Vamos Amigos!

4600m, die Luft wird dünner, weiche Knie. Meine Ohren werden taub, Tunnelblick. Der nächste Meilenstein ist in Sicht. Noch 56m, Höhenmeter. Schwarz. Mit geschlossenen Augen erklimme ich die letzte Hürde unserer Wanderung bis zum höchsten Punkt. Caroline winkt mir bereits entgegen. Schwarz. Schwindel. Übelkeit. Einen kurzen Gedanken verschwende ich an das in Cusco angepriesene Oxygen. Dann erreiche ich mit letzten Kräften den Gipfel. Geschafft!
Die Aussicht ist atemberaubend! Blick auf einen Bergsee inmitten der Anden. Unglaublich. Unbeschreiblich. Wunderschön. Doch lange können wir die Aussicht nicht genießen. Es ist kalt. Bitterkalt. Eisiger Wind. Dichter Nebel zieht auf. Ich friere trotz mehrerer Schichten. Mir ist übel. José ruft zum Aufbruch auf. Panflötenklänge eines Herdenzüchters begleiten uns. Es ist das einzige an das ich mich während des Abstieges erinnere. Schwindel. Übelkeit. Der Weg scheint unendlich.
Im Basecamp angekommen wird uns heißer Tee gereicht. Warme Suppe als Vorspeise. Frische Forelle, Reis und Gemüse als Hauptgang. Den Reis lasse ich liegen. Schwindel. Übelkeit. Pass-Out!
"This is part of the experience." höre ich José sagen. Man hat mich auf eine Plane gelagert. Auch Pauline, die Norwegerin und Mobbie, die Londonerin, liegen danieder. Edita reicht mir Medizin. Eine rote Tablette . Ich schlucke diese. - Was auch immer es war - it saved my life!


Tag 1

Der Lares Trek ist nicht zu unterschätzen. 30km - eigentlich ein Witz. Doch sollte man die Höhe unter keinen Umständen unterschätzen. Wir starten auf 3300m in Lares. Nachdem wir in diesem Wohlfühlort die letzte Wellness-Einheit in Form von "Hot Springs" (heiße Quellen) und somit auch die letzte Dusche in Anspruch genommen hatten, machten wir uns auf, die ersten 4 Stunden unserer Wanderung zu bestreiten. Begleitet von unseren beiden Tourführern José und Edita, sowie 3 Inkakindern, die den Trek mit einer unbeschreiblichen Leichtigkeit auf sich nahmen, führte unser Weg durch die südamerikanischen Anden. Entlang von Geröll und Stein, feldartigen Hügeln, moosbewachsenen Flächen und kleinen Inkadörfern, strömten uns immer wieder Kinder entgegen. Wir hatten vorsorglich auf dem lokalen Markt Brot, Kokablätter und kleine Spielzeuge eingekauft, die wir an die strahlenden Kinder verteilten. Ein unwirklicher und fast tränenberührender Moment. Fernab von Computer, Internet, Gameboy und Playstation, gibt es tatsächlich noch Kinder, die sich über eine Handvoll Murmeln freuen. Wir gehen weiter. Ein Ehepaar mittleren Alters kommt uns den Berg herunter entgegenlaufen. Sie haben uns bereits von Weitem gesehen. In Inkasprache berichten sie José von einem Krankheitsfall in ihrer Familie. Doktor haben sie keinen. Wir geben ihnen Kokablätter und Brot. Das ist alles was wir tun können. Wir setzen die Wanderung fort. Auf einer Anhöhe erzählt uns José von den Inkas. Nicht immer haben sie hier oben in den Anden gelebt. Erst als die Spanier kamen mussten sie in die Berge fliehen. Barbarische Europäer! Ein Bild das sich auf allen Kontinenten widerspiegelt. José gibt uns je 3 Kokablätter. Wir sollen diese verstecken und gute Wünsche für die Reise aussprechen. Edita reicht uns ein weiteres Bündel gefalteter Kokablätter. Zum Kauen. Es ist keine Droge, bestenfalls ein natürlicher Substrakt, der im ersten Moment Taubheit in den Mundhöhlen verursacht. Vielleicht auch ein Placebo, welches für Kraft und Ausdauer für den weiteren Weg sorgen soll.


Wir treffen weitere Kinder,- eine ganze Horde. Charly schenkt den Jungen einen Ball. Charly ist Engländer und dient der Army. Englische Garde. Seine Verlobte Hattie, ebenfalls Engländerin, hat 6 Jahre in Frankreich gelebt und gerade die Drama-School beendet. Sie wird Schauspielerin.
Im Augenwinkel sehe ich die überglücklichen Kinder mit ihrem Ball zurück ins Dorf laufen. Wir sind die einzigen Touristen, die an diesem Tag,- vielleicht sogar in dieser Woche, den Lares Trek bestreiten. Jess und Elise erreichen als erste das Camp. Schwestern aus Melbourne. Elise studiert auf Lehramt, Jess ist sich noch nicht sicher. Es ist ihre erste große Reise. Sie wird noch weiter nach Chile und Argentinien führen


Im Basecamp erblicken wir bereits die aufgebauten Zelte. Dorfbewohner haben ihren Basar frühzeitig vor unseren Zelten platziert. Es sind Kinder. Wir kaufen Bier und Wasser. Nachdem wir uns im Zelt eingerichtet haben gibt es Tee, Kaffee, Kakao und Cracker. Die Gruppe hat sich in einem größeren Zelt versammelt. Gegenüber von mir sitzen Hayley und Steward aus Birmingham. Very British. Sie steht auf Metallica und Smashing Pumpkins. Er liebt Fußball. Wir schließen direkt Freundschaft. Zum Dinner wird uns zunächst eine Suppe mit Süßkartoffeln und Gräsern gereicht. Danach gibt es Reis und Hühnchen. Ein 5-Sterne Menü mitten im Nirgendwo. Man kann kaum fassen wie schmackhaft und liebevoll der mitgereiste Koch in seinem winzigen Zelt dieses Essen angerichtet hat.
Zu der Außentoilette möchte ich mich weiter nicht äußern. Wer schon mal in Frankreich war weis was ich meine. Nur schlimmer! Bevor wir in unsere Zelte verkriechen wird uns warmes Wasser und Seife gereicht. Katzenwäsche. Die Nacht ist unruhig. Ich drehe mich alle 30min von der einen auf die andere Seite. Hunde streunern vor unserem Zelt. Es ist kalt. Irgendwann schlafe ich ein. Um 5:30 Uhr geht der Wecker.

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