Steinernes Meer 2025

 "Ihre Augen werden aufatmen." -> GROSSDRUCK, damit warb die reiß- und wetterfeste Wanderkarte in XLEdition für Saalfelden und Maria Alm. becks hatte schon seit Wochen die Route durch das Steinerne Meer ausgearbeitet und zich-fach wieder modifiziert. Meine Aufgabe war es einfach nur zuzustimmen und alle "Leiterwege" abzunicken. "Solange du mich da drüberführst, mache ich da mit." blieb mir nichts anderes zu sagen. 

Unser Hotel in Zell am See hatten wir so gebucht, dass wir bei Winterbruch noch hätten stornieren können. (Hätten wir vermutlich eh nicht gemacht.) Die Hütten hatten schließlich noch drei Tage auf, wodurch unsere einzige Sorge blieb, dass das Auto 3 Tage unbeschadet an dem Wanderparkplatz (Schieflage) stehen blieb. "Dem Auto passiert nichts." beruhigte ein schlauer Ingenieur. "Und wenn dann kullern hier alle Autos gemeinsam bei einem Erdrutsch runter." 

Gut, dann galt es ja nur noch die 1.300 Höhenmeter in 2,5 Stunden zum Riemannshaus hochzuwandern und von dort aus den ein oder anderen Gipfel zu besteigen. Bis zur Hälfte gelang mir dies recht gut, ab da an trennte sich die Spreu vom Weizen. Das Ende meiner Fußballkarriere machte sich nun erstmals stark bemerkbar, als ich weder mit Luft noch Kraft in den Beinen dienen konnte. Nur becks wanderte wie das blühende Leben weiter. Spoiler: Sollte sich in den nächsten drei Tagen auch nicht ändern.

Am Riemannshaus angekommen, blickten wir auf die schneebedeckten Berge. "Auf den Schönblick kommt ihr nur mit Grödeln." Hatten wir nicht. Immerhin gelangte uns noch den Schönegg-Gipfel mit  2.320m zur erklimmen und eine Gradwanderung bis zum Fuße des Wurmkopfs durchzuführen. Danach kehrten wir um, mussten wir den schneebedeckten Riemannssteig ja noch irgendwie wieder heil hinunterkommen.

Am frühen Morgen kreiste bereits ein Polizei-Helikopter über uns. Das Wetter zugezogen, frostig, kein Sonnenstrahl am Himmel. "Ach, lass uns nicht den einfachen Weg gehen, wir wollen doch über die Gipfel." bewarb becks die abenteuerliche Route, welchen drei Weggefährten, aus dem Riemannshaus, bereits am Anfang annullierten und den gemäßigten Weg durchs Steinerne Meer wählten. 

Wir arbeiteten uns das Breithorn hinauf. Entgegen kamen uns nur Tagestouristen, die sich wieder schleunigst zurück auf die Hütte machten. "Egal." dachte ich und "Komme was wolle, das Breithorn gehe ich auf keinen Fall mehr runter, wenn wir einmal hier oben sind." Kurz vor Gipfel kam uns der Ingenieurs-Trupp entgegen. "Wir gehen nicht da oben lang, keine Sicht, alles vernebelt. Zu gefährlich. Macht einfach keinen Spaß." "Na herzlichen Glückwunsch. Dann dürfen wir jetzt den ganzen Kladderadatsch wieder hierunter." bemerkte becks, die sich zwar noch das Gipfelkreuz ansah, aber keine Notwendigkeit darin erkannte ein Foto der Spitze zu machen. "Ich würde aber gerne wenigsten noch diese Videosequenz hier am Abhang von dir drehen" bat ich, kam mein kreativer Part bislang deutlich zu kurz. "Nix da Julia Hecker. Wir müssen zusehen hier heil runterzukommen." Ende der Durchsage.

