Auf den Spuren von Amundsen

Der Supermarktverkäufer schaute uns erstaunt an, als er unsere Lebensmittel über den Tresen zog. Im nächsten Moment riss er uns die zwei blau schimmernden Bierdosen vom Band und verkündete mit ernster Miene „Ingen Alkohol etter 18!“ Wir schauten uns einen Augenblick fragend an, bis uns ein Licht aufging und wir beide geschmeichelt nach unserem Personalausweis kramten. Nun wurde dem Verkäufer klar mit was für Grazien er es hier zu tun hatte und wechselte in die Allerweltssprache Englisch. „Kein Alkohol nach 18 Uhr“ war von seinen Lippen abzulesen. Ungläubig schauten wir auf die Dosen und im nächsten Moment auf die Armbanduhr: 18:23 Uhr. Becks versuchte noch zu feilschen „Sorry, we are from Germany“ (Ein bisschen Gastfreundschaft hatte man ja doch erwartet). Doch der Verkäufer ließ sich nicht erweichen und komplementierte uns mit den Restzutaten des Radlers (Sprite) hinaus.

Dabei hatten wir uns das gute alte Feierabend-Radler wahrlich verdient. Aufgrund der durchzechten Polarlichternacht, wurde der Samstagmorgen zu späterer Stunde eingeläutet. Als wir uns plötzlich um 12:30 Uhr am Esstisch wiederfanden, mahnte ich erneut zum Aufbruch und gab zu verstehen, dass wir nicht wieder die Letzten des Tages sein wollten, die den Hausberg von Tromsø erklimmen wollten. Uns klang außerdem noch der Rat des Guides im Ohr „Da müsst ihr aber früh los, wenn ihr das noch schaffen wollt.“

Punkt 13 Uhr betraten wir die Verbindungsbrücke von Tromsø und Tromsland, die wir mittlerweile wie unsere Westentasche kannten. Schnellen Schrittes begaben wir uns zu der steilen Einstiegsroute des Sherperpfades. Die nur noch 500 Meter entfernte Seilbahn stand zu keinem Zeitpunkt zur Debatte, da der Sparmodus immer noch aktiviert war („Das können wir uns nicht leisten!“). 124 Steintreppenstufen später stellten wir unsere Fitness bereits in Frage und keuchten die immer steiler werdenden Platten nach oben, während das norwegische Fußvolk locker flockig an uns vorbei joggte. Nach Luft ringend erreichten wir die erste Station und fanden uns sitzend bei einer Tasse Kakao und Kaffee in der Hütte wieder. „Jetzt machen wir erst mal Pause. Es regnet eh schon wieder.“

Nach einer kurzen Selfie-Session am Hot-Spot mit atemberaubendem 180 Grad Blick auf Tromsø und Umgebung, erklommen wir den nächsten Höhenabschnitt des Gebirges, bei dem wir von Herbst- auf Winterkollektion umzippten und mal wieder froh waren mehr als 3 Schichten eingepackt zu haben. Die Spuren im Schnee wurden tiefer, doch der Ausblick auf schneebedeckte Berge und regenverhangene Fjorde entschädigte für alles. „Den nächsten Gipfel schaffen wir noch, oder?“ fragte becks, als wir in weiter Ferne die nächst höhere Erhebung erspähten. Ich blickte kurz auf die Uhr und auf den noch wolkenlosen, blauen Himmel. „Ok, aber um 16 Uhr drehen wir um.“ Schnellen Schrittes spurteten wir voran, ließen aber kein Imagefoto aus, schließlich war schon lange kein Wanderer mehr zu sehen, der das Bild hätte durchkreuzen können.

Um 16:02 Uhr erinnerte ich kurz an das Timeshifttable, doch meine Warnung verlor sich im Wind und becks verkündete unterdessen, dass es jetzt auf die 10 Minuten auch nicht mehr ankommen würde. Minütlich wurde das Wetter schlechter und zog sich zu einer dichten, weißen Nebelwand zusammen. Als wir den Gipfel endlich erreichten, fanden wir uns in einem Regen-Schneegestöber mit Null Sicht wieder. Ich blieb von dem Wetter unbeeindruckt und baute unterdessen mein kleines Stativ für mehrere Videosequenzen, mit der norwegischen Flagge am Gipfelkreuz, auf. „Meinst du nicht wir sollten jetzt langsam mal die Rückkehr antreten?“ fragte Becks und ich drehte mich erschrocken zur aktuellen Wetterlage um. „Oh, das sieht aber nicht gut aus. Wo ist denn eigentlich der Weg?“

Ich raffte meine sieben Sachen zusammen und  wir arbeiteten uns anhand von Schneespuren im Zick-Zack-Modus Richtung Seilbahnstation. „Wann fährt denn eigentlich noch mal die letzte Bahn?“ „Nichts da, wir laufen runter. Wer soll das denn bezahlen?“ Kaum hatten wir die Station erreicht, war uns klar was folgen würde. Ruckzuck hatten wir den Geldbeutel aktiviert und strahlten übers ganze Gesicht als wir die zwei Tickets in den Händen hielten. „Jetzt noch ein kühles Radler und dann reicht es für heute!“













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