner Abendgarderobe betraten wir das Piratenschiff, auf dem uns Captain Jack Sparrow, seine Gefährten und halb Mittelamerika begrüßte. Wir hatten dem Piraten im Foyer zunächst nicht glauben wollen, als er uns freudig mitteilte, dass er noch nie Deutsche an Board hatte. Nun fanden wir uns mittendrin, in der Latinogesellschaft. 3 Stunden schipperten wir im Fluch-der-Karibik-Stil über den Golf von Mexiko und ließen das zunächst sehr argwöhnische Entertainmentprogramm, das vorwiegend auf spanisch abgehalten wurden, über uns ergehen. Nach 2-3 Bier und einem nicht ganz so astreinen Pina Colada, wurde die Gesamtstimmung jedoch besser und plötzlich fanden wir uns inmitten einer riesigen mittelamerikanischen Party wieder. Malle hätte einpacken können. Karaoke und mexikanische Stimmungsschlager bis zum

Zenit. Panamanesen, Peruaner, Ecuadorianer, Honduren, Costa Ricaner und Brasilianer feierten als gäbe es keinen Morgen mehr. Und zum krönenden Abschluss eine Schlacht auf offener See, gegen das zweite Partyboot. Piraten stürmten unser Schiff, Kanonenschläge hallten, ein Feuerwerk entfachte. Grandios! Vielleicht auch ein bisschen kitschig. 


Der nächste Morgen schien sich wettertechnisch nicht bessern zu wollen. Böse, dunkle Wolken bedeckten den karibischen Himmel. Jedoch hatten wir noch einen Trip auf die Insel „Isla Mujeres“ geplant, die in nicht weiter Ferne lag. Wir packten unsere Regenjacken ein und ließen uns mit dem allseits geliebten Bus bis Puerto Juarez chauffieren. Von dort aus legten wir mit einer Superspeed-Fähre ab und erreichten die 7 Kilometer lange und 650 Meter breite Insel gegen 11 Uhr. Die Ausmaße des Unwetters waren noch in den überschwemmten Gassen zu sehen, doch erstrahlte mit einmal die ganze Insel vor Sonnenschein. 

Wir durchwateten, die offenbar nur aus Souvenirläden bestehende, Stadt und unterzogen uns in sämtlichen Shops einem Tequila-Tasting nach dem anderen. Bereits zu Beginn hatte man uns übelst über den Tisch ziehen wollen und drehte uns Flaschen zu einem stolzen Preis von 70 Dollar an. Unfassbar! Ich erklärte dem Händler, dass wir in Deutschland zwar nur diesen industriellen Sierra-Funzel in den Regalen stehen haben, dafür aber bestenfalls 12,99€ auf den Tresen legen müssten. Dies traf den Händler hart und plötzlich konnte er mit der Ware um mehr als 50% herunter gehen. Wir lehnten trotzdem dankend ab, hier wollte man uns doch nur wieder die Katze im Sack verkaufen! 


Im dritten Saftladen schlugen wir endlich zu, denn „Oho!“, plötzlich kostete das Produkt nur noch so viel wie es auch wert war. Was für eine Touristenabzocke! Vor lauter Ärgernis kaufte ich noch zwei Postkarten. 


Nachdem wir uns mit einem Burrito gestärkt und den Tequilasuff aus besagten Tastings verarbeitet hatten, konnten wir endlich das Wesentliche der Insel erkunden. Den Strand. Türkisblaues Meer, weißer Sand, saftige Palmen und Touristen so weit das Auge reicht. Wären doch nur halb so viel Menschen anzutreffen, es wäre es das Paradies auf Erden gewesen. Wir nutzten dennoch den Wellnessfaktor und sogen die letzten Sonnenstrahlen an unserem final Day auf. 


Um zum Hafen zurück zu gelangen, kämpften wir uns am späten Nachmittag erneut durch Firlefanz, buntes Allerlei, Touristenabzocke, Trommelwirbel und ohrenbetäubender Musik. Nein, das war mir echt zu viel. So viel Leute an so einem kleinen Ort. Wie verkraftete das nur diese Mini-Insel?!


Zurück am Hafen angekommen, wählten wir diesmal Buslinie „R6“, in dem naiven Glauben, die könne uns ja auch zurück bringen. Allein die heruntergekommen Sitze und der halbierte Ticketpreis hätten uns stutzig werden lassen sollen. Erst als wir, die uns bekannte Straße, verließen und an zerfallenen und zermoderten Häusern vorbeiführen, wurde uns klar, dass wir uns durch die Ghettos Cancuns bewegten. Eine suspekte Person bestieg den Bus und offerierte uns „Stoff“. Der Streifen hätte auch „Hinter den Kulissen von Cancun“ heißen können. Bei erster Gelegenheit sprangen wir aus dem Bus und irrten durch die Suburbs und Hinterhöfe bis wir völlig die Orientierung verloren hatten. Völlig erschöpft zogen wir irgendwann die Jokerkarte und hielten ein Taxi an. Auch dieses fuhr zunächst in die komplett verkehrte Richtung, konnte der Fahrer offensichtlich nicht glauben, dass wir nicht bei „Schön und Reich“ untergebracht waren. Nach einer endlosen Kutschiererrei lieferte er uns an unserem Hotel ab. Endlich geschafft! Home Sweet Home!


Zum runden Abschluss des Urlaubs gönnte ich mir einen Margarita am Pool und erörterte mit Jenny noch einmal die Wochenzusammenfassung. Cancun ist zwar schön und Aktivitäten gibt es en mass, jedoch reicht eine Woche aus, um all diese Eindrücke zu verarbeiten und sich vor allen Dingen von dem Massentourismus zu erholen. Fakt ist: Das war nun wirklich vorerst meine letzte, längere Reise. Europa hat genug feine Ecken zu bieten, die schneller zu erreichen  und vielleicht nicht ganz so überlaufen sind. 


In diesem Sinne:

Arriba, Abajo, Al Centro, Pa Dentro! 













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