Unten angekommen, wählten wir nun auch den Weg durchs Steinerne Meer, welcher 2-3 Stunden dauern sollte. Nur kurz nachdem wir losgegangen waren, begegnete uns ein Trupp der Bergwacht. "Wo wollt's ihr denn noch hin?" "Zum Ingolstädter Haus" erklärten wir uns kurz. "Na dann aber hurtig, das Wetter wird bald umschlagen." Scheinbar panisch blickte ich den Bergwachtsmann an. "Schaffen wir das bis dorthin?" fragte ich verunsichert." "Hm, kann ich nicht sagen. Aber ihr schauts ja sportlich aus." bemerkte er in Richtung becks blickend. Dass dieser kurze Satz becks mit einem Raketenspurt befeuern sollte, hatte der Bergmannswacht-Typ wohl nicht bedacht. Wir spurteten mit einer Mordsgeschwindigkeit und ohne Pause durch das Steinerne Meer, überholten zich andere Leute, die sich auf dem Weg befanden und pezten nur so durch die mondartige Berglandschaft. "Hier gibts eh nix zu Filmen Julia Hecker." mahnte becks an und so keuchte ich hinterher, gedanklich meinen neuen Fitness-Plan aufstellend, damit ich überhaupt noch mal an einem solchen Event teilnehmen könnte. 

Am Ingolstädter Haus: schönstes Wetter, kaum Wölkchen, Sonnenschein. Danke auch Herr Bergmannswacht. 

In der Nacht wurde es dann aber anders. Regen, heftiger Sturm. Schnee. Der Wind pezte nur so gegen die Hütte, dass man glaubte, das Haus würde gleich auseinanderfallen. Der Sturm war so laut, dass man fast das Schnarchen im Matratzenlager und die permanent laut zuschlagenden Türen auf dem Gang nicht mehr wahr nahm. 

Der nächste Morgen: kaum Schlaf, 8cm Neuschnee und der Wind stetig am Toben. Wir machten uns so früh wie nie auf die Reise, um den Abstieg beizeiten zu schaffen. Schließlich stand uns noch eine 8-stündige Rückfahrt bevor. Die erste schlechte Nachricht: Abstieg 4,5 anstatt 2,5 Stunden. Zweite beunruhigende Nachricht: wir sind die ersten auf dem Rückweg, vor uns nur Spuren von zwei unterschiedlichen Tieren (Bär? Wolf?..) Dritte niederschmetternde Nachricht: Nein Juli, du wirst auch hier keine Filme machen. Wir müssen hier zeitig runter." 

Der Eisregen pfiff uns ins Gesicht, dick zugepackt sprinteten wir den Weg durch Eis und Schnee hinunter. Die Spuren entpuppten sich als Ziegenböcke, die uns nur verwundert hinterher sahen. Ein kurze Videosequenz wurde mir doch noch genehmigt. Als wir schon sicheren Boden unter uns und den Dießbachstausee erreicht hatten, dann die große Frage: Blaue oder rote Pille? Einfacher, langweiliger, breitspuriger Weg runter nach Weißbach oder die Abenteuerroute über den Dießbachsteig? 

Was soll ich sagen, höchst verwunderlich wäre es gewesen, wenn wir einfach gewählt hätten. Im Regen und leichtem Hagel, über rutschige Felsen und Wurzeln, durch einen österreichischen Urwald, entlang kleiner Felsvorsprünge. 2,5 Stunden reiner Steig, sehr anspruchsvoll, zumindest bei dem Wetter. Ich kam becks kaum noch hinterher. Viele Körner hatte ich bereits gelassen. Die pure Erschöpfung machte sich deutlich bemerkbar. Mit letzter Kraft quälte ich mich den Abhang hinunter. Aber am aller bedauerlichsten war: Es gibt keine einzige Videosequenz diesen Teils unserer Reise. Schade. für sie.

Wohl behalten und völlig durchnässt erreicht wir die Bushaltestelle, an dem uns mein Bruder (zufällig gerade in der Nähe) abholte und zurück zum Wanderparkplatz chauffierte. Ein vereinzeltes, herrenloses Auto stand noch auf P1. Immerhin vorwärts eingeparkt und ohne jegliche Beschädigung. 

"Na dann, sind ja nur noch 7-8 Stunden Rückfahrt." Am Ende waren es sogar 9 oder 10. Danke Reiserückfahrttag Deutschland.

Doch alles in allem: ein wunderbarer Urlaub in den Bergen. Es hat sich wie immer gelohnt und sollte nicht die letzte Wanderung in schwindelerregenden Höhen gewesen sein. (Vorausgesetzt der Fitnesszustand verbessert sich um ein Vielfaches ;-)) 

Danke Berge <3  


 

 https://youtu.be/pKlRbjBUKPk