Tag 13 + 14
"Da ist der Jakobsweg ja nen Scheißdreck gegen!" bemerkte löön unter Schweißtränen. "Wer oder was ist eigentlich Jakobsweg?!" krächzte ich aus letzter Lunge. Wir hatten uns auf den 3km langen Waterfall Trail begeben, welcher uns mit 3-4 Stunden Wanderung schmackhaft gemacht wurde. Dass wir uns dafür jedoch über Klippen, klitschige Steinformationen, sowie Felswände arbeiten mussten, hatten wir dem Kleingedruckten nicht entnehmen können. Die brechende Sonne schlug erschwerend dazu, mit voller Macht, auf uns ein.
Wir hatten den Abend zuvor den schönsten Campingplatz so far erreicht. Tsitsikamma ist an der Küste lokalisiert und bietet einen atemberaubenden Ausblick auf das Meer, welches durch tosende Wellengewalt besticht. Als wir auf dem Campingplatz ausstiegen und das Wellenspektakel betrachteten, wurde uns ganz schnell klar, dass wir den place-to-be gefunden hatten. Man hätte ewig den meterhohen Wellen, die auf schwarze Felsgebilde direkt vor uns einbrachen, zuschauen können. Der dazugehörige Sonnenuntergang perfektionierte das Gesamtbild und ließ uns einmal mehr wahrhaftige Vollkommenheit spüren.
Die ganze Angelegenheit war nahezu perfekt. Doch wenn irgendetwas zu perfekt ist, lauert meistens eine unsichtbare Gefahr, die man Dank all der positiven Erlebnissen und Eindrücke nicht mehr wahrnimmt. War es Leichtsinn, dass wir unsere Wertsachen nachts mit uns im Zelt aufbewahrten? War es völlig unklug diverses Equipment im zugeschlossenen Bus aufzubewahren? Oder war es Nachlässigkeit, dass wir mit einer gewissen Routine und Selbstverständlichkeit nicht mehr jedes Fenster im Bus nach seiner Verschlossenheit prüften? Fakt ist, dass am nächsten Morgen eine unbekannte Unruhe über den Zeltplatz herfiel, als Chris erstmalig den Bus bestieg und feststellen musste, dass sich sein Rucksack nicht mehr im Vehikel befand. Nach weiterer Durchsicht konnte er zwar den Inhalt des Rucksack größtenteils verteilt auf Sitzplätzen wiederfinden, doch fehlten kriegsentscheidende Objekte wie Kamera und Handy. Patrick hatte sich nun auch in das Gefährt begeben und prüfte, das schlimmste vorausahnend, seine beiden Portmonees. Persönliche Dinge wie Bilder, Notizzettel und Karten waren an anderen Orten verteilt, das Bargeld fehlte gänzlich. Zu allem Überdruss waren seine beiden Handys nicht mehr aufzufinden. Tessa meldete unterdessen Verluste im Bereich Snacks und Zigaretten. Auch mir blieb der Atem weg, hatte ich am Abend zuvor doch meine gesamte GoPro Ausrüstung, sowie das Bungee-Videomaterial zwecks Datenaustausch mit Patrick im Van liegen gelassen. Doch es muss eine glückliche Fügung gewesen sein, dass ich meine Elektronikware auf den Sitzplätzen nahe der Einstiegstür platziert hatte. Es stellte sich nach vielen Nachforschungen und Ermittlungen heraus, dass der oder die Einbrecher über ein nicht geschlossenes Fenster Zugriff bekommen hatten und nach allem griffen was eben in Armlängen Reichweite zu erreichen war. Dabei gingen sie noch so gezielt vor, dass sie nur das mitnahmen was für sie von tatsächlichem Wert schien. Allen in allem eine absolute bescheidene Situation für alle Beteiligten. Würden diese Räuber doch einmal kurz nachdenken und wenigstens die Speicherkarte aus der Kamera entfernen. Alles ist ersetzbar, aber nicht die Erinnerungen die man über mehrere Wochen, oder wie in Chris' Fall, über 5 Monate bildlich festgehalten hat. Es ist für ihn das zweite Mal während seiner großen Reisen durch Neuseeland, Australien, USA und Afrika, dass er beklaut wurde. Er trug es mit Fassung.
