Gehackt mit das Hackbeil

written by Valentina & Juli

Wenn man dem "Sohn des Teufels" begegnen möchte, so reise man nach Schäßburg, eine Stadt rund 90 Kilometer nordöstlich von Sibiu. Neben dem UNESCO-Weltkulturerbestatus, wird dieser Ort auch als mögliche Geburtsstätte Draculas gehandelt, was diese Stadt unter Umständen zu ein wenig Bekanntheit gebracht hat. Auffällig viele, in Metal-Hoodie gekleidete und mit tiefschwarzen Kajal untermalte, Jungtouristen begegneten uns, als wir die mystischen Stätte erkundeten. Ein alter, moosbedeckter Friedhof, schlecht erhaltene Gräber und aufsteigender weißgrauer Rauch einer dezent lodernden Feuerstelle boten sich vor uns, als wir das Ende von weiteren 35 Holztreppenstufen erreichten. Bemerkenswert viele urdeutsche Namen waren auf den Grabsteinen zu lesen (z.b. Karl Knall), die offensichtlich aus der Zeit der Siebenbürger Sachsen stammten. Graf Dracula himself begegnete uns jedoch nur in Form von billig produziertem Merchandise, welcher sich Stand and Stand reihte. "Wo isser denn nun?" wollten wir wissen, hatten wir schon kein Glück die hiesigen kirchlichen Gebäude und Türme von Innen zu begutachten, da diese scheinbar wegen Reichtums geschlossen hatten. Auf einer Plaza im historischen Ortskern, entdeckten wir dann endlich das sagenumwobene Geburtsthaus Draculas.

Über ein verwinkeltes Treppenhaus betraten wir das altertümliche Gebäude, welches sich als Gaststätte entpuppte. Neben dem Tresen entdeckten wir einen schmalen Treppenaufgang und einen Pfeil der uns den Weg in Richtung "Camera Dracula" wies. Aha! Hier nun sollte er also zu finden sein. Für stolze 20 Lei gewährte uns ein in die Jahre gekommener Rumäne (sichtlich gelangweilt von seinem Job als Türsteher) Einlass. Wir erklommen den steilen Aufgang dessen Wände mit pseudo-Halloween Accessoires geschmückt war.

"Horch!", Schaurige Klänge erreichten unsere Ohren und wir betraten voller Staunen die dunkle und mystische Kammer. Der Atem stockte und das Blut in unseren Adern drohte zu gefrieren, voller Erwartung dessen was uns bevorstand...

-1, 2, 3, ...-

"Was soll denn das hier sein?!" Etwas ungläubig schauten wir uns an und der ein oder andere Lacher huschte über die verdutzten Mienen. Der vermeintlich schaurige Ort entpuppte sich als total Reinfall. Ein alter CD-Player dudelte in Dauerschleife ein und das selbe Lied, die Wände und Decken waren mit schwarz-roten billig Stoffbahnen verkleidet, was den Raum zwar dunkel, aber völlig schäbig aussehen lies. In der Mitte ein halb geöffneter Sarg mit Hut und Bibel bestückt. Auch im zweiten Raum kein aufwändiges Arrangement, lediglich ein Tisch mit Stühlen, ein paar Kommoden in der Ecke und zwei Büsten des ursprünglichen Hausbewohners (Draco).... Alles so ein bisschen auf antik gemacht.

Entrüstet verließen wir das Dracula Kabuff! Was ein Reinfall! Um euch gänzliche Illusion von Dracula zu nehmen: Er heißt gar nicht mal so. Noch nicht mal Graf durfte er sich schimpfen. Ein einfallsloses Vlad III. Und Menschen hat er auch nicht verspeist, sondern brutal gepfählt. Tausende gepfählte Opfer zierten seinen Kreuzzug gegen das Osmanische Reich. Die Türken konnte er nämlich gar nicht leiden, hatte ihn sein Vater (Vlad II.) zur Jugendzeit als Pfand - für was auch immer - einige Zeit in Osmanische Gefangenschaft abliefern müssen. Vermutlich traumatisierte ihn dieser Aufenthalt so immens, dass er während seiner Regierungs- und Schlachtfeldzeit nur Schutt, Asche und Brutalität seinem Land Rumänien hinterließ.

Nachdem wir den Rest der Schässburg erkundet hatten und es zu regnen begonnen hatte, setzten wir zur Rückfahrt an. Nach einer ruckeligen Fahrt durchs Hinterland kamen wir in Sibiu an und fielen im Restaurant "Hermania" ein. Die Spannung des Tages verlangte nach einer adäquaten Mahlzeit: Rinderfilet vom hiesigen Angus-Rindertier. Zuvor gab es deliziöses Tartar aus der Forelle gehackt (mit das Hackbeil) und zum krönenden Abschluss ein Stück Quetschekuche. Im Anschluss an die üppige Abendspeise ließen wir den Abend beim Kartenspiel, unterlegt mit sanften 20er Jahre Klängen und  gepflegtem Scotch aus Michaels Privatvorrat, ausklingen.




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