Lucky Mushrooms

Wir waren mal wieder Glückspilze. Als wir für Freitag die zwei Touren mit Northern Soul Adventures buchten, die uns tagsüber nach Sommarøy und abends zu den Nordlichtern führen sollten, zeigte die Wetterprognose gnadenlose 98% Regenwahrscheinlichkeit und wenig Chancen auf eine wolkrenfreie Nacht für die Erspähung der Polarlichter auf. Doch wir wir wurden mal wieder eines besseren belehrt.

Wir hatten den Donnerstag bereits als Akklimatisierungtag erkohren, als uns der nasskalte Regen in den Straßen Tromsøs nur so ins Gesicht peitschte. „Dann trinken wir jetzt erst mal einen heißen Kaffee und frühstücken schön.“ Nachdem wir die New-Hipster Kaffeebar „Risø“ betreten hatten, wurde uns jedoch schnell klar, dass es bei einem kleinen Kaffee und Croissant bleiben würde. „Was sind das denn für Mondpreise hier?! 20€ für ein Omelette?“ Die heimischen Norweger, die in jeder Gesellschaftsschicht in dem Café ein und auskehrten, schien das Apothekenpreisschild für Kaffee und Kuchen jedoch nicht weiter zu stören. Und nur wenige Augenblicke später nahm uns eine eingewanderte, junge Portugiesin, die im Souvenirshop arbeitete, gleich den Wind aus den Segeln. „Don‘t start to calculate and don’t think in Euro. You won‘t be happy.“

„Es wird jetzt nur noch selbst gekocht und morgens daheim gefrühstückt.“ ordnete becks an, als wir im erst besten Supermarkt die Lebensmittel beieinander rafften. „Wir müssen jetzt wirklich sparen!“ Der gute Vorsatz hielt an, bis wir im ersten Hipster T-Shirtladen und Pedant zu Kuzniks ‚Waste your time well‘ Store landeten. „Oh, die sind aber schön, davon müssen wir eins mitnehmen.“ Und da es draußen so neblig und frisch war, mussten wir uns abermals in einem Café aufwärmen. „Ich wollte uns enen Quetschekuchen holen, aber das Ministück kostet 8€.“ erklärte ich. „Du sollst doch nicht mehr umrechnen.“ erwiderte becks und so fanden wir uns mit zwei Miniaturstücken Brownies, einer heißen Schokolade und einem Cappuccino für 175 NOK im „Smørtorget“, zu deutsch ‚Butterplatz‘ ein.

Wir erkundeten an diesem Tag noch sämtliche weitere Souvenishops, klapperten die Hot-Spots Tromsøs ab, überquerten die 1.036 Meter lange Tromsøbrua-Brücke nach Tromsdalen, wo wir die Eismeerkathedrale begutachteten und viel Geld für Postkarten und Briefmarken hinterließen und kehrten abschließend im großen Einkaufscenter ein. „Ich muss da noch mal in den H&M, die haben da ganz andere Mode als in Deutschland.“

Am nächsten Morgen blickten wir aufs Regenradar. Grau, regnerisch, alles andere als vielversprechend. Derweil plätscherten die Regentropfen lautstark auf das Nachbardach. „Egal, wir fahren jetzt ins Sommerdorf nach Sommaroy!“ Und so war es dann auch. Unsere Tourguidin Hanna chauffierte uns entlang der vor-arktischen Route an diverse Fotostopps, an denen es jedes Mal, wenn wir anhielten, aufhörte zu regnen. In Sommaroy selbst kam am weißen Sandstrand, mit türkisblauen Meer sogar die Sonne für uns hervor und wenn es nicht so fürchterlich wie Hechtsuppe gezogen hätte, hätte man glatt glauben können an einem Mittelmeerstrand zu sitzen. „Good things come to good people.“ zitierte Hanna und gab damit zugleich viel Hoffnung für die Nacht.

Die Wetteraussichten waren zwar wieder mal alles andere als vielversprechend und Jeff klärte uns sehr transparent auf, dass die Chancen auf Polarlichter nicht gut sind (schließlich hatte er auch den deutschen, zuverlässigen Wetterdienst kachelmannwetter.com gecheckt), aber „wir bräuchten nur ein ganz klein wenig Glück und nur einen kleinen, kurzen Moment von Wolkenlosigkeit.“

Für das nächtliche Spektakel hieß es viel Geduld mitbringen, in unangenehmer Kälte auszuharren und sich den zwischenzeitlichen Seitenhieben des Regens zu stellen. Wir hatten ein kleines Feuer aus Pellets in einer Feuerschale angerichtet, an der wir knapp 6 Stunden lang warteten und hofften. Es gab leckere vegane Suppe, schmackhaften Tee und dazu Smorebrød gereicht. Der mitgereiste Grieche schien zwischenzeitlich mehr von der Palletfeuerstelle begeistert zu sein, als von dem eigentlichen Ereignis und erkundigte sich mehrfach nach den Materialbeschaffenheiten. Die Italienerin erörtere zugleich mit uns, dass der Mann Ingenieur sein müsste, wäre sie im Traum nicht auf solche Fragen in einer solchen Nacht gekommen. „Ganz nah, Physiklehrer.“ und so schweiften die Gespräche aus, bis becks ein „Back to topic“ einforderte. „Wir sind doch wegen der Polarlichter hier. Ich seh schon, dass wir uns verquatschen und die Lichter hinter uns vorbeiziehen.“

Just in diesem Moment setzte noch mal der Starkregen ein und wir sprangen alle in unsere Polarexpeditions-Anzüge, um nicht gänzlich einzuweichen. Als es aufhörte zu regnen, kamen plötzlich die ersten Sterne zum Vorschein. Ein seichter Grünstich machte sich kurze Zeit später am Himmel bemerkbar. Und alle verharrten nur noch in Nackenstarre zum Himmel gerichtet. Leichte, grüne Bewegungen zeichneten sich oberhalb von uns ab. Teilweise nur sehr kurz wahrnehmbar, dann wieder an einer anderen Stelle. Auch wenn das Visuelle nicht dem entsprach, was man vom Windows 10 Desktophintergrund, der standardmäßig mit installiert wird, kannte, so konnte man doch eine sehr gute Vorstellung davon bekommen was dort am Himmel passierte. „Wahnsinn.“ „Ich bin völligst beeindruckt.“ Und in diesem Moment erschien uns noch eine übergroße Sternschnuppe, die langsam in der Ferne verglühte. So was hatten wir noch nie gesehen. „Make a wish guys. This is very important.“ sprach Jeff und stellte am Ende noch einmal fest. „Good things come to good people. The chances were not good, but you are positive people and that’s why we were lucky enough to see something.“









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