Während die Polizisten weitere Aufnahmen betrieben und Chris und Patrick weiter interviewten, machten sich löön, Saskia, Maren und ich auf um die Wanderung entlang des Waterfall Trails zu bestreiten. Dass wir den 3km Weg, der mit 4 Stunden Laufzeit ausgewiesen war, zunächst belächelten, sollte sich schon nach wenigen Minuten sehr schnell rächen. Der zunächst durch dschungelartige Wälder führende Pfad, entpuppte sich schon bald als Kraxelerlebnis der nicht ganz ungefährlichen Art. Als wir uns über die ersten glitschigen Felsbrocken entlang des wellengewaltigen Meeres bewegten, mussten wir uns schon die Frage stellen, ob es so klug war ohne First Aid Kit zu verreisen. Mit viel Geduld, Obacht und Muskelkraft erreichten wir doch schlussendlich den Wasserfall, an dem wir einen Lunchstopp einlegten. Lange viel dieser für löön und mich jedoch nicht aus und wir mussten uns wieder auf die Rückkehr begeben. In unserem neuen Activity-Modus hatten wir uns leichten Sinnes für eine weitere Kayaktour um 14 Uhr am selben Tag angemeldet. Bei prallender Mittagssonne spurteten wir also über Stock und Stein den offroad Weg zurück. Hierbei schlug ich mir mal wieder ein Knie auf, aber auch das ist ja nichts gänzlich Neues.
Atemlos erreichten wir den Kayakshop und freuten uns auf eine entspannte Schipperfahrt auf offenen Gewässern. Stutzig hätten wir bereits werden müssen als uns spezielle Neoprenschuhe gereicht wurden und der Guide auf hohe Meeresgewässer hinwies. Da wir hierzulande nicht immer alles verstehen, konnten wir daraus auch nicht resultieren, dass uns 1,5 km Treppen Auf- und Abweg bis zum Kayak Einstiegspunkt bevorstanden. Unterwegs standen wir mehrfach vor einem Erschöpfungskollaps, mussten wir ja auch noch Paddel und Equipment mit uns schleppen.
Als wir endlich in unseren Booten saßen und entlang der Fjorde Südafrikas paddelten, kehrte erstmals so etwas wie Entspannung ein. Dies lag jedoch hauptsächlich daran, dass eine japanische Familie mit uns unterwegs war, deren Fortbewegungsmodus noch um ein vielfaches unter unserem lag. Der ununterbrochene, schrille und lautstarke Kommunikationsaustausch zwischen der japanische Flotte, trug nicht wesentlich zu einer angenehmen Bootsfahrt bei. Als wir dann auch noch irgendwann das Kayak gegen eine Art Luftmatratze tauschten, mit der wir uns mit Handruderbewegungen fortbewegten, war der Fauxpas gänzlich perfekt. Der überdimensionierete Japanervater kam überhaupt keinen Meter voran. Während löön, Wendy und ich schon seit gefühlten Stunden am Endpunkt ankamen und auf weitere Instruktionen warteten, erreichte der Japaner unter Keuchzuständen die Nähe das Ufer. Und wie lautete dann die Anweisung? Zurück! Scheinbar hatte uns die ganze Angelegenheit so viel Zeit gekostet, dass eine Fortsetzung des Kayaktrips nicht drinne war. Wir ruderten, paddelten und marschierten also die ganze Schoße wieder zurück. Unsere Oberschenkel bis Waden erzählten uns das entsprechende. "Morgen machen wir aber echt mal nichts oder?" "Nee, vielleicht noch den kleinen Hike zur Suspension Bridge, aber that's it."
Am nächsten Morgen machten sich Team Seegarde, Julia, löön und ich um 5 Uhr morgens auf den Weg um mit einer kleinen Wanderung Sonnenaufgang und Suspension Bridge abzuhandeln. Wer hätte denn gedacht, dass wir die 500 Holztreppenstufen durch den Dschungel noch mal marschieren mussten?! Und wer kam eigentlich auf die glorreiche Idee im Anschluss noch hoch zum Lookout Point zu wandern?!? Wir quälten wir uns die steil ausgerichteten Pfade hoch, die und nahezu alles abverlangten. In unseren morgendlichen Wahn, hatte natürlich niemand an etwas zu Trinken gedacht und das vorgelagerte Kiosk hatte selbstverständlich noch längst nicht geöffnet gehabt. Überraschenderweise trafen wir noch nicht mal einen einzigen anderen Wanderer oder Sonnenaufgangsfotografen an. Wer ist denn auch bitteschön so verrückt und kraxelt um 6 Uhr morgens irgendwelche Berge hoch?!? Nachdem wir ein weiteres Schild 500 Meter als 50 Meter identifizierten und auch diese Zusatzmeter überwunden hatten, erreichten wir endlich den Aussichtspunkt. Atemberaubend. Ein bisschen neblig. Aber atemberaubend.
Völlig dehydriert begaben wir uns auf den Rückweg und trafen unterwegs noch auf ein paar afrikanische Murmeltiere, die ich euch jedoch als Timons verkaufen werde. Erschöpft erreichten wir gegen 7:30 Uhr das Camp und legten uns wieder. - Nein, das stimmt natürlich nicht, es hielt sich hier nur um einen Wunsch von mir. Tatsächlich änderten wir die Sportart von wandern auf Zeltabbau. Und dann ging es wieder weiter. Auf nach Knysna!
PS: an die TSV Mädels: auch wir befinden uns in der Vorbereitungsphase. Trainingslager 1.0 abgeschlossen ;)
